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nie, Vater! Lieber laufe ich fort, ehe ich eine Mistgabel anrühre!«

      »Herr Chef, besinnen Sie sich doch, so ein heller Kopf …«

      »Für was helle? Für Diebstahl! Nichts da, du gehst jetzt in den Stall, Erich!«

      »Ich gehe nicht in den Stall!«

      »Du gehst in den Stall!«

      »Nie!«

      »Du verweigerst deinem Vater den Gehorsam?«

      »Ich gehe nicht in den Stall, ich fasse nie eine Forke an!«

      »Erich! Treib es nicht zum Äußersten! Geh in den Stall, tu die Arbeit, gehorche – und wir wollen nach einem Jahr sehen …«

      »Ein Jahr? Nicht eine Stunde, Vater, nicht eine Minute!!!«

      »Du tust es nicht?«

      »Nie!«

      Der Vater stand nachdenkend, fast ruhig.

      »Ottochen, red du dem Erich zu«, bat der alte Rabause. »Er soll vernünftig sein. Es wird ja nicht ein Jahr dauern müssen, dein Vater wird auch mit einem Monat zufrieden sein, mit einer Woche – er muß nur erst den guten Willen sehen.«

      »Erich …«, bat Otto schwerfällig …

      »Ach, sei du bloß still!« rief Erich böse. »Du Schlappschwanz – weil du immer gekrochen bist, ist Vater bloß so geworden!«

      »Komm!« sagte der Alte, der nichts gehört zu haben schien. »Komm!«

      Er legte dem Sohn die Hand um den Arm. »Los!«

      »Ich gehe nicht in den Stall!« widerstand der Sohn.

      »Komm!« sagte der Vater. Er zog den Sohn mit sich. Es ging wieder auf das Haus zu. »Bring mir die Kellerschlüssel, Otto!« rief der Vater.

      Otto lief.

      »Was …?« fragte Erich verwirrt.

      »Komm!« sagte der Vater.

      Sie kamen zurück in das Haus, aber sie stiegen nicht die Treppe zu dem Obergeschoß empor, es ging in den Keller hinab.

      »So«, sagte der Vater und stieß eine Kellertür auf. »Hier bleibst du, bis du dich besonnen hast. Ich schwöre, ich lasse dich nicht eher raus, Erich, bis du dich gefügt hast.«

      »Hier …?« fragte Erich ungläubig und sah in den schwarzen, dunklen, vergitterten Keller. »Du willst mich hier einsperren …?«

      »Hier bleibst du so lange, bis du dich besonnen hast. Ich gebe nicht nach!«

      »Das tust du nicht, das darfst du nicht tun, Vater!«

      »Das tue ich! Gib den Schlüssel, Otto! Geh rein, Erich. – Oder willst du gehorchen und im Stall arbeiten?«

      »Vater!« bat der Sohn und hielt sich am Türrahmen fest. »Vater, höre doch, um Gottes willen, gib einmal nach! Ich bin vielleicht leichtsinnig gewesen, ich verspreche dir, ich will mich ändern …«

      »Gut, ändere dich, geh in den Stall!«

      »Nie!«

      »Also rein mit dir!«

      Mit einem Ruck schob der Vater den Sohn in den Keller, die Tür schlug zu. Von innen warf sich der Sohn dagegen. »Vater! Vater …!«

      Der Vater schloß ab.

      Fäuste trommelten von innen. Eine beinahe unkenntliche Stimme schrie: »Tyrann! Schinder! Henker!«

      »Komm füttern, Otto«, sagte der Vater und ging.

      »Du bist zu hart, Vater«, flüsterte Otto.

      »Wie?!« rief der Vater und blieb stehen. (Der im Keller Eingesperrte schrie weiter.) »Wie?! Und ist er etwa nicht hart zu mir!« Er sah den Sohn streng an. »Tut es mir nicht weh? Komm füttern, Otto!«

      10 Morgen auf dem Droschkenhof

      Der Vater stieg vor dem Sohn Otto die Kellertreppe hinauf, wie ein sehr alter Mann.

      »Jaja«, murmelte er. »Nun helfe uns allen Gott!«

      Als er aber auf den Hof trat, wurde seine Haltung straffer. Fast im alten befehlenden Ton rief er zu den Frauen im Fenster hinauf: »Habt ihr nichts zu tun? Macht, daß ihr an eure Arbeit kommt!«

      Gleich verschwanden die Gesichter. Hackendahl trat in den Stall. »Alles in Ordnung, Rabause?«

      »Im Stall ist alles in Ordnung, Chef«, antwortete Rabause. Aber das war auch die einzige Andeutung, die er auf die Geschehnisse eben zu machen wagte.

