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hatte schon das Gefühl, als würde sie ihr Ziel niemals erreichen. Doch dann setzte die Maschine endlich auf dem Rollfeld auf, und Gabriela hätte am liebsten laut aufgejubelt vor Glück. Sie war wieder zu Hause! Für einen Moment kehrte der Gedanke an Harald und seine unmißverständliche Drohung zurück, doch sie schüttelte diese Erinnerung rasch wieder ab. Harald war in der Schweiz. Er würde sicher nie erfahren, daß sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, und vermutlich würde es ihn auch gar nicht interessieren. Schließlich hatte er sein Ziel jetzt erreicht. Er war Chefarzt, und das hatte er ja schon immer werden wollen.

      Ein wenig unschlüssig stand Gabriela mitten im Frankfurter Flughafen. Obwohl es sie mit aller Macht nach Steinhausen und in die Waldsee-Klinik zog, entschloß sie sich nach einigem Überlegen doch, zuerst zu Hause anzurufen.

      »Gabi! Endlich!« stieß ihr Vater überglücklich hervor, und dann ließ er sich nicht mehr davon abhalten, umgehend nach Frankfurt zu fahren, um seine Tochter abzuholen.

      Er erschrak ein wenig über Gabrielas verändertes Aussehen. Die harte Arbeit auf der Farm hatte sie förmlich abgezehrt, und die unbarmherzige australische Sonne hatte ihre Haut nicht nur tief gebräunt, sondern auch richtiggehend gegerbt. Dazu kam der ernste Ausdruck in ihren schönen tiefblauen Augen, der früher nicht dagewesen war und für den sicher Harald verantwortlich war. Obgleich Gabriela nichts mehr darüber gesagt hatte, war ihr Vater sicher, daß sie unter dem eiskalten Verrat ihrer Liebe noch immer litt.

      Jetzt schloß Helmut Köster seine Tochter zärtlich in die Arme. »Gabi, mein Liebes, wie bin ich froh, daß du wieder nach Hause gefunden hast.« Er sah sie an. »Ich glaube, es war unnötig, daß du eine so weite Entfernung zwischen dich und Harald gelegt hast. Ich kann nicht glauben, daß er diese entsetzliche Drohung wirklich ernst gemeint hatte. Er war doch nur verärgert und…«

      »Nein, Vati«, entgegnete Gabriela voller Überzeugung. »Ich kenne Harry besser als du und weiß daher, daß er jedes Wort völlig ernst gemeint hat. Und ich halte ihn sogar für fähig, daß er jetzt noch seine billige Rache üben würde, wenn er jemals erfahren würde, daß ich wieder hier bin.« Sie schwieg kurz. »Sicher, Australien hätte es wohl nicht unbedingt sein müssen, andererseits… vielleicht war es sogar ganz gut, daß ich mal gesehen habe, unter welch schwierigen Bedingungen andere Menschen ihr Dasein fristen müssen. Es war eine harte, aber auch lehrreiche Zeit, die ich in Australien verlebt habe.«

      Helmut Köster ergriff beide Koffer Gabrielas und steuerte dann den Ausgang an.

      »Was hast du denn jetzt vor?« wollte er nebenbei wissen. »Am Telefon hast du darüber ja nichts verlauten lassen. Wirst du wieder bei meinem Bruder arbeiten?«

      Gabriela schüttelte den Kopf. »Keinesfalls. Wenn Harry wirklich noch nach mir suchen sollte, dann würde er in Onkel Tonis Klinik wohl zuerst anfangen. Nein, Vati, ich habe ein Angebot von einer kleinen Klinik in Bayern erhalten. Erika arbeitet dort. Erika Wieland, du erinnerst dich doch sicher noch an sie.«

      »Selbstverständlich.« Und dann dämmerte es ihm. »Ach, deshalb hat sie vor ein paar Wochen hier bei uns angerufen.« Er machte plötzlich ein bekümmertes Gesicht. »Aber ganz bis nach Bayern. Da werden wir dich ja kaum noch zu Gesicht bekommen.

      Gabriela lächelte. »Wenn Erikas Angebot nicht gekommen wäre, dann wäre ich jetzt noch in Australien, und da hättet ihr mich noch viel weniger zu Gesicht bekommen.«

      »Das ist auch wieder wahr«, stimmte Harald Köster seufzend zu, und dann überwog bei ihm doch die Freude, daß seine Tochter wieder zu Hause war – wenn es auch nur von kurzer Dauer sein würde.

      *

      Gabrielas Aufenthalt in Würzburg war tatsächlich von äußerst kurzer Dauer, denn bereits am darauffolgenden Montag machte sie sich auf den Weg nach Steinhausen, und schon ein erster Blick auf die sehr idyllisch am Waldsee gelegene Klinik genügte ihr, um zu wissen, daß sie sich hier wohl fühlen würde. Ganz tief atmete sie die würzige Luft ein und hatte plötzlich das Gefühl, erst jetzt wirklich zu Hause angelangt zu sein.

