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du?« rief sie schlaftrunken. Erst als sie das Licht angeknipst hatte, fand sie sich zurecht. Erschöpft sank sie in die Kissen zurück. Da hörte sie Schritte aus dem Nebenzimmer.

      »Tini, was ist los?« fragte Lisa besorgt, als sie den Kopf zur Schlafzimmertür hereinsteckte. Sie war am Abend nicht mehr nach Hause gefahren, weil es reichlich spät geworden war. Christina hatte ihr das Sofa im Wohnzimmer ausgeklappt, auf dem sie schon öfter geschlafen hatte. Durch Christinas Schreie war sie aufgewacht.

      »Ich hatte einen schrecklichen Traum«, stöhnte Christina erschöpft.

      »So siehst du auch aus. Du bist ja ganz verschwitzt.«

      »Ich habe geträumt, daß Michael Muriel entführt hat. Er hat sie in einem Wald versteckt, und ich bin herumgelaufen und habe sie gesucht. Es war so schrecklich realistisch.«

      »Du Arme. Glaubst du wirklich, er würde soweit gehen?«

      »Ich weiß es wirklich nicht. Aber wie er gestern aus dem Dunkel aufgetaucht ist, hatte ich richtig Angst vor ihm.«

      »Das hätte jeder gehabt.«

      »Auf jeden Fall muß ich etwas unternehmen. Ich kann nicht hier sitzen und warten, bis Muriel etwas passiert. Ich habe das Gefühl, der Traum sollte eine Warnung sein.«

      »Was willst du tun?«

      »Keine Ahnung.«

      Ratlos zuckte Christina die Schultern. Dann faßte sie sich stöhnend auf den Bauch.

      »Zuerst mußt du zum Arzt, das steht fest. Wenn du krank bist, kannst du Muriel nicht beschützen. Gleich morgen mache ich einen Termin für dich.«

      Die Schmerzen waren zu stark, als daß sich Christina hätte wehren können.

      »Wenn es sein muß!« antwortete sie matt.

      »Es muß sein. Und jetzt wird geschlafen. Über Michael Kunert denken wir nach, wenn es dir bessergeht.«

      »Siehst du noch mal nach der Kleinen?« bat Christina.

      »Ja, mach ich. Gute Nacht.« Lisa verließ das Schlafzimmer.

      Christina hörte, wie sie leise mit Muriel sprach, die offenbar kurz aufgewacht war. Dann war alles wieder still. Sie löschte das Licht, konnte aber vor Schmerzen nicht einschlafen. Stöhnend warf sie sich von einer Seite auf die andere. Der Traum ging ihr nicht aus dem Sinn. Sie mußte auf der Hut sein. Doch was würde mit Muriel geschehen, wenn sie ernsthaft krank war?

      Über diesen Gedanken schlief Christina gegen Morgen endlich ein.

      Es war schon später Vormittag, als sie von Stimmengewirr wach wurde. Plötzlich öffnete sich die Tür und Dr. Norden trat ein.

      »Guten Morgen, Frau von Berg.«

      »Herr Dr. Norden, was machen Sie denn hier?« fragte Christina erstaunt und richtete sich mühsam im Bett auf.

      »Ihre Freundin Lisa hat mich gerufen. Sie sagte, Sie hätten massive Magenprobleme.«

      »Ja, stimmt. Magenschmerzen habe ich schon seit Jahren. Aber im Moment ist es besonders schlimm.«

      »Waren Sie deswegen schon mal in Behandlung?«

      »Ja, aber das ist lange her. Der Arzt sagte, er könne nichts finden.«

      »Das heißt, daß die Ursache nie geklärt wurde.«

      Christina nickte.

      »Ich habe es auf meine psychische Situation geschoben. Es ist nicht immer leicht, für ein Kind allein zu sorgen.«

      »Ich halte es sogar für ziemlich schwer und belastend. Trotzdem muß der Ursache auf den Grund gegangen werden. Sie wollen doch wieder ganz gesund werden.«

      »Das schon. Aber ich muß arbeiten. Ich kann es mir nicht leisten, krank zu sein.«

      »Sie haben eine große Verantwortung, Frau von Berg«, sagte Daniel streng. »Was soll aus Muriel werden, wenn Sie zu krank sind, um für sie zu sorgen?«

      Darauf wußte Christina keine Antwort.

      Daniel untersuchte sie gründlich und tastete sie gründlich ab. Dann nahm er das Stethoskop ab und steckte es wieder in die Tasche.

