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Depression. Jetzt fühlt es sich so an, als spräche ich über ein vergangenes Leben oder über das Leben eines anderen.

      Eines Nachts, nicht lange nach meinem neunundzwanzigsten Geburtstag, erwachte ich in den frühen Morgenstunden mit einem Gefühl absoluten Grauens. Ich war schon oft mit einem solchen Gefühl aufgewacht, aber diesmal war es intensiver als je zuvor. Die Stille der Nacht, die vagen Umrisse der Möbel im dunklen Zimmer, das entfernte Geräusch eines vorüberfahrenden Zuges – alles fühlte sich so fremd an, so feindselig und so absolut bedeutungslos, dass in mir ein tiefer Abscheu vor der Welt entstand. Und das Abscheulichste von allem war meine eigene Existenz. Welchen Sinn machte es, mit dieser Elendslast weiterzuleben? Warum diesen ständigen Kampf weiterführen? Ich konnte fühlen, dass die tiefe Sehnsucht nach Auslöschung, nach Nicht-Existenz jetzt wesentlich stärker wurde als der instinktive Wille weiterzuleben.

      „Ich kann mit mir selbst nicht weiterleben.“ Dieser Gedanke kreiste endlos in meinem Verstand. Plötzlich wurde mir bewusst, was für ein sonderbarer Gedanke das war. „Bin ich einer oder zwei? Wenn ich nicht mit mir selbst leben kann, dann muss es zwei von mir geben: das ‘Ich’ und das ‘Selbst’, mit dem ‘Ich’ nicht mehr leben kann.“ „Vielleicht”, dachte ich, „ist nur eins von beiden wirklich.“

      Ich war so fassungslos über diese seltsame Erkenntnis, dass mein Verstand anhielt. Ich war bei vollem Bewusstsein, aber es waren keine Gedanken mehr da. Dann fühlte ich mich in eine Art Energiewirbel hineingezogen. Zuerst war die Bewegung langsam, dann beschleunigte sie sich. Ich wurde von heftiger Angst ergriffen und mein Körper begann zu zittern. Wie aus dem Inneren meiner Brust hörte ich die Worte: „Wehre dich nicht!“ Ich fühlte, wie ich in eine Leere hineingesaugt wurde. Es fühlte sich an, als sei die Leere in meinem Inneren, nicht außen. Plötzlich war keine Angst mehr da und ich ließ mich in diese Leere hineinfallen. Ich habe keine Erinnerung daran, was danach geschah.

      Ich wurde vom Zwitschern eines Vogels draußen vor dem Fenster geweckt. Nie zuvor hatte ich einen solchen Klang gehört. Meine Augen waren immer noch geschlossen, und ich sah das Bild eines kostbaren Diamanten. Ja, wenn ein Diamant ein Geräusch machen könnte, dann würde sich das so anhören. Ich öffnete meine Augen. Das erste Licht der Morgendämmerung sickerte durch die Vorhänge. Ohne jeden Gedanken wusste ich, fühlte ich, dass es über das Licht unendlich viel mehr zu erfahren gibt, als wir ahnen. Diese weiche Helligkeit, die durch die Vorhänge sickerte, war Liebe selbst. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich stand auf und ging im Zimmer umher. Ich erkannte das Zimmer, und doch wusste ich, dass ich es nie zuvor wirklich gesehen hatte. Alles war frisch und unberührt, als ob es gerade erst entstanden wäre. Ich nahm einige Dinge in die Hand, einen Bleistift, eine leere Flasche, voll Wunder über die Schönheit und Lebendigkeit von allem.

      An diesem Tag ging ich in der Stadt umher, voller Staunen über das Wunder des Lebens auf der Erde, so als wäre ich gerade erst in diese Welt hineingeboren worden.

      Fünf Monate lang lebte ich ununterbrochen in einem Zustand tiefen Friedens und tiefer Glückseligkeit. Danach ließ die Intensität etwas nach, oder vielleicht schien es auch nur so, weil mir dieser Zustand so selbstverständlich geworden war. Ich konnte weiterhin in der Welt funktionieren, obwohl mir bewusst war, dass jegliches Tun nicht das Geringste zu dem hinzufügen konnte, was ich bereits hatte.

      Ich wusste natürlich, dass etwas zutiefst Bedeutsames mit mir geschehen war, aber ich verstand es nicht. Erst einige Jahre später, nachdem ich spirituelle Texte gelesen und Zeit mit spirituellen Lehrern verbracht hatte, erkannte ich, dass das, wonach andere suchen, für mich bereits geschehen war. Ich verstand, dass der intensive Leidensdruck mein Bewusstsein in jener Nacht wohl dazu gezwungen hatte, sich aus der Identifikation mit dem unglücklichen und zutiefst ängstlichen Selbst zu lösen, welches ja letztendlich eine Einbildung des Verstandes ist. Der Rückzug muss so vollständig gewesen sein, dass das unechte, leidende Selbst sofort in sich zusammenbrach, so als wenn man den Stöpsel aus einem aufblasbaren Spielzeug herausgezogen hätte. Was zurückblieb, war meine wahre Natur – das stets gegenwärtige Ich bin: reines Bewusstsein, bevor es sich mit Form identifiziert. Später lernte ich auch bei vollem Bewusstsein, in dieses innere zeitlose und unsterbliche Reich, das ich ursprünglich als eine Leere wahrgenommen hatte, einzutreten. Ich befand mich in Zuständen von so unbeschreiblicher Glückseligkeit und Heiligkeit, dass im Vergleich damit sogar die ursprüngliche Erfahrung, welche ich gerade beschrieben habe, verblasste. Es kam dann eine Phase, in der mir auf der körperlichen und materiellen Ebene eine Zeit lang absolut nichts blieb. Ich hatte keine Beziehungen, keine Arbeit, kein Zuhause, keine sozial definierte Identität. Ich verbrachte fast zwei Jahre auf Parkbänken sitzend in einem Zustand intensivster Freude.

