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ging.

      »In Eva-Maria«, vermutete er.

      Sàndor errötete ein wenig, dann nickte er. »Sie hat mich vom ersten Augenblick an bezaubert. Ich kann sie einfach nicht vergessen.« Verlegen senkte er den Kopf. »Der Chefarzt hat mir schon am ersten Tag klipp und klar gesagt, daß er es nicht gern sieht, wenn Personal und Patienten…, na ja, Sie wissen schon.« Er seufzte. »Deshalb habe ich es auch noch nicht gewagt, Eva-Maria meine Gefühle zu gestehen, aber jetzt…, ich halte es einfach nicht länger aus. Deshalb dachte ich, wenn ich mit Ihnen sprechen würde…, ich bin nicht auf ein Abenteuer aus. Das mit Eva-Maria sitzt viel tiefer.«

      »Du kennst sie doch noch gar nicht«, wandte Dr. Daniel ein.

      »Das ist richtig«, gab Sàndor zu. »Trotzdem spielt mein Herz vollkommen verrückt, wenn ich nur in ihrer Nähe bin. Heute, bei der Magenspiegelung…, am liebsten hätte ich die ganze Prozedur über mich ergehen lassen, nur um sie ihr zu ersparen. Sie hat mir so leid getan, und wenn ihr irgend etwas Ernsthaftes fehlen würde…« Er beendete den Satz nicht, doch Dr. Daniel verstand auch so, was er sagen wollte.

      »Im Augenblick sieht es aus, als würde ihr überhaupt nichts fehlen«, meinte er. »Ich habe sogar den starken Verdacht, daß Eva-Maria lügt – aus welchem Grund auch immer.«

      Heftig schüttelte Sàndor den Kopf. »Das glaube ich nicht. Sie ist so zart und unschuldig…, sie könnte doch überhaupt nicht lügen.«

      Dr. Daniel spürte, wie enttäuscht Sàndor sein würde, wenn sich herausstellen würde, daß er mit seinem tiefen Glauben an Eva-Maria falsch lag.

      »Vielleicht hast du recht«, räumte er ein, obwohl er nicht daran glaubte. Andererseits – welchen Grund sollte Eva-Maria haben, so hartnäckig zu lügen?

      In diesem Moment fiel es Dr. Daniel wie Schuppen von den Augen. Sàndor! Nur er konnte der Grund für alles sein! Ihre Übelkeit und die angeblichen Magenschmerzen hatten angefangen, als von Entlassung aus der Klinik die Rede gewesen war. Aber allem Anschein nach wollte Eva-Maria gar nicht entlassen werden, und das lag sicher nicht daran, daß sie sich in der Waldsee-Klinik inzwischen so heimisch fühlte.

      »Sàndor, du entschuldigst mich bitte einen Moment«, erklärte Dr. Daniel. »Ich muß mich mit Dr. Scheibler unterhalten.«

      Der junge Mann nickte, warf noch einen Blick zu der Tür, hinter der er Eva-Maria wußte, und sah dann Dr. Daniel wieder an. »Was soll ich jetzt tun?«

      »Im Augenblick überhaupt nichts«, riet Dr. Daniel ihm. »Behalte deine Gefühle vorerst noch für dich, Sàndor. Ich glaube, ich weiß jetzt, was Eva-Maria fehlt, und wenn sich mein Verdacht bewahrheitet…« Er lächelte geheimnisvoll. »Ich denke, morgen kann ich dir mehr darüber sagen.«

      *

      Dr. Scheibler saß grübelnd über der Akte von Eva-Maria Neubert, als Dr. Daniel ins Ärztezimmer trat.

      »Ich komme einfach auf keinen grünen Zweig«, seufzte er. »Nach den Untersuchungsergebnissen ist sie gesund – trotzdem kann ich mich des Verdachts nicht erwehren, daß wir irgend etwas übersehen haben.«

      »Wir haben auch etwas übersehen«, meinte Dr. Daniel lächelnd. »Etwas sehr Wichtiges sogar – die Liebe.«

      Verständnislos starrte Dr. Scheibler ihn an. »Wie bitte?« fragte er entgeistert.

      »Aus Liebe will sie hier Patientin bleiben«, erklärte Dr. Daniel. »Und zwar aus Liebe zu Sàndor.«

      Nachdenklich fuhr sich Dr. Scheibler durch das dichte dunk-le Haar. »Daran habe ich auch schon mal gedacht…, zwar nicht unbedingt in diesem Zusammenhang, aber als die Magenspiegelung anstand, verlangte sie nach Sàndor als seelische Stütze. Ich verwarf den Gedanken an eine Verliebtheit aber, weil ich dachte, daß sie sich in einem solchen Fall doch nicht gerade von ihrer schwächsten Seite zeigen würde.«

      »Das hätte sie wohl auch nicht getan, wenn ich dagewesen wäre«, vermutete Dr. Daniel. »Es ist ihr sicher nicht leichtgefallen, sich Sàndor ausgerechnet in dieser Situation zu zeigen.«

      »Und Sie sind sicher, daß Sie sich nicht irren?« wollte Dr. Scheibler wissen.

