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hinein in das enge Gäßlein. Mit patschenden Sohlen rannten die Kinder wortlos hinter den Reitern.

      Im hellen Sonnenscheine ragte das uralte Steinhaus der Portner hinter dem tiefen Graben und sah mit seinen engen Gucklöchern trotzig wie immer hinaus über die Strohdächer des Dorfes ins Land, und trotzig wie immer sprang der Hirsch im Steinschilde über dem rundbogigen Thore.

      »Da wird's wohl besser halten,« brummte der Knecht, nahm einen Hammer aus der Satteltasche, steckte vier Eisennägel zwischen die Lippen, zog einen beschriebenen Bogen aus dem Wamse, entfaltete ihn und trieb seinen Gaul über die Bohlenbrücke hart an das verschlossene Thor. Dann stellte er sich in den Bügeln und schlug das weiße Papier an den eichenen Flügel.

      Dumpf hallten die Hammerschläge, und neugierig gafften die Kinder.

      »So, da hängt's, und da bleibt's hängen im Namen Seiner Durchlaucht des Kurfürsten, bis daß es abfault in Regen und Sonnenschein!« rief der Knecht des Landrichters, steckte den Hammer in die Satteltasche und ritt über die Brücke.

      Neben dem andern Knechte wandte er den Gaul noch einmal und besah sich sein Werk. Dann trabten sie beide von dannen.

      Neugierig kamen die Kinder heran und glotzten auf das weiße Blatt mit dem großen Siegel. Aber sie konnten's nicht lesen.

      Da kam hier einer und dort einer aus den Hütten gegangen, und nach kurzer Zeit stand ein Haufe zerlumpter Gestalten auf der Holzbrücke unter dem finstern Bau.

      Und einer hob an, laut zu lesen, konnte nicht mehr weiter, buchstabierte, stockte, ein andrer half ihm, sie lasen miteinander, die übrigen halfen hier mit und murmelten dort und machten ihre Bemerkungen, und die Kinder begannen sich zu balgen. Dann lief der Haufe auseinander, und stille lag der alte Bau im Frühlingsonnenscheine, schwarz glitzerten die Buchstaben:

      »Wir thun ihn hiemit in die Acht und Vervestung gefallen sein öffentlich verkündigen und erklären, also daß er aus dem Frieden in Unfrieden gesetzt und sein Leib und Leben wie eines Vogels in der Luft einem jeden in unserm anvertrauten Fürstentum, Gericht und Landen preisgegeben sei. Welches wir denn hiemit jedermänniglich zur Nachricht nit allein eröffnen, sondern wir thun auch allen Eingesessenen befehlen, daß sie mit ihm Hansjörg Portner von Theuern keine Gemeinschaft haben, ihn weder ätzen noch tränken, nicht behausen, nicht herbergen, ihm nicht Vorschub, Rat oder Hilfe thun, so lieb einem jeden ist, den Verlust seiner Güter, auch Leib- und Lebensstrafe zu vermeiden.«

      Ein lindes Lüftlein summte über den alten Bau, und es klang vielleicht, als flüsterte ein Kind: ›Mutter, wie viele Portnersärge mögen wohl schon auf der Schwelle da gestanden sein?‹

      Aber trotzig wie seit hundert und hundert Jahren sprang der wuchtige Hirsch im Steinschilde hoch über dem rundbogigen Thore, und die ewige Sonne lachte herab auf das nordgauische Land.

      *

      In blutrote Wolken versank der feurige Ball, das Licht unzähliger Fackeln kämpfte mit dem Lichte des scheidenden Tages. Trompeten schmetterten, tausendfache Rufe brausten die Straßen Nürnbergs entlang, von allen Türmen riefen die Glocken den Abschied: König Gustav Adolf ritt aus der Stadt, hinein in den Abend.

      Hinter ihm aber ritt mit glühenden Wangen Hansjörg Portner von Theuern, einer von den Schwachen, die stark geworden waren im Elend, einer von den Helden, denen wir Deutschen das köstlichste Gut dieser Erde verdanken – die Freiheit.

      Burschen heraus!

       Inhaltsverzeichnis

       Erstes Buch Bravo messieurs les Français

       1. Dorther kam's!

       2. Höher hinan!

       3. Aus allen Fugen

       4. Les citoyens

       5. Die Söhne der Freiheit

       6. Zertreten

       7. Totenstille

       8. Die Bauern

       9. Pflicht

       Zweites Buch Ein deutscher Bub

       1. Dämmerlicht

       2. Evangelium Matthäi 5, 23 und 24

       3. Sonntag Palmarum

       4. Pro patria

       Drittes Buch Aus tiefer Not

       1. Vortrunk

       2. Alma mater

       3. Weihnachten 1811

       4. Der Brandfuchs

       5. Bunte Lampen

       6. Schlagt ihn tot –!

       7. Auf Ehre

       8. Schäumende Becher

       9. Der schale Rest

       10. Aber er lebt –!

      Ich halte die menschliche Natur für hoch und finde sie doch immer höher als ich dachte; während die sie für niedrig halten, sie immer niedriger finden als sie erwarteten. Denn sie ist unendlich, unendlichen Steigens und unendlichen Fallens fähig. Aber ihr Wesen – und an dem Glauben sollst du mir festhalten – ihr Wesen ist Adel und nicht Verderben.

       John Ruskin

      Erstes Buch

       Bravo messieurs les Français

       Inhaltsverzeichnis

      Die benachbarten Völker werden wie mit verhängtem Zügel sich über uns ergießen, in unseren Ebenen wird um die Herrschaft, ja um das Leben gestritten werden; wir werden den Streitenden ein Polster sein, eine Beute der

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