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als wollten die Flammen daraus brechen; aber fast wäre ich erschrocken!‹«

      Georg stöhnte.

      »Mit Lachen gingen wir weiter. Hansjörg und Ruth kamen uns entgegen. Ich sehe die weißen, schimmernden Mauern und die grünen Läden, Jörg, und höre die Lerchen jubeln im Felde und – ach, Jörg, es war doch wunderschön im Herrenhause zu Theuern!« – Georg schwieg.

      »O, wie dumm bin ich, vergieb mir!« murmelte sie und tastete nach seiner Hand. »Vergieb, ich war noch halb im Traume.«

      »Freilich ist's wunderschön gewesen im Herrenhause zu Theuern,« sagte Georg mit Anstrengung. »Und es wird auch wieder schön werden,« setzte er mit fester Stimme bei.

      »Aber sag, Jörg, ich rede und träume da wie ein Kind – wie bist du denn über die letzten Tage gekommen?« fragte sie ängstlich.

      Da stand Georg Portner auf, beugte sich auf sie herab und küßte sie: »Furchtbar war's, doch es ist alles vorüber, Anna Feli.«

      »Furchtbar, sagst du? Ach Gott, und ich habe nicht helfen sorgen können, Jörg! Ist das Getreide freigegeben? Sag!«

      »Es ist vorüber, Anna Feli,« wiederholte der Mann. »Wir sind aus aller Not.«

      Dann kniete er nieder an ihrem Bett und erzählte ihr flüsternd eine lange Geschichte. Atemlos lauschte das Weib.

      »Es ist mir fast zu viel auf einmal,« murmelte die Portnerin. »Ein Nürnberger Geschlechter, sagst du? Mit Hansjörg hat er in Bologna studiert?«

      »Ja, und dort hat ihm der Bruder das Leben gerettet.«

      »Aber davon hat er ja niemals erzählt, Jörg?«

      »Niemals.«

      »Das sieht ihm gleich. Und in Rothenburg ist das Haus und Gut, das du verwalten sollst? Ach, wie freundlich handelt doch der Herr an den Seinen, Jörg! – Bitte, lege das Kind in die Wiege! Und wie wundersam sind seine Ratschläge, nicht, Jörg?«

      Behutsam legte Georg Portner seinen schlummernden Sohn in das Bettlein.

      »Er schläft und weiß noch gar nichts – wohl ihm!« flüsterte er.

      »Und sind wir denn nicht alle wie die Kinder, die gar nichts wissen von heute auf morgen, Jörg? Ach, Jörg, wird sich die Ruth freuen mit uns!«

      Frau Anna Felicitas richtete sich auf und schlang die Arme um seinen Nacken. »Und die Nürnberger haben das Bündnis beschlossen mit dem Schwedenkönige? Lobe den Herrn, meine Seele!«

      »Amen!« sagte der Emigrant und küßte sein Weib.

      Stille war's in der kleinen Wohnung. Da rührte sich in der Kammer, im Bette der alten Magd, Klein-Dorel und murmelte schlaftrunken: »Liesi – das Märlein von Theuern –!«

      »Bscht, bscht!« flüsterte die Greisin, und das Kind wandte sich mit einem tiefen Atemzuge, schlief weiter und träumte das Märlein von Theuern.

      Gustavus Adolfus.

       Inhaltsverzeichnis

      Märzenstaub lag auf den Heerstraßen, lauwarm war die Luft, und im blinkenden Morgensonnenscheine dehnte sich die alte, hochgetürmte Stadt.

      In den Gassen und auf den Plätzen drängte sich das festlich geschmückte Volk, und in den Fenstern bis hinauf unter die Giebel starrte Kopf an Kopf.

      König Gustav Adolf hatte sich aufgemacht aus dem Feldlager bei Fürth, seinen Einzug zu halten in Nürnberg. –

      Weit außen vor dem Spittlerthore, am Rande der Straße, stand eine kleine Schar: vornehme, gebietende Männer in abgetragenen Wämsern, höfische Frauen mit vergrämten Gesichtern, Kinder in ausgewachsenen Kleidchen und dennoch Herrenkinder – eine seltsame Schar, abgesondert von all dem andern nürnbergischen Volke, das sich dort hinten drängte vor dem Thore der Stadt.