      »Ja, da bin ich mir ziemlich sicher, und noch heute abend werde ich sie damit konfrontieren. Ich bin gespannt, was sie darauf sagen wird.«

      Eva-Maria war schlicht sprachlos, als Dr. Daniel ihr die Wahrheit geradewegs ins Gesicht sagte.

      »Nein«, stammelte sie nach den ersten Schrecksekunden. »Nein, das ist nicht wahr. Ich bin krank. Ich bin wirklich krank. Und ich kann auch nichts essen. Mir wird schon übel, wenn ich das Essen nur sehe.«

      Das war nun nicht einmal gelogen. Bei Dr. Daniels Worten war tatsächlich Übelkeit in ihr aufgestiegen, allerdings rührte diese nicht vom Magen, sondern eher vom Herzen her. Wenn Dr. Daniel die Wahrheit wußte und Sàndor davon erfahren würde…

      »Eva-Maria, das alles hat doch keinen Sinn«, erklärte Dr. Daniel ruhig. »Sag die Wahrheit, solange du es noch kannst. Je länger du auf deiner angeblichen Krankheit beharrst, um so schwieriger wird es für dich, da wieder herauszukommen. Jetzt wird deine Liebe zu Sàndor noch als Entschuldigung gelten, aber wenn du weiterlügst, läufst du Gefahr, diese Liebe tatsächlich zu verspielen.«

      Eva-Maria schluchzte auf. »Das habe ich doch schon! Wenn Sàndor erfährt, daß alles nur gelogen war… Er hatte solches Mitleid mit mir.« Sie vergrub das Gesicht in den Händen. »Er saß bei mir und hat mich getröstet, weil ich vor der Magenspiegelung Angst hatte. Wenn er erfährt, daß das alles gar nicht nötig gewesen wäre… daß ich vollkommen gesund bin…, Er muß sich doch ausgenutzt und für dumm verkauft vorkommen.«

      »Nicht, wenn du ihm erklärst, warum du das getan hast«, erwiderte Dr. Daniel, dann griff er nach Eva-Marias Hand. »Sàndor hat das alles nicht nur aus Mitleid getan. Ich bin sicher, daß er Verständnis haben wird.« Er schmunzelte. »Vielleicht sogar mehr als das. Immerhin muß es für ihn doch recht schmeichelhaft sein, wenn er erfährt, was du alles auf dich genommen hast, nur um in seiner Nähe zu sein.«

      Doch so wollte Eva-Maria es nicht sehen. Für sie stand eindeutig fest, daß sie Sàndors Liebe verloren hatte, bevor sie ihr jemals richtig gehört hatte.

      Dr. Daniel bemerkte ihre Verzweiflung.

      »Soll ich zuerst mit Sàndor sprechen?« fragte er, doch Eva-Maria schüttelte heftig den Kopf.

      »Nein! Nein, er darf es niemals erfahren!« rief sie mit sich überschlagender Stimme.

      »Eva-Maria, du steigerst dich da in eine Aufregung hinein, die gar nicht nötig ist«, meinte Dr. Daniel, doch nicht einmal seine ruhige Stimme vermochte noch etwas zu bewirken. Eva-Maria schien wie besessen von dem Gedanken zu sein, daß Sàndor sie für ihre Lüge hassen müßte.

      Kurzerhand stand Dr. Daniel auf und beauftragte Schwester Bianca, ein Beruhigungsmittel zu bringen.

      »Versuch dich zu entspannen, Eva-Maria«, meinte er. »Du wirst nur einen kleinen Pieks spüren. Das Medikament wird dich ein paar Stunden ruhig schlafen lassen, und dann sieht die Welt schon wieder ein bißchen anders aus. Morgen früh, wenn Sàndor zum Dienst kommt, kannst du dich mit ihm unterhalten.«

      »Nein! Nein!« weinte Eva-Maria und wimmerte auf, als sie den feinen Stich spürte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie ruhiger wurde und schließlich ein-schlief.

      Dr. Daniel betrachtete sie noch einen Moment und fragte sich dabei, wie sie sich nur in eine solche Panik hatte hineinsteigern können.

      »Junge Mädchen«, seufzte er. »Was in ihren Köpfen nur alles vorgehen mag?«

      Dann verließ er leise das Zimmer und fuhr nach Hause. Gleich morgen früh würde er noch einmal nach Eva-Maria sehen. Bis dahin würde sie sicher schlafen.

      Darin täuschte sich Dr. Daniel allerdings gehörig. Eva-Maria wurde von einem wirren Traum geplagt, der sie gegen drei Uhr morgens plötzlich aufwachen ließ. Schweißgebadet lag sie in ihrem Bett, fühlte sich benommen und verwirrt und hörte dabei

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