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dann doch darauf verzichten mußte, war das sicher nicht ganz leicht zu verschmerzen.

      »Das mit dem Haus ist unter Dach und Fach.«

      Dr. Daniel und Brigitte blickten überrascht zur Tür, wo eine lächelnde Sarina von Gehrau stand. Jetzt sah sie Dr. Daniel an.

      »Ich werde meinen Dienst in der Praxis sofort wieder antreten, aber ich mußte Brigitte jetzt einfach die gute Nachricht überbringen.« Mit wenigen Schritten war sie beim Bett und griff nach den Händen der jungen Frau. »Ich habe nach meinem ersten Besuch bei dir meine Eltern aufgesucht und ihnen geschildert, in welcher Misere Oliver und du stecken. Für meinen Vater gab es da natürlich kein Halten mehr, und erstaunlicherweise hatte auch meine Mutter nichts dagegen einzuwenden, einem bürgerlichen Paar zu helfen.« Sie grinste schelmisch. »Erstaunlich, wenn man bedenkt, welchen Standesdünkel die Gräfin Henriette von Gehrau…, meine hochverehrte Frau Mama normalerweise hat. Kurz und gut, mein Vater hat das gesamte Darlehen samt Zinsen getilgt, und er läßt dir und Oliver so viel Zeit, wie ihr braucht, um dieses Darlehen nun an ihn zurückzuzahlen.«

      Aus weit aufgerissenen Augen starrte Brigitte sie an.

      »Von Gehrau…, die gräfliche Familie…, das bist du?« stammelte sie, dann sah sie Dr. Daniel an. »Haben Sie das gewußt?«

      Dr. Daniel schmunzelte. »Ja, Fräulein Klein, ich weiß, daß meine tüchtige Sprechstundenhilfe es eigentlich gar nicht nötig hätte zu arbeiten, weil sie eine waschechte Komteß von Gehrau ist, aber sie ist viel zu bescheiden, um mit diesem Titel anzugeben.«

      Sarina errötete auch jetzt, weil sie ihren gräflichen Stand eigentlich gar nicht liebte, doch in diesem Fall war sie sogar froh, aus einer mehr als wohlhabenden Familie zu stammen. Nur so war es ihr möglich gewesen, Brigitte zu helfen.

      »Ob nun Komteß oder nicht – wichtig ist doch nur, daß Brigitte und Oliver jetzt weiterbauen können«, meinte sie.

      Da richtete sich Brigitte auf und umarmte die junge Komteß spontan.

      »Meine Güte, Sarina, ahnst du überhaupt, was das für uns bedeutet?« flüsterte sie gerührt. »Du und deine Eltern…, ihr schenkt uns eine gesicherte Zukunft. Wie sollen wir das jemals wiedergutmachen.«

      »Werdet glücklich«, meinte Sarina schlicht.

      *

      Eva-Maria erwachte mit einem fürchterlichen Schnupfen, Hals- und Kopfschmerzen und einem eigenartigen Stechen in der Lunge – vor allem, wenn sie hustete. Dr. Scheibler diagnostizierte eine beginnende Lungenentzündung, leitete eine Antibiotika-Therapie ein und informierte dann Dr. Daniel.

      »War es das wirklich wert?« wollte der von Eva-Maria wissen. »Einfacher und vor allem schmerzloser wäre es gewesen, wenn du mit Sàndor gesprochen hättest. Er liebt dich – hast du das denn noch immer nicht gemerkt?«

      Beschämt senkte Eva-Maria den Kopf. »Ich weiß selbst nicht, was mit mir los war. Ich hatte einen schrecklichen Traum, und…« Sie zuckte die Schultern, dann sah sie Dr. Daniel an. »Sàndor war heute schon bei mir, aber… er hat kein Wort über das alles verloren.« Mit traurigen Augen sah sie Dr. Daniel an. »Ich glaube nicht, daß er mich liebt. Ich habe gelogen, bin bei Nacht und Nebel aus der Klinik geflüchtet…, wie sollte er für eine Person wie mich da jemals etwas empfinden?«

      »Das fragst du ihn am besten selbst«, riet Dr. Daniel ihr, doch Eva-Maria schüttelte verzagt den Kopf.

      »Dazu habe ich nicht genügend Mut«, entgegnete sie. »Wenn er meinen Verdacht bestätigen würde…, wenn er sagen würde, daß er mich nicht liebt…, diese Worte aus seinem Mund zu hören – das könnte ich nicht ertragen.«

      *

      Nicht nur Eva-Maria litt unter den Folgen ihres nächtlichen Ausflugs, auch Sàndor spürte bereits am nächsten Tag den beginnenden Schnupfen. Auch Halsschmerzen und ein harter, trockener Husten ließen nicht lange auf sich warten.

      »Bleiben Sie die nächsten zwei oder drei Tage zu Hause im Bett«, riet Dr. Metzler ihm, doch Sàndor winkte ab.

