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und Künsten von den hervorragendsten Geistern unterrichten, während sie es selbst unternahm, ihm seine Sitten zu lehren. Als er einige Fortschritte im Klavierspiel gemacht hatte, ließ sie sich von ihm begleiten, wenn sie sang. In allen den kleinen Komödien, welche sie für das Bijoutheater der Eremitage schrieb, mußte Lanskoi den Liebhaber spielen, während ihr ebenso gewiß jedesmal die Rolle der Liebhaberin zufiel. Sie beschenkte ihn wie man ein Kind beschenkt oder eine Geliebte, und es waren ihre seligsten Augenblicke, wenn er sich von ihrer Sorgfalt erfreut zeigte. Es gab Nächte, wo sie nicht schlief, wo sie auf ihrem üppigen Lager saß und Thränen vergoß, dann stand sie am Morgen mit rotgeweinten Augen auf und verschmähte es, Speise zu sich zu nehmen. Sobald er aber da war, erhellte sich ihr schönes Antlitz, und sie konnte wieder lächeln und mit ihm scherzen und plaudern, sich und die Welt vergessen. Und wieder einmal in einer Nacht voll Unruhe, voll Qual und Schweigen faßte sie einen heroischen Entschluß.

      »Er hat Recht,« sagte sie zu sich selbst, »ich habe kein Herz, ich putze ihn auf wie meine Puppe und thue ihm schön, aber dies alles nur um mir Freude zu machen. Ich habe mich noch nie ernstlich mit seinen Wünschen beschäftigt. Fortan soll von mir garnicht mehr die Rede sein, ich will ihn glücklich machen, vollkommen glücklich.«

      Ein eigenhändiges Schreiben der Zarin berief Lanskoi für den Abend in die Eremitage, es war in demselben weder von einer Theatervorstellung, noch einem Konzert, noch einer Soiree oder einem Spiel die Rede, und es war auch von keinem Leibkosaken, sondern von einem jungen, hübschen Kammermädchen überbracht worden. Das Ganze glich auf ein Haar der Einladung zu einem Rendezvous. Lanskoi, der keinen Augenblick darüber in Zweifel war, daß ihm ein tête-à-tête mit der gefährlichsten Frau Europas bevorstehe, küßte das wohlriechende Blatt mit den teuren Schriftzügen und rüstete sich zu dem bevorstehenden Kampfe. Er machte mit aller Sorgfalt und Koketterie Toilette, und es gelang ihm, alle seine körperlichen Vorzüge in das glänzendste Licht zu setzen; und wie er endlich in den knappen hohen Stiefeln mit Goldquasten, den sein tadelloses Bein knapp einschließenden weißen Beinkleidern, der roten goldverschnürten Kosakenjacke, das leicht gepuderte Haar von einer hellgrauen Marquise zusammengehalten, vor dem Spiegel stand, lächelte er sich wohlgefällig an, wie der schöne Narciß sein Bild im reinen Quell bewundert hatte, hing den krummen, mit Edelsteinen besetzten Säbel an goldener Schnur um die Schulter, nahm den Kolpak in die Hand und stieg in den Schlitten, der ihn pfeilschnell zu dem kaiserlichen Palaste hintrug.

      An jenem geheimnisreichen Hinterpförtchen, durch das Aslow, Mirowitsch. Wasiltschikow, Potenckia, Zawadowski, Zoritz und Korsakow die Eremitage betreten hatten, um den verliebten Launen der neuen Semiramis zu dienen, erwartete das vertraute Kammermädchen den Glücklichen, welcher gleich den Spartanern des Leonidas seiner Niederlage reich geschmückt und heiter entgegen ging.

      Das schmucke Kätzchen hüpfte munter voran durch die Korridore und die Treppe hinauf, plötzlich drückte sie die Hand an die Mauer, und eine zweite geheime Thüre sprang auf, durch die der mit Sehnsucht Erwartete in ein mit wollüstigem Dämmerlicht erfülltes kleines Vorgemach trat.

      »Hinter jener Portiere dort erwartet Sie das Glück,« flüsterte ihm noch seine reizende Führerin zu, dann verschwand sie, die Wand schloß sich hinter ihm, und Lanskoi war der Gefangene Katharinas. Sein Herz pochte heftig, seine Pulse flogen, er blieb einen Augenblick vor dem Vorhange stehen, um sich zu sammeln, dann schlug er ihn langsam zurück und erblickte in einem feenhaften kleinen Boudoir die Zarin, welche, mit einer silbernen Zange das Feuer in dem herrlichen Marmorkamin schürend, ihm den Rücken kehrte. Als die Portiere leise rauschend hinter ihm zufiel, wendete sie rasch den Kopf und nickte ihm freundlich zu. »Es ist noch kalt hier, oder ich bin vielleicht zu leicht angezogen,« sagte sie mit einem verschämten Lächeln.