      »Suchen Sie jemanden?«

      Die tiefe Stimme, die so unerwartet hinter Gabriela erklang, ließ sie erschrocken herumfahren, und dann sah sie sich einem großen, schlanken Mann Ende Dreißig mit dichtem, dunklem Haar gegenüber. Das Lächeln, das er Gabriela schenkte, erreichte auch seine sanften grauen Augen.

      »Nein, das heißt, ja, eigentlich schon«, stammelte Gabriela verlegen und wußte gar nicht, weshalb die Nähe dieses Mannes sie so sehr aus der Fassung brachte. »Ich soll mich hier vorstellen… besser gesagt… eigentlich suche ich erst mal meine Freundin.«

      Der Mann lächelte. »Und wer ist Ihre Freundin?«

      »Erika Wieland… nein, jetzt heißt sie ja anders. Sie hat geheiratet.« Was erzähle ich da eigentlich für einen Unsinn, dachte Gabriela dabei. Das alles interessierte ihn doch gar nicht.

      Trotzdem gelang es ihr noch immer nicht, einen wirklich klaren Gedanken zu fassen.

      »Erika ist hier Anästhesistin, das heißt… sie war Anästhesistin. Jetzt ist sie nämlich schwanger.«

      »Ich glaube, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen«, meinte der Mann schmunzelnd. »Ich will eigentlich nur meinen Freund besuchen, aber der ist hier immerhin Oberarzt und sollte daher über die Vorgänge in der Klinik Bescheid wissen.« Sein Blick wanderte zu dem kleinen Glashäuschen mit der Aufschrift Information, das in der Mitte der Eingangshalle stand und in dem normalerweise Martha Bergmeier, die als Sekretärin und Mädchen für alles fungierte, saß und ihre wachsamen Augen überall hinschweifen ließ. »Der hiesige Hausdrachen scheint ja heute Ausgang zu haben.«

      Erschrocken sah Gabriela ihn an.

      »War nicht so gemeint«, beeilte er sich zu versichern. »Ein wirklicher Drachen ist die gute Frau, die normalerweise hier sitzt, eigentlich nicht, aber sie erinnert mich immer an eine Lehrerin, die ich in der Grundschule hatte, und die hatte tatsächlich Haare auf den Zähnen.«

      Gabriela mußte lachen. Dieser Mann war so unkompliziert und fröhlich – eine richtige Wohltat nach allem, was sie mit Harald erlebt und noch immer nicht ganz verarbeitet hatte.

      »Franz, da bist du ja«, erklang jetzt eine andere männliche Stimme, die zu einem äußerst gutaussehenden Arzt gehörte. »Noch dazu in sehr charmanter Begleitung.«

      »Irrtum, Gerrit. Wir sind uns zufällig begegnet, aber es ist ganz gut, daß du jetzt hier bist. Du kannst der jungen Dame sicher weiterhelfen. Sie ist auf der Suche nach ihrer Freundin.«

      Der Arzt reichte Gabriela die Hand.

      »Gerrit Scheibler«, stellte er sich vor. »Ich bin der Oberarzt hier an der Klinik. Ich nehme an, Ihre Freundin ist eine unserer Patientinnen?«

      »Ja und nein«, antwortete Gabriela. »Im Augenblick ist sie wohl als Patientin hier, aber vorher hat sie als Anästhesistin an dieser Klinik gearbeitet.«

      »Sie meinen Erika Metzler«, erklärte Dr. Scheibler und lächelte. »Dann sind Sie also unsere neue Kollegin.«

      Gabriela nickte. »So wird es wohl aussehen.«

      »Na, dann besuchen Sie jetzt erst mal Erika«, schlug Dr. Scheibler vor. »Sie wird sich freuen, Sie zu sehen. Und für den Nachmittag melde ich Sie beim Chefarzt und beim Direktor an, wenn es Ihnen recht ist.«

      Gabriela nickte eifrig. »Sehr recht sogar. Ich möchte meine Stellung nämlich so bald wie möglich antreten.«

      »Ich fürchte, das müssen Sie auch«, entgegnete Dr. Scheibler. »Wir müssen hier seit Monaten ohne festen Anästhesisten auskommen. Auf Sie wartet also eine Menge Arbeit.« Dann wies er zum linken Flügel der Klinik hinüber. »Dort drüben ist die Gynäkologie. Gehen Sie ins erste Stockwerk hinauf, Zimmer sieben. Da finden Sie Erika.«

      »Danke, Herr Kollege.« Gabriela nickte den beiden Männern verabschiedend zu, wobei ihr Blick auf Dr. Scheiblers Freund besonders lange ruhte, dann machte sie sich auf den Weg zu Erika.

      »Eine reizende junge Frau.«

      Dr.

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