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die Ländereien abgesichert.«

      Herr Rehmann nickte unglücklich. »Deswegen bin ich hier. Ich versichere Ihnen, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um das Problem mit dem Medikament zu lösen. Immerhin haftet auch mein gesamtes Privatvermögen für die Rehmann Pharma. Ich stehe auch schon mit der Daldorf-Bank in Verbindung, um eine Stundung zu bekommen. Aber … aber ich kann einfach nicht garantieren, dass alles gut geht.«

      Philipp war wie vor den Kopf geschlagen. Sein Vater hatte vor zwei Jahren eine Hypothek auf das gesamte Eigentum der Familie aufgenommen. Er glaubte an Rehmann und an das neue Medikament. Nun drohte möglicherweise der Konkurs.

      Fürst Philipp stand auf und trat ans Fenster. Vor ihm erstreckte sich der Park des Schlosses. Die weiten Rasenflächen und alten Bäume lagen im Sonnenlicht. Philipp hatte sein ganzes Leben hier verbracht und verspürte eine enge Bindung zu dem Land. Er hatte nie damit gerechnet, dass dem Besitz Gefahr drohte.

      »Es tut mir leid. Ich versichere Ihnen nochmals, dass ich alles tun werde, um die Angelegenheit zu regeln. Glauben Sie mir, ich möchte die Rehmann Pharma auch nicht verlieren.« Herr Rehmann ächzte, als er sich aus dem Sessel stemmte.

      Philipp riss sich zusammen und drehte sich um. »Selbstverständlich glaube ich Ihnen. Danke, dass Sie sich persönlich herbemüht haben, um mich zu informieren.«

      »Das war das Mindeste, das ich tun musste.«

      *

      Die Ausritte mit Philipp am frühen Morgen genoss Komtess Katharina sehr. Sie fühlte sich wohl in seiner Gegenwart und genoss die langsam wachsende Vertrautheit. Getrübt wurde ihre Freude nur dadurch, dass der Fürst oft düster und abwesend wirkte, als hätte er Sorgen. Katharina hätte gerne gewusst, was ihn bedrückte, doch wäre es ihr indiskret erschienen, ihn zu fragen. Sie verstanden sich zwar blendend, kannten sich immerhin aber erst eine Woche. So beschränkte sich Katharina auf den Versuch, Philipp aufzuheitern, was ihr meistens gelang.

      Wenn sie gerade nicht mit dem Fürsten ausritt, streifte Katharina zu Fuß durch die Umgebung oder legte sich mit einem Buch auf die Liege im Garten. Meistens blieb das Buch zugeklappt auf ihrem Schoß, weil sie an Philipp dachte. An sein Lächeln, seine warmen braunen Augen, an seine sportliche Figur, in deren Nähe sie sich so geborgen fühlte. Und sie dachte an die Berührung seiner Hände, wenn er sie begrüßte oder ihr über einen Bach half. Die Berührungen lösten immer ein angenehmes Kribbeln in ihr aus. Katharina gestand sich ein, dass sie sich in den gutaussehenden Fürsten verliebt hatte. Und sie spürte die leise Hoffnung, dass ihre Liebe erwidert wurde.

      Als ihre Woche Urlaub um war, musste sie leider auf die morgendlichen Ausritte verzichten. Sie und Tante Irene fuhren früh in die Kanzlei. Die lag in der Innenstadt von Bad Segeberg, im ersten Stock eines modernen Gebäudes. Irene führte Katharina herum, stellte ihr die Mitarbeiter vor und öffnete schließlich eine Bürotür. Helles Sonnenlicht flutete in einen Raum, der mit Möbeln aus Stahlrohr und satiniertem Glas eingerichtet war.

      »Dies ist das Büro meines Partners. Er ist zurzeit im Urlaub, du kannst es also benutzen.«

      Katharina trat ans Fenster und schob die Gardine ein Stück zur Seite. Sie blickte auf die Fußgängerzone hinaus. Menschen eilten zur Arbeit oder genossen die Strahlen der Sonne. Auf der anderen Straßenseite erhob sich ein eindrucksvoller Rotsteinbau. Daldorf-Bank stand in goldenen Lettern über dem Eingang.

      »Eine Privatbank? In dieser kleinen Stadt?«

      Irene trat neben Katharina. »Die Daldorfs leben in der Nähe. Daher hat die Bank hier ihren Sitz. Eine größere Zweigniederlassung ist in Lübeck und eine weitere in Hamburg. So, und jetzt an die Arbeit. Mein erster Mandant kommt in einer halben Stunde. Bis dahin will ich dir noch ein paar Akten geben, damit du auch etwas lernst.«

      Die Komtess machte sich mit Eifer an die Lektüre der Akten, meist Verkehrsunfälle und Mietstreitigkeiten.

