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Die Frau in Weiss. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Die Frau in Weiss
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Der feierliche Diener war viel zu wohlerzogen, um die geringste Genugthuung zu bezeugen. Er verbeugte sich mit eisiger Ehrerbietung, als ich meine Lobsprüche erschöpft hatte, und öffnete dann schweigend wieder die Thür, um mich in den Corridor hinaus zu lassen.
Wir bogen um eine Ecke und betraten einen zweiten langen Corridor, an dessen äußerstem Ende angelangt wir eine kleine Treppenflucht hinaufstiegen, über einen kleinen, runden Vorplatz gingen und endlich vor einer Thür stillstanden, die mit einem dicken, dunklen Wollenstoffe beschlagen war. Der Diener öffnete diese Thür und führte mich ein paar Schritte weiter an eine zweite; öffnete diese ebenfalls und zeigte dadurch zwei Vorhänge von blasser, wassergrüner Seide dicht vor uns; zog den einen derselben geräuschlos zurück, sprach leise die Worte: »Mr. Hartright« aus und verließ mich.
Ich sah mich in einem großen, hohen Zimmer mit einer prachtvollen geschnitzten Decke und einem Teppich, der so dick und weich war, daß er sich wie Lagen von Sammt unter den Füßen anfühlte. Die eine ganze Seite des Zimmers nahm ein Bücherschrank aus einer seltenen, getäfelten Holzart ein, die mir völlig neu war. Derselbe war nur sechs Fuß hoch, und oben darauf standen Statuen in regelmäßigen Entfernungen von einander. Auf der entgegengesetzten Seite standen zwei antike Schränke, und über denselben hing ein Bild der Jungfrau mit dem Christuskinde, das durch Glas geschützt wurde und unten am Rahmen auf einer vergoldeten Platte den Namen Raphaels trug. Zu meiner Rechten und Linken, als ich innerhalb des Einganges stand, waren Chiffonniéren und Pfeilertischchen von Buhl und Marquetterie, die mit Figuren von Meißner Porzellan, seltenen Vasen, Elfenbeinschnitzereien, Spielereien und Merkwürdigkeiten aller Art, die von Gold, Silber und Edelsteinen funkelten, bedeckt waren. Am unteren Ende des Zimmers mir gegenüber verbargen Vorhänge von derselben wassergrünen Seide, wie die an der Thür, die Fenster und milderten das Sonnenlicht. Das auf diese Weise hervorgebrachte Licht war unendlich weich, geheimnisvoll und wohlthuend; es fiel gleichmäßig auf alle Gegenstände im Zimmer, machte die tiefe Stille und das Ansehen absoluter Abgeschlossenheit noch eindrucksvoller und umgab mit einem angemessenen Nimbus die einsame Gestalt des Gebieters des Hauses, welcher in theilnahmsloser Ruhe in einem großen Lehnstuhle ausgestreckt lag, an dem auf der einen Seite ein Lesepult und auf der anderen ein kleiner Tisch angebracht waren.
Falls man zugeben will, daß man von dem Aussehen eines Mannes, nachdem er sein Toilettezimmer verlassen, und wenn er vierzig Jahre alt ist, mit Sicherheit auf sein Alter schließen kann – was sehr zu bezweifeln ist – so mochte Mr. Fairlie’s Alter, als ich ihn sah, billigerweise auf über fünfzig und unter sechzig angeschlagen werden. Sein bartloses Gesicht war mager, verlebt und von einer durchsichtigen Blässe, aber nicht runzelig; seine Nase war groß und gebogen; seine Augen von einem matten, gräulichen Blau, groß und hervorstehend, und die Ränder der Augenlider etwas geröthet; er hatte wenig Haare, doch war es weich anzusehen und von jener hellen, sandähnlichen Farbe, welche von allen am letzten den Uebergang zum Grau verräth. Er trug einen dunklen Ueberrock von einem Stoffe, der weit leichter war als Tuch, und eine Weste und Beinkleid von untadeligem Weiß. Seine Füße waren auffallend klein und mit Strümpfen von lederfarbener Seide und kleinen bronzeledernen Pantöffelchen bekleidet. Zwei Ringe schmückten seine zarten, weißen Hände, deren Werth selbst meine unerfahrene Beobachtung sofort als beinahe unschätzbar anerkannte. Im Ganzen hatte er ein schwächliches, matt reizbares, überfeines Aussehen – etwas eigenthümlich und unangenehm Zartes, da man es an einem Manne fand, und das doch zu gleicher Zeit, wenn man es sich an der Erscheinung einer Frau dachte, unmöglich natürlich oder angemessen erschienen wäre. Durch die Erfahrung, die ich an Miß Halcombe gemacht, war ich aufgelegt, an Allem im Hause Gefallen zu finden; aber meine Sympathie zog sich beim ersten Anblicke von Mr. Fairlie entschlossen in sich selbst zurück.