      In der Ferne erhob sich eine Staubwolke, kam näher und näher, wurde größer und größer. Trompeten schmetterten, vielhundert Rosse trappelten schrittweise heran, von den Türmen klangen die Glocken, von den Wällen krachten donnernde Schüsse, über das Häuflein an der staubigen Heerstraße ging es wie Zittern und Beben.

      Durch Mark und Bein drang das Geschmetter, und in tiefen Reihen ritten die nürnbergischen Reiter vorüber.

      »Hansjörg!« rief eine gedämpfte Stimme aus der Schar am Wege, und ein Mann bückte sich und hob ein Mägdlein hoch empor. »Der Ohm, Dora, der Ohm!« Und mit ernstem, unbewegtem Antlitze nickte Hansjörg Portner auf den Bruder herüber.

      »Herr Portner!« flüsterte einer neben Georg, während oben auf der Straße die große Schar nürnbergischer Ratsherren in feierlichem Zuge vorbeikam. »Hört Ihr nicht, Herr Portner? Mich dünkt, aus dem Fähnrich ist ein Rittmeister geworden!«

      »Ich traue meinen Augen kaum,« antwortete Georg und stellte sein Kind auf die Erde.

      »Das ist geschwinde gegangen,« sagte der andre, und seine Worte verhallten im Trompetengeschmetter der schwedischen Reiter.

      »Hast du die Veilchen, Dora?« fragte Frau Anna Felicitas und bückte sich zu ihrem Kinde.

      »Ganz fest,« sagte Dora, hob die Augen und wies der Mutter die kleine Faust mit dem Sträußlein.

      Paarweise kamen die zwölf herrlichen Leibrosse des Königs, und zwölfmal funkelte auf schwarzem Sammet das goldgestickte schwedische Wappen im Lichte der Frühlingsonne.

      »Dora,« flüsterte Georg Portner und hob das Kind auf den Arm, »da sieh, da kommt der König geritten!«

      »Der dort?« fragte das Kind.

      »Nein, der dort, sieh, dort, der gewaltige Reiter, den schau dir an!« Und er entblößte das Haupt.

      Der Zug stockte, und hart vor dem Häuflein am Wege hielt Gustav Adolf. Mit unbedeckten Häuptern standen die Männer und Knaben, mit gefalteten Händen die Frauen und Mädchen, und alle blickten lautlos hinauf zu dem Helden, der die großen blauen Augen unverwandt auf das riesige Städtebild gerichtet hielt.

      Da rief ein Greis aus der Schar am Wege mit lauter Stimme: »Unser Blut für König Gustav Adolf, unsern Retter aus –« Thränen entstürzten seinen Augen, und es versagte ihm die Stimme.

      »– aus aller Not!« schrie Georg Portner von Theuern, trat neben das Pferd des Königs und hob sein Kind empor.

      König Gustav Adolf neigte mit freundlichem Lächeln das Haupt und nahm die Veilchen aus der kleinen Hand.

      Georg Portner trat zurück und rief mit bebender Stimme: »Vivat König Friedrich, unser allergnädigster Kurfürst und Herr!«

      Trompeten schmetterten, und langsam setzte sich der Zug in Bewegung.

      König Gustav Adolf war es gewohnt, daß man ihn allerorten also begrüßte; doch auf dieser stillen Schar am Wege hatten seine Blicke länger geruht als sonst. Und im Weiterreiten winkte er gnädig mit der Rechten hinab, wandte das Haupt und fragte den bleichen, vergrämten Herrn an seiner Linken: »Wer sind wohl die armen Menschen?«

      »Vertriebene Ritterschaft aus meinen Erblanden, Euer Liebden,« sagte der Winterkönig, und es klang wie verhaltenes Schluchzen.

      In einer Staubwolke wälzte sich der endlose Zug durch das gähnende Thor, die Glocken klangen, die Kanonen krachten, und das Volk schrie: »Vivat König Gustav Adolf!«

      *

      Um dieselbe Stunde ritten zwei Knechte des Landrichters über die Holzbrücke im Dorfe Theuern, und hinter ihnen trollte ein Häuflein zerlumpter Kinder.

      An der zerfallenen Steinbrücke machten die Reiter Halt, und lachend wies der eine von ihnen über die weißen Strunke der Linden, auf die brandgeschwärzten Ruinen des Herrenhauses. »Etwa dort?« fragte er.

      »Da hält

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