      Aber sogar die allerschönsten Erfahrungen kommen und gehen. Vielleicht grundlegender als jede Erfahrung ist der tiefe Unterton von Frieden, der mich seitdem nicht mehr verlassen hat. Manchmal ist er sehr stark, fast greifbar, so dass andere ihn auch fühlen können. Zu anderen Zeiten ist er mehr im Hintergrund, wie eine entfernte Melodie.

      Später kamen Leute gelegentlich auf mich zu und sagten: „Ich möchte haben, was du hast. Kannst du es mir geben oder mir zeigen, wie man es bekommt?“ Dann sagte ich: „Du hast es bereits. Du kannst es nur nicht fühlen, weil dein Verstand so viel Lärm macht.“ Aus dieser Antwort wurde später das Buch, das du jetzt in deinen Händen hältst.

      Bevor ich mich versah, hatte ich wieder eine äußere Identität. Ich war zu einem spirituellen Lehrer geworden.

       DIE WAHRHEIT, DIE IN DIR LEBT

      Soweit sie in Worten vermittelt werden kann, stellt dieses Buch die Essenz meiner Arbeit mit Individuen und kleinen Gruppen spiritueller Sucher während der vergangenen zehn Jahre in Europa und in Nordamerika dar. In tiefer Liebe und Anerkennung möchte ich diesen außergewöhnlichen Menschen für ihren Mut danken, für ihre Bereitwilligkeit, sich für innere Transformation zu öffnen, für ihre herausfordernden Fragen und für ihre Bereitschaft zuzuhören. Dieses Buch wäre ohne sie nicht entstanden. Sie gehören zu einer noch kleinen, aber glücklicherweise wachsenden Minderheit von spirituellen Pionieren. Diese Menschen haben einen Punkt erreicht, an dem sie imstande sind, aus ererbten kollektiven Verstandesmustern auszubrechen, die die Menschheit seit Ewigkeiten im Angekettetsein an das Leiden gehalten haben.

      Ich bin mir sicher, dass dieses Buch seinen Weg zu denen finden wird, die bereit für eine solche radikale innere Verwandlung sind und für die es dabei als Katalysator wirken kann. Ich hoffe auch, dass es viele andere erreichen wird, die seinen Inhalt als wertvoll erachten, obwohl sie nicht in der Lage sein mögen, ihn voll zu leben oder zu praktizieren. Es ist möglich, dass der Same, der beim Lesen dieses Buches gesät wurde, zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Samen der Erleuchtung verschmelzen wird, den jedes menschliche Wesen in sich trägt, und dass dieser Same plötzlich aufgehen und in ihnen lebendig werden wird.

      Dieses Buch entstand in seiner gegenwärtigen Form aus oft spontan gegebenen Antworten zu Fragen von Seminarteilnehmern, in Meditationsgruppen und privaten Beratungssitzungen. Ich habe daher das Frage-und-Antwort-Format beibehalten. In diesen Gruppen und Sitzungen lernte und erhielt ich ebenso viel wie die Fragenden. Einige der Fragen und Antworten habe ich fast wörtlich aufgeschrieben. Andere sind umfassender, das heißt, ich habe bestimmte Arten von Fragen, die oft gestellt wurden, zu einer einzigen zusammengezogen und ebenso das Wesentliche der verschiedenen Antworten zusammengefasst. Beim Schreiben geschah es manchmal, dass eine völlig neue Antwort kam, die tiefgründiger oder einleuchtender war als alles, was ich bisher dazu geäußert hatte. Einige zusätzliche Fragen wurden von der Herausgeberin gestellt, um bestimmte Punkte zu klären.

      Du wirst sehen, dass die Dialoge von der ersten bis zur letzten Seite ununterbrochen zwischen zwei verschiedenen Ebenen wechseln.

      Auf einer Ebene richte ich deine Aufmerksamkeit auf das, was in dir unecht ist. Ich spreche vom Wesen menschlicher Unbewusstheit und Gestörtheit sowie von den üblichen daraus resultierenden Verhaltensmustern, die von Konflikten in Beziehungen bis zu Kriegen zwischen Stämmen oder Nationen reichen. Dieses Wissen ist wesentlich, denn bevor du nicht lernst, das Falsche als falsch zu erkennen – als nicht du –, kann es keine dauerhafte Verwandlung

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