      »Sie sollten in die Klinik gehen und eine Magenspiegelung vornehmen lassen. Am besten lasse ich gleich einen Krankenwagen kommen.«

      Erschrocken blickte sie ihn an. »Aber wer soll auf Muriel aufpassen?«

      »Ich habe heute freigenommen, das war kein Problem. Und vielleicht kann Frau Wolrab am Morgen auf sie aufpassen. Natürlich nur tagsüber. Am Abend komme ich immer hierher«, erklärte Lisa, die gerade eingetreten war, um Christina einen beruhigenden Magentee zu bringen.

      »Das könnte gehen. Ich glaube nicht, daß Muriel schon wieder so fit ist, daß sie Frau Wolrab nicht überfordert«, sagte Daniel nachdenklich. »Ich werde gleich nach ihr sehen. Und dann rufe ich den Krankenwagen. Den Tee sollten Sie übrigens nicht trinken«, bemerkte er im Hinausgehen. »Für eine Magenspiegelung müssen Sie nüchtern sein.«

      »Na, du kleines Mäuschen. Wie geht es dir heute?« fragte Daniel, als er an Muriels Bett saß.

      »Hallo, Herr Doktor. Mir geht’s schon viel besser. Das Ohrenweh ist weg.«

      »Wie schön. Dann hat meine Medizin also geholfen.«

      »Ja, schon«, bemerkte Muriel.

      »Das klingt aber nicht sehr überzeugt«, schmunzelte Daniel.

      »Sie hat scheußlich geschmeckt«, maulte die Kleine.

      »Ein Weilchen mußt du sie aber noch nehmen, damit du auch ganz gesund wirst. Aber du bist sicher eine tapfere Prinzessin.«

      »Nein, ich bin eine tapfere Räubertochter«, erklärte Muriel mit blitzenden Augen.

      »Das freut mich.«

      »Und wie geht es meiner Mami?«

      »Deiner Mami geht es leider nicht so gut wie dir. Ich muß sie mitnehmen ins Krankenhaus. Aber Lisa bleibt bei dir«, erklärte er schnell, als er das erschrockene Gesicht des Kindes sah.

      »Kommt Mami bald wieder?«

      »Natürlich. Wir müssen eine Untersuchung machen, weil sie immer Magenschmerzen hat. Das dauert nicht lange.«

      »Machst du sie gesund?«

      »Das verspreche ich dir«, sagte Daniel und freute sich über das strahlende Kinderlachen, das Muriels Gesicht jetzt erhellte.

      Wenn Jan nur auch wieder so lachen könnte, dachte er bei sich. Er hatte ihm heute morgen das Zauberpflaster in die Armbeuge geklebt. Nach einer kurzen Einwirkzeit war die Haut betäubt, und Jan spürte nichts von dem kleinen Stich der Nadel. Die Röhrchen mit der Blutprobe hatte Daniel direkt in die Behnisch-Klinik gebracht. Das Ergebnis müßte bald vorliegen, und er erwartete es mit Spannung.

      Nach dem Gespräch mit Muriel rief er in der Behnisch-Klinik an, um einen Krankenwagen in die Buchenstraße anzuordnen. Lisa hatte unterdessen mit Helene Wolrab gesprochen, die die Betreuung der kleinen Muriel gern übernahm.

      Endlich kam der Wagen, der Christina in die Klinik bringen sollte. Sie verabschiedete sich von Muriel und versuchte, ihre Sorgen vor der Kleinen zu verbergen. Diese war jedoch so abgelenkt von einem Buch, das Lisa ihr vorlas, so daß ihr der Abschied nicht schwerfiel. Leise bat Christina ihre Freundin, gut auf Muriel aufzupassen. Deutlich hatte sie den Traum der vergangenen Nacht vor sich. Sie konnte nicht ahnen, wie schnell er sie einholen sollte.

      Daniel stieg in seinen Wagen und folgte dem Krankenwagen in die Behnisch-Klinik. Dort angekommen, begleitete er Christina auf die Innere Abteilung, wo sie bereits erwartet wurde. Er sprach kurz mit dem zuständigen Arzt und verabschiedete sich herzlich von Christina, die von den Schwestern schon auf die Magenspiegelung vorbereitet wurde. Dann machte er sich auf die Suche nach Jenny Behnisch. Sie hatte die Blutprobe von Jan am Morgen in Empfang genommen und direkt ins Labor bringen lassen. Die Befunde

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