      Gegen Mittag wurde es heiß in dem Büro, weil den ganzen Vormittag die Sonne hineingeschienen hatte. Katharina schwitzte und beschloss, in der Stadt ein Eis zu essen. Irene konnte sie nicht begleiten, da sie einen weiteren Mandanten erwartete.

      Komtess Katharina verließ die Kanzlei und schlenderte die Fußgängerzone entlang. Sie sah hier und dort in die Schaufenster und entdeckte schließlich ein Eiscafé.

      »Katharina?«

      Die Stimme ließ ihr Herz erfreut hüpfen, und sie drehte sich um. Aus einem Juweliergeschäft trat Fürst Philipp in Begleitung zweier junger Leute, die ihm ähnlich sahen. Er sah gut aus in dem maßgeschneiderten hellgrauen Anzug. Katharina fiel auf, dass sie ihn bisher immer nur in Reitkleidung gesehen hatte.

      »Philipp. Das ist aber eine Überraschung!«

      »Ich hätte auch nicht damit gerechnet, Sie hier zu treffen. Ich dachte, Sie arbeiten.«

      »Mittagspause. Ich wollte mir gerade dort drüben ein Eis gönnen.« Katharina warf neugierige Blicke zu dem blonden jungen Mann und dem Mädchen mit den üppigen rotbraunen Locken, die neben Philipp warteten.

      Philipp stellte sie einander vor.

      Prinzessin Laura musterte Katharina mit kaum verhohlenem Interesse, als sie ihr die Hand schüttelte. »Hallo, ich wollte Sie schon die ganze Zeit kennen lernen«, platzte sie heraus.

      »Einer von Lauras Charakterfehlern«, sagte Prinz Markus, als er Katharina die Hand gab, »nahezu taktlose Offenheit.« Ein Lachen blitzte in seinen blauen Augen, das seine Worte als Scherz entlarvte.

      Katharina lachte. Sie mochte Philipps Geschwister auf Anhieb. Gemeinsam gingen sie in das Eiscafé. Ihr Gespräch wanderte vom Wetter über die Landschaft der Holsteinischen Schweiz bis zur Trockenheit und den Folgen, die sie für Pflanzen und Tiere hatte.

      »Dabei fällt mir ein, ich habe mir einen Namen für das Fohlen überlegt«, sagte Prinzessin Laura mit leuchtenden Augen. »Was haltet ihr von Branka? Ich habe gelesen, das heißt ›Ruhm und Ehre‹. Vielleicht erreicht sie das ja.«

      »Wenn du meinst. Ich habe nichts dagegen.« Philipp sah seine Schwester mit einem Blick an, in dem sich liebevolle Zuneigung mit nachsichtiger Belustigung über den Ungestüm der Jugend mischten.

      Katharina schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er ein guter Vater sein würde. Er würde seine Kinder schützen, ohne sie zu gängeln. Katharina spürte, wie sie rot wurde und rief sich zur Ordnung. Es gab überhaupt keine Veranlassung für sie, in dieser Richtung Überlegungen anzustellen. Sicher, sie wünschte sich Kinder. Aber sich Philipp als Vater vorzustellen war mehr als kühn. Sie kannten sich ja kaum. Um ihr Erröten zu überspielen fragte sie: »Sie züchten Pferde?«

      »Trakehner«, erklärte Philipp. »Als Hobby.«

      »Was der Qualität keinen Abbruch tut«, stellte Prinz Markus fest.

      Katharina seufzte. »Wir – genaugenommen mein Vater – hat die Zucht aufgegeben. Ihm fehlt einfach die Zeit.«

      »Hohenstein ohne Pferdezucht kann ich mir gar nicht vorstellen«, erklärte Laura und nippte an ihrem Eiskaffee.

      »Ja«, pflichtete Markus ihr bei. »Das gehört zu Hohenstein wie ...«, er suchte nach einem passenden Vergleich, »… wie der Umstand, dass die Ländereien unserer Familie gehören. Das war so, ist so und wird immer so sein. Nicht wahr, Philipp?«

      »Wenn du es sagst?«, antwortete der Fürst. Katharina meinte in seinem Lächeln einen Hauch von Bitterkeit zu entdecken, den sie sich nicht erklären konnte. Doch der Ausdruck war so flüchtig, dass sie annahm, sie habe ihn sich eingebildet.

      *

      Am nächsten Tag gegen Mittag brütete Katharina gerade über einer Klageschrift, als das Telefon auf dem Schreibtisch läutete. Sie zögerte etwas, bevor sie den Hörer abhob. Sicher ein Anrufer für Herrn Schulz, dem Rechtsanwalt, dem

      das Büro gehörte. Zu Katharinas Überraschung war die Rechtsanwaltsgehilfin, Frau Fischer, in der Leitung.

      »Fürst von Hohenstein möchte Sie sprechen.«

      Philipp?

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