Als ich näher zu ihm herantrat, entdeckte ich, daß er nicht so völlig unbeschäftigt sei, wie ich zuerst vermuthete. Unter anderen seltenen und schönen Gegenständen, welche auf einem großen runden Tische neben ihm standen, war ein Miniaturschrank von Ebenholz und Silber, der in kleinen Schubladen, die mit dunkelblauem Sammt ausgeschlagen waren, Münzen von allen Formen und Größen enthielt. Eine dieser Schubladen stand auf dem kleinen Tische, der an seinem Stuhle angebracht war, und daneben lagen einige kleine Juwelierbürsten, ein Stück Waschleder und eine kleine Flasche mit einer Flüssigkeit; Alles dazu bestimmt, zur Hinwegschaffung der geringsten, zufälligen Unreinheit, die er auf den Münzen entdecken möchte, angewendet zu werden. Seine zarten, weißen Finger spielten gleichgiltig mit etwas, das meinen unerfahrenen Augen wie eine schmutzige, zinnerne Medaille mit unebener Kante aussah, als ich in achtungsvoller Entfernung von seinem Stuhle stehen blieb, um ihm meine Verbeugung zu machen.
»Sehr erfreut, Sie in Limmeridge zu haben, Mr. Hartright,« sagte er mit einer kläglichen, krächzenden Stimme, die auf Nichts weniger als angenehme Art einen hohen Mißton mit einer matten, schläfrigen Aussprache verband. »Bitte, setzen Sie sich. Und bemühen Sie sich gefälligst, nicht den Stuhl zu rücken. In dem unseligen Zustande meiner Nerven ist jede Art von Bewegung unbeschreiblich schmerzhaft. Haben Sie Ihr Atelier gesehen? Sind Sie zufrieden damit?«
»Ich habe das Zimmer soeben gesehen, Mr. Fairlie, und ich versichere Sie –«
Er unterbrach mich mitten im Satze, indem er die Augen schloß und eine seiner weißen Hände stehend in die Höhe hielt. Ich schwieg voll Erstaunen, und die krächzende Stimme beehrte mich mit folgender Erklärung:
»Bitte, entschuldigen Sie mich. Aber wäre es Ihnen wohl möglich, etwas leiser zu sprechen? Bei dem unseligen Zustande meiner Nerven ist jeder laute Ton eine unbeschreibliche Tortur für mich. Sie werden einem Kranken verzeihen? Ich sage Ihnen nur, was der beklagenswerthe Zustand meiner Gesundheit mich allen Leuten zu sagen nöthigt. Ihr Zimmer gefällt Ihnen also, Mr. Hartright?«
»Ich könnte mir Nichts Hübscheres und Bequemeres wünschen,« entgegnete ich, indem ich meine Stimme bis zum Flüstern herabsenkte und zugleich bei mir die Entdeckung machte, daß Mr. Fairlie’s schwache Nerven und seine egoistische Association im Grunde ein und dasselbe seien.
»Sehr erfreut. Sie werden ihre Stellung hier gebührend anerkannt finden, Mr. Hartright. Es ist Nichts von dem abscheulichen, barbarischen, englischen Vorurtheile gegen die gesellschaftliche Stellung eines Künstlers in diesem Hause. Ich habe so viele Zeit meines früheren Lebens im Auslande zugebracht, daß ich in dieser Beziehung meine insularische Haut gänzlich abgeworfen habe. Ich wollte, ich könnte dasselbe von den vornehmen Ständen – abscheuliches Wort, aber ich muß wohl Gebrauch davon machen – unserer Nachbarschaft sagen. Aber sie sind entsetzliche Gothen und Vandalen in der Kunst, Mr. Hartright. Leute, versichere ich Sie, die vor Erstaunen große Augen gemacht haben würden, hätten sie Karl V. Titian’s Pinsel aufheben sehen. Wären Sie vielleicht so gütig, diese Schublade mit Münzen in den Schrank zurückzuschieben und mir die nächste zu reichen? In dem unseligen Zustande meiner Nerven ist mir auch die geringste Anstrengung im höchsten Grade zuwider. Jawohl. Dank Ihnen.«
Als praktischer Commentar zu der liberalen, gesellschaftlichen Theorie, von der er mir soeben ein Beispiel angeführt, belustigte mich Mr. Fairlie’s kaltblütiges Ersuchen einigermaßen. Ich that die eine Schublade mit aller möglichen Höflichkeit an ihren Platz zurück und gab ihm die andere. Er begann sofort mit den Münzen und kleinen Bürsten zu spielen, indem er sie während der ganzen Zeit, da er mit mir sprach, mit matten Blicken betrachtete und bewunderte.
»Danke tausendmal und bitte um Verzeihung. Interessiren Sie sich für Münzen? Ja? Sehr erfreut, daß wir außer unserer Liebe zur Kunst auch diesen Geschmack gemein haben. Jetzt, was unsere pekuniären Arrangements betrifft – bitte, sagen Sie mir – sind dieselben für Sie befriedigend?
»Vollkommen befriedigend, Mr. Fairlie.«
»Sehr erfreut. Und – was sonst noch? Ah! ich entsinne mich. Jawohl. In Bezug auf die Entschädigung, welche Sie so gütig sein wollen, für den Vortheil, den mir Ihre Talente in der Kunst gewähren, anzunehmen,