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      »Ja, Daniel. Komm bitte mit in mein Zimmer«, sagte sie mit ernstem Blick.

      »Was ist los?«

      »Ich fürchte, ich habe keine gute Nachricht für dich«, erklärte sie stockend und schloß die Tür. Aus einer Mappe holte sie einige Papiere und reichte sie Daniel wortlos.

      Dieser überflog sie kurz und wurde blaß.

      »Leukämie!« sagte er schließlich mit rauher Stimme.

      »Leukämieverdacht«, verbesserte ihn Jenny.

      »Aber die Leukozyten sind stark vermehrt. Und beim Abtasten habe ich geschwollene Lymphknoten festgestellt. Vermutlich sind auch Milz und Leber vergrößert. Das sind typische Symptome für Leukämie.«

      »Es fehlt noch die Analyse des Blutausstrichs. Wenn sich dort Leukämiezellen finden, bestätigt sich der Verdacht. Du solltest das Ergebnis noch abwarten«, bemühte sich Jenny, Daniel zu beruhigen.

      Doch dieser hörte ihr nicht mehr zu. Er wanderte unruhig auf und ab und warf immer wieder einen Blick auf den schriftlichen Befund in seinen Händen. Schließlich blieb er stehen.

      »Ich muß es Fee sagen«, murmelte er bedrückt. Dann verließ er das Zimmer.

      *

      Inzwischen war die Magenspiegelung beendet. Dr. Janssen blickte besorgt auf Christina, die sich ein Tuch vor den Mund hielt. Der Eingriff war mit einem leichten Beruhigungsmittel durchgeführt worden, trotzdem stellte sich oft ein Brechreiz ein.

      »Wir müssen sofort operieren, Frau von Berg. Sie haben ein Magengeschwür, das in den Bauchraum durchgebrochen ist. Es besteht die Gefahr eines Schocks und einer Bauchfellentzündung.«

      Christina sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an. »Vor Jahren hat mir ein Arzt gesagt, meine Magenschmerzen wären psychosomatisch.«

      »Am Anfang kann das durchaus so gewesen sein. Jetzt sieht es leider anders aus. Sie müssen mir bitte das hier unterschreiben.«

      Er hielt ihr ein Formular mit einer Einverständniserklärung hin. »Sollen wir Ihre Angehörigen informieren?«

      »Ich muß meine Freundin anrufen. Sie betreut mein Kind. Ich dachte, ich käme heute wieder nach Hause.«

      »Daraus wird leider nichts. Ihr Zustand ist sehr ernst. Wenn wir nicht sofort eingreifen, besteht Lebensgefahr. Geben Sie der Schwester die Telefonnummer, sie erledigt das Telefonat für Sie.«

      Mit zitternden Fingern notierte Christina Lisas Nummer und reichte sie der Schwester. Dann bekam sie eine Beruhigungsspritze und wurde in den Operationssaal geschoben.

      Als das Telefon klingelte, schloß Helene Wolrab gerade leise die Tür von Muriels Zimmer. Das gemeinsame Spiel hatte die Kleine so ermüdet, daß sie eingeschlafen war.

      »Hier bei von Berg«, meldete sich Helene.

      »Guten Tag, Frau Wolrab, hier spricht Lisa.«

      »Hallo, Lisa. Haben Sie was von Tini gehört?« fragte Helene aufgeregt.

      »Sie ist gerade im OP und wird heute nicht nach Hause kommen.«

      »O Gott, ist es was Schlimmes?«

      »Der operierende Arzt wird mich später noch mal anrufen. Was Genaueres kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Vielleicht weiß ich mehr, wenn ich heute abend komme. Soll ich was mitbringen?«

      »Ich kann nicht einkaufen gehen mit der Kleinen.«

      »Dann besorge ich ein paar Sachen.«

      »Ist gut, vielen Dank.« Helene Wolrab legte den Hörer auf und seufzte. Warum hat Tini immer nur Pech im Leben, fragte sie sich.

      In ihre Gedanken hinein läutete erneut das Telefon.