      In der nächsten Stunde gab es viel zu tun: Eilige, stumme Arbeiterei, um halb sieben mußten die Pferde zur Tagestour bereit sein.

      Aber doch fand Otto immer wieder einen Augenblick Zeit, unter die Stalltür zu treten, nach dem Keller zu lauschen. Er hörte nichts – aber das sagte noch nicht, daß der Bruder sich gefügt hatte. Die Aussichten auf ein Fügen des Bruders schienen gering – fast so gering wie die Aussicht auf ein Nachgeben des Vaters. Schwer seufzend machte sich Otto wieder an seine Arbeit. Er merkte, auch der Futtermeister Rabause sah öfter als sonst aus der Stalltür – nur der Vater tat, als sei nichts gewesen.

      Erst als die Nachtdroschken hereinkamen, ging der alte Hackendahl aus dem Stall. Wie immer sprach er mit jedem Kutscher, sah selbst die Taxuhr nach, berechnete die Gelder, kassierte und trug ein in sein Buch. In der vergangenen Nacht war das Geschäft ungewöhnlich gut gewesen, die Droschken hatten fast gar nicht an den Halteplätzen zu warten gehabt. Hackendahl kassierte viel Geld, er belebte sich etwas, es war nicht alles hoffnungslos, das Geschäft ging.

      Er rief Rabause zu, daß die Pferde von den Nachtdroschken eine Extraration Hafer bekommen sollten. Dann fragte er den Kutscher: »Und wo bist du hingefahren, Willem?«

      »Es war ja ville los in der Stadt«, sagte der Kutscher. »Die Leute sind mächtig uffjeregt wejen die Ermordung von dem Erzherzog. Dreimal habe ich bei Scherl jemußt, wo die Telegramme anjeschlagen sind. Den Mörder haben se ja fest, Herr Hackendahl, es is ein Studente, seinen Namen hab ich aber nich behalten. Er hat gleich Jift geschluckt, aber er hat’s wieder rausgekotzt …«

      »Ein Student, so«, sagte der eiserne Gustav. »Und wegen so was schlagen sich die Leute die Nacht um die Ohren. Den Hintern blutig gehauen, das gehört so einem, Hinrichtung geht viel zu schnell, erst muß der mal Schmerzen spüren … Aber es ist keine Zucht mehr auf der Welt …«

      Der alte Kutscher sah von den blauen Tuchkissen hoch, die er gerade für die Tagfahrt ausbürstete. »Meenen Se det, Herr Hackendahl? Ick denk immer, es is zu ville Zucht auf der Welt, alles jeht nach Drill un Kommando, und der Mensch is doch keine Maschine nich, er is gewissermaßen was Lebendiges, mit Jefühlen …«

      Aber der alte Wilhelm hatte einen schlechten Augenblick gewählt, denn gerade kam sein Kollege Piepgras auf den Hof gefahren, und der hatte bei seiner Droschke trotz des milden Sommermorgens das Verdeck hochgeschlagen, und das Kotleder war auch zugeknüpft, als regne es Pickelsteine. Aber das war nicht an dem, sondern …

      »Ja, Herr Hackendahl«, sagte Piepgras und stieg schnaufend über das hohe Wagenrad vom Bock und schob den Lackzylinder mit der Nummer aus seiner buckligen Stirn. »Willste stehen, Ottilje! Das Aas kann nie sein Futter abwarten! – Ja, Herr Hackendahl, nu sagen Sie bloß, was sollte ich machen? Klock einsen die Nacht sind die beiden beim Alten Kuhstall in meine Droschke gestiegen, und über den Lehrter in den Tiergarten hat er gesagt, und dann immer weiter, bis ich klopfe! Und ich hab gar nicht gemerkt, daß er einen auf der Lampe hat, aber gekloppt hat er nich. Und ich fahre und fahre, und manchmal frage ich: ›Ist es noch nicht genug?‹ – Aber nichts, keine Antwort, und wie ich nun schließlich anhalte, sehe ich, die beiden pennen, aber wie! Da hilft kein Schütteln und kein Rufen, er quasselt bloß betrunkenes Zeug, und von Wohnung erfahren und so ist keine Rede.«

      »Immer stellst du solche Geschichten an«, sagt Hackendahl ärgerlich. »Weck sie auf! Rechne schnell mit ihnen ab und sieh, daß sie runterkommen von meinem Hof!«

      Und er trat einen Schritt zurück.

      »Aber, Herr Hackendahl!« sagte der Kutscher

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