      »Ich bin nicht der Typ, der sich wegen ein bißchen Husten und Schupfen gleich ins Bett legt. Hier wartet doch haufenweise Arbeit auf mich.«

      In Wahrheit war es seine Sehnsucht nach Eva-Maria, die ihn Tag für Tag wieder in die Klinik zog, und jedesmal nahm er sich vor, ihr seine Liebe zu gestehen, doch er konnte die Warnung des Chefarztes nicht vergessen, und so begnügte er sich damit, so oft wie möglich zu ihr zu gehen, um zu sehen, ob er etwas für sie tun könnte. Dabei spürte er, daß Eva-Maria für ihn das gleiche fühlte, aber wohl aus irgendeinem Grund ebenfalls Hemmungen hatte, sich ihm zu offenbaren. Vielleicht, weil er sie in ihrer Schwäche gesehen hatte…, vielleicht auch, weil sie noch so jung war…, weil sie beide noch so jung waren.

      »Fräulein Neubert hat eine Lungenentzündung«, wandte Dr. Metzler ein und holte Sàndor damit in die Wirklichkeit zurück. »Ich will nicht, daß Sie diese vorerst noch recht harmlose Erkältung verschleppen und dann auch in der Klinik landen – aber als Patient.«

      Doch Sàndor nahm die Warnung nicht ernst, und auch als Dr. Daniel ihm ähnliches sagte wie der Chefarzt, entgegnete er nur: »Ich bin schon nicht so leicht unterzukriegen.«

      Seufzend schüttelte Dr. Daniel den Kopf. »Warum könnt ihr jungen Leute denn einfach nicht auf einen guten Rat hören? Aber schön, mein Junge, tu, was du nicht lassen kannst. Dein Körper wird dir die Rechnung für deinen Leichtsinn schon präsentieren. Aber wehe, du beklagst dich dann.«

      An diese Worte wurde Sàndor bereits wenige Tage später erinnert. Während dieser Zeit hatten die Halsschmerzen immer mehr zugenommen. Mittlerweile war es so schlimm, daß Sàndor kaum noch einen Bissen zu sich nehmen konnte, und seine Hausapotheke half da auch nicht mehr. Dazu kamen der schmerzhafte Husten und ein entsetzliches Stechen in der Lunge. Sàndor mußte kein Arzt sein, um zu wissen, was das bedeutete, und ihm war natürlich auch klar, daß er in diesem speziellen Fall unbedingt Antibiotika gebraucht hätte, doch er wagte es nicht, sich an den Chefarzt oder an Dr. Daniel zu wenden, weil er die Vorwürfe der Ärzte fürchtete.

      So behielt Sàndor seine körperlichen Beschwerden für sich und hoffte, daß die Krankheit von selbst ausheilen würde. Allerdings wurde der Dienst für ihn von Tag zu Tag beschwerlicher.

      »Sàndor, jetzt ist Schluß«, erklärte Dr. Daniel, als ihm der junge Mann über den Weg lief. »Ich schaue mir das nicht mehr länger an. Du bist so krank, daß du dich fast nicht mehr auf den Beinen halten kannst.«

      »Es ist nur ein bißchen Schnupfen und Halsweh…«

      »Bißchen Schnupfen und Halsweh ist gut«, unterbrach Dr. Daniel ihn. »Komm, setz dich mal da hin.«

      Sàndor gehorchte nur widerwillig, doch er wußte, daß sich Dr. Daniel nicht davon abbringen lassen würde, ihn zu untersuchen.

      »So, und jetzt mach deinen Mund auf«, befahl der Arzt, dann betrachtete er den geröteten Rachen und schüttelte fassungslos den Kopf. »Das reicht, mein Junge.« Er sah Sàndor ernst an.

      »Ein bißchen Halsweh«, wiederholte er, dann fragte er ganz unvermittelt: »Was hast du heute gegessen?«

      Sàndor war so perplex, daß er die Wahrheit sagte: »Nichts.«

      »Das dachte ich mir. Es würde ja auch höllisch weh tun.« Er ging zur Tür und bat die vorbeieilende Schwester, den Chefarzt herzuschicken. »Anschließend könnten Sie ein Zimmer für unseren Herrn Zivildienstleistenden herrichten. Er muß mit Sicherheit stationär aufgenommen werden.«

      Es dauerte nicht lange, bis Dr. Metzler den Raum betrat, und Dr. Daniel informierte ihn in knappen Worten.

      »Damit hatte ich schon lange gerechnet«, urteilte Dr. Metzler, betrachtete ebenfalls Sàndors geröteten Rachen und holte schließlich aus dem Arznei-schrank ein kleines Fläschchen.

      »Muß das sein?« fragte Sàndor und wich unwillkürlich zurück.

      »Bleiben Sie nur hier«, befahl Dr. Metzler. Sàndor mußte die unangenehme Prozedur

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