      »Hallo, spreche ich mit Christina von Berg?«

      »Nein, hier ist Wolrab. Wer sind Sie?«

      »Michael Kunert. Ich bin der Vater von Muriel.«

      Vor Schreck wurde Helen Wolrab blaß. Sie kannte natürlich die ganze Geschichte dieser unglücklichen Beziehung, hatte aber selbst nie Bekanntschaft mit Michael gemacht.

      »Christina ist nicht zu Hause.«

      »Wann kommt sie wieder?«

      »Das kann dauern. Sie ist im Krankenhaus. Und soviel ich weiß, sind Sie daran nicht unschuldig«, entfuhr es Helene.

      »Hat sie das erzählt?« fragte Michael erbost.

      »Das geht Sie gar nichts an.«

      »Was ist mit meinem Kind?« lenkte er ab.

      »Muriel ist bestens versorgt.«

      Helene wurde ungeduldig. Sie überlegte, wie sie das Gespräch schnell beenden konnte. Doch Michael Kunert war hartnäckig. Er schwieg kurz und fuhr dann in versöhnlichem Ton fort.

      »Das bezweifle ich nicht, Frau Wolrab. Es tut mir leid, daß ich so unfreundlich war. Wie geht es Tina denn?«

      »Ich weiß es nicht. Sie wird gerade operiert.«

      »In welcher Klinik?«

      »Das möchte ich Ihnen nicht sagen.«

      »Wie Sie wollen. Das finde ich auch so heraus«, stellte Michael mit schneidender Stimme fest.

      »Lassen Sie Christina in Ruhe. Sie haben ihr genug Leid zugefügt.«

      »Und Sie sollten Ihre Nase nicht in die Angelegenheiten fremder Menschen stecken.«

      Mit diesen Worten legte er

      auf.

      Helene war außer sich. Sie dachte einen Moment nach und wählte dann die Nummer, die Lisa ihr hinterlassen hatte. Atemlos berichtete sie von den beiden Telefonaten, doch Lisa beruhigte sie.

      »Sie haben ja nicht gesagt, in welcher Klinik Tini liegt.«

      »Ach, ich hätte das Krankenhaus gar nicht erwähnen dürfen. Es ist mir so herausgerutscht.« Helene war untröstlich.

      »Bitte beruhigen Sie sich, Frau Wolrab. Er hat es auf das Kind abgesehen, und das ist bei Ihnen in guten Händen.«

      »Ich hüte Muriel wie meinen Augapfel.«

      »Das weiß ich. Ich bin pünktlich da.«

      »Ich warte mit dem Essen auf Sie.«

      »Haben Sie noch was zu Hause?«

      »Ich habe noch Kotelett eingefroren. Dazu mache ich Kartoffelsalat.«

      »Sehr schön. Bis später.«

      Noch ehe Helene den Hörer aufgelegt hatte, tönte eine zarte Mädchenstimme aus dem Kinderzimmer.

      »Leni, gibt’s heute Kartoffelsalat?«

      Helen lächelte und ging zu Muriel, die eben erwacht war.

      »Ich weiß doch, was du gern magst. Und du mußt tüchtig essen, damit es dir bald bessergeht.«

      »Mir geht’s schon ganz gut. Darf ich aufstehen? Im Bett ist es so langweilig.«

      »Du siehst wirklich nicht mehr so blaß aus. Wenn du dich warm anziehst, kannst du mir beim Kartoffelschälen helfen. Aber später gehst du wieder ins Bett. Versprochen?«

      »Versprochen. Du bist soooo lieb, Leni.«

      Die Kleine kletterte aus dem Bett und drückte Helene einen Kuß auf die Wange.

      Michael Kunert war inzwischen nicht untätig gewesen. Nach dem Telefon mit Helene Wolrab war er sehr zufrieden. Das Schicksal schien es gut mit ihm zu meinen. Er ließ sich von seiner Sekretärin die Nummern sämtlicher Kliniken im Umkreis geben. Schon der zweite Anruf war ein Volltreffer. Er gab sich als Herr von Berg aus, der auf der Suche nach seiner Frau war. Er erzählte der Schwester, daß seine Frau heute vormittag überraschend eingeliefert worden war und die

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