      Lanskoi überflog mit einem glühenden Blick diese üppige Prachtgestalt, welche über einem weißen Unterkleide von köstlichen Spitzen in einen offenen Schlafrock von gelber Seide gehüllt zu frieren schien, aber es war nur die Aufregung, die holde Furchtsamkeit der Leidenschaft, welche die sonst so wenig bedenkliche und energische Despotin wie ein junges verliebtes Mädchen zittern machte. Lanskoi ergriff den kleinen Blasebalg, der auf dem Boden lag, ließ sich auf ein Knie nieder und begann das Feuer anzufachen.

      Die Zarin sah ihm lange mit einem Blicke holder Güte zu, dann legte sie langsam die weiße herrliche Hand auf seine Schulter. »Lanskoi;« begann sie, »ich habe mich in diesen Tagen viel mit Ihnen beschäftigt. Haben Sie wohl auch meiner gedacht?«

      »O! gewiß, Majestät,« erwiderte er.

      Katharina seufzte.

      »Habe ich etwas gesagt, was die Unzufriedenheit Eurer Majestät erregt hat?« fragte Lanskoi rasch.

      »Nein, mein Freund, aber ich bin unzufrieden mit einem Schicksal, das mich auf die öden Stufen des Thrones geführt hat, wo ich mich so einsam, so verlassen fühle. Ich will nicht sagen, daß mir eine Hütte genügen würde, aber ein kleines Schlößchen abseits der großen Straße der Welt, ein Kreis guter Freunde, ein Mann, dem mein Herz gehört und der auch mich liebt, welche Seligkeit müßte das sein!«

      »Gäbe es einen Wunsch, dessen Erfüllung nicht in Ihrer Macht liegt?« entgegnete Lanskoi, noch immer vor ihr knieend.

      »Kann ich einem Herzen befehlen, mich zu lieben?« rief Katharina mit einem Anflug von Bitterkeit, »ein Wink von mir wird den Mann meiner Wahl zu meinem gehorsamen, willenlosen Sklaven machen, gewiß, aber es giebt keine Gewalt, Liebe zu erwecken!«

      »Doch, Majestät, die Gewalt der Schönheit.«

      Katharina zuckte die Achseln. »Man sagt mir, daß ich schön bin, Lanskoi, ja, ich habe es so oft gehört, daß es mich beinahe langweilt, schön zu sein. Ich möchte häßlich sein, aber geliebt um meiner selbst willen, von dem Manne, der mein ganzes Sein bezwungen, so daß nichts übrig ist von Katharina, was nicht ihm gehörte.«

      Lanskoi erhob sich und blickte der Zarin mit seinen schönen leuchtenden Augen voll und unerschrocken, in das bleiche Antlitz, das von Wehmut überflossen doppelt reizend erschien. »Wäre es möglich, Majestät, daß Sie nicht geliebt werden, nicht so geliebt, wie Sie es wünschen?«

      Katharina errötete und begann leise zu beben. »Sprechen wir nicht von mir,« sagte sie nach einer kleinen Pause, »ich habe mir vorgenommen, mich nicht mehr mit meiner Person zu beschäftigen, sondern ganz nur mit Ihnen, Lanskoi,« dabei streckte sie ihm die Hand mit einer Herzlichkeit hin, die ihn vollends entwaffnete. »Beantworten Sie mir offen jede Frage mein Freund, es wird nur zu Ihrem Besten sein, offen und ehrlich, ich wünsche es.«

      »Mein Wort, Majestät, ich werde nur die Wahrheit sprechen.«

      »Nun, so sagen Sie mir vor Allem, was ich thun kann, um Sie vollkommen glücklich zu machen,« begann Katharina. »Ich hoffe, Sie lieben und werden wieder geliebt, denn ohne Liebe giebt es kein wirkliches Glück.«

      »Gewiß, Majestät.«

      »Sie lieben also?«

      »Ja.«

      »Mit ganzer Seele?«

      »Ich möchte mein Leben hingeben für die Frau, die ich liebe.«

      »Sie ist also schön, diese Frau?«

      »Das schönste Weib der Erde.«

      »Und sie liebt Sie wieder,« murmelte die Kaiserin mit einem schmerzlichen Lächeln, »o! gewiß, sie muß Sie lieben!«

      »Ich wage nicht, daran zu denken.«

      »Ist sie so tugendhaft, oder so stolz?«

      »Sie ist für mich unerreichbar.«

      »Und das macht Sie unglücklich, mein Freund?«

      »Nein, Majestät, ich bin selig, wenn ich nur in ihrer Nähe weilen darf.«

      »Ich will diese Frau kennen, Lanskoi,« rief Katharina, indem sie den Kopf in den Nacken zurückwarf. »Schnell, wie ist ihr Name?«

      »Es ist die einzige Frage, welche ich nicht beantworten darf.«

      »Auch dann nicht, wenn ich es Ihnen befehle?« sagte Katharina, sich mit einem Male in ihrer vollen

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