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Die Blinde. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Die Blinde
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Während der Fuhrmann uns diese Ausschlüsse gab traten der Zimmermann, welcher die Kiste zugenagelt hatte, und sein Sohn zu uns. Sie gingen mit Oscar ins Haus und kamen, die Kiste mit dem kostbaren Metall, welche für einen zu schwer war, gemeinschaftlich tragend, wieder heraus. Nachdem die Kiste auf den Wagen gehoben war, setzten sich auch die beiden Zimmerleute, Vater und Sohn, welche sich zu ihrer kleinen Fahrt nach Brighton der Fuhrgelegenheit bedienen wollten, in den Wagen. Der ältere Zimmermann, ein großer dicker Mann, sagte spaßend zu Oscar: »Die Gegend zwischen hier und Brighton ist sehr einsam, Herr Dubourg. Unserer drei werden nicht zu viel sein, um Ihre kostbare Kiste sicher an die Eisenbahn zu bringen.« Oscar nahm die Sache ernsthaft und fragte: »Giebt es hier in der Gegend Räuber?« »Du lieber Gott,« erwiderte der Fuhrmann, »Räuber würden hier Hungers sterben, wir haben ja nichts, was des Raubens werth wäre.«
Jicks, welche Alles, was vorging, bis auf die kleinsten Einzelheiten mit dem lebhaftesten Interesse beobachtete, nahm es auf sich, den Männern das Zeichen zur Abfahrt zu geben. Das wunderliche Kind machte gegen seinen Freund, den Fuhrmann gewandt, mit seiner fetten kleinen Hand eine befehlende Geberde und rief so laut es konnte: »Weg!« Der Fuhrmann legte mit einem komischen Ausdruck von Respect seine Hand an den Hut und rief Jicks zu: »Alles in Ordnung,Fräulein, Zeit ist Geld, nicht wahr?« Er knallte mit der Peitsche und der Wagen rollte über den dichten dicken Rasen geräuschlos davon.
Es war Zeit für mich, nach dem Pfarrhause zurückzukehren und die umherstreifende Jicks diesmal in die Arme ihrer Familie zurückzuführen. Ich wandte mich zu Oscar, um ihm Adieu zu sagen.
»Ich wollte, ich könnte mit Ihnen gehen ,« sagte Oscar.
»Sie werden so gut wie ich im Pfarrhause aus und eingehen können,« antwortete ich, »sobald man dort erfahren haben wird, was diesen Morgen zwischen Ihnen und mir vorgegangen ist. Sie haben von dem, was ich darüber mittheilen werde, nichts zu fürchten, sondern können nur dadurch gewinnen. Machen Sie sich frei von Hirngespinnsten und argwöhnischen Gedanken, die ihrer unwürdig sind. Morgen werden wir gute Nachbarn, Ende der Woche werden wir gute Freunde sein. Für jetzt sage ich Ihnen Lebewohl!«
Ich kehrte mich um, um Jicks bei der Hand zu nehmen. Aber während ich mit Oscar gesprochen hatte, war das Kind entschlüpft und keine Spur von ihm zu sehen. Noch ehe wir einen Schritt thun konnten, um unsere verlorene kleine Zigeunerin zu suchen, drang ihre Stimme von der hinter uns liegenden Seite des Hauses her in schrillen und zornigen Tönen zu uns. »Geht weg,« hörten wir das Kind ungeduldig rufen, »häßliche Männer, geht weg!«
Wir gingen um die Ecke des Hauses und fanden hier zwei schäbig aussehende Fremde, die sich an die Seitenmauer des Hauses lehnten. Ihre leichenhaften Gesichter, ihr thierischer Ausdruck und ihr von übelriechendem Schmutz starrender Anzug ließen mich in ihnen Exemplare des niedrigsten Lumpengesindels, das die Welt noch hervorgebracht hat, des in London aufwachsenden Lumpengesindels erkennen. Da standen sie lungernd, die Hände in den Taschen und den Rücken an die Mauer gelehnt, wie wenn sie sich vor einem Wirthshause sonnten, und da stand Jicks vor ihnen auf dem Rasen mit weit ausgespreizten Beinen, vertrat trotz ihres jugendlichen Alters das Eigenthumsrecht und hieß die Schufte fortgehen.
»Was macht Ihr hier?« fragte Oscar in scharfem Tone.
Einer der Kerle schien im Begriff, eine impertinente Antwort zu geben; aber der andere jüngere und noch gemeiner aussehende hielt ihn zurück und ergriff zuerst das Wort:
»Wir haben einen langen Marsch gemacht, Herr,« sagte der Kerl in einem unverschämt demüthigen Ton, »und haben uns die Freiheit genommen, uns an Ihrer Mauer auszuruhen und unsere Augen an der Schönheit Ihres jungen Fräuleins hier zu weiden.« Dabei deutete er auf das Kind. Jicks aber ballte die Faust gegen ihn und hieß ihn in noch leidenschaftlicherem Tone als vorher fortgehen.
»Im Dorfe ist ein Wirthshaus,« sagte Oscar, »seid so gut, Euch da auszuruhen, mein Haus ist kein Wirthshaus.«
Der ältere Mann machte einen zweiten Versuch zu reden und setzte mit einem Fluch an; aber der Jüngere hielt ihn zurück.
»Sei still, Jim,« sagte der dem anderen überlegene Lump. »Der Herr empfiehlt das Getränk im Wirthshause. Komm laß uns auf die Gesundheit des Herrn trinken.« Dabei wandte er sich gegen das Kind und zog den Hut mit einer tiefen Verneigung. »Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen, mein Fräulein. Sie gehören gerade zu der Art von Frauenzimmern, die mir gefallen. Bitte, verloben Sie sich nicht, bis ich wiederkomme.«
Sein roher Kamerad fand diesen feinen Scherz so komisch, daß er plötzlich in ein schallendes Gelächter ausbrach. Arm in Arm gingen die beiden Schufte in der Richtung des Dorfes von dannen. Unsere komische kleine Jicks aber wurde ganz plötzlich zu einer tragischen und schrecklichen Gestalt.
Das Kind empfand die Unverschämtheit der beiden Kerle, als ob es ihre Worte wirklich verstanden hätte. Noch nie in meinem Leben habe ich ein so junges Geschöpf in einer so leidenschaftlichen Aufregung gesehen. Sie hob einen Stein auf und warf mit demselben, noch bevor ich ihr Einhalt thun konnte, nach den Kerlen. Sie schrie und stampfte mit den Füßchen auf den Boden, bis sie purpurroth im Gesicht war. Dann warf sie sich hin und wälzte sich wüthend auf dem Rasen umher. Sie beruhigte sich nicht eher, als bis ihr Oscar unüberlegter Weise ein Versprechen gab, an das er noch oft erinnert werden sollte, nämlich nach der Polizei zu schicken und die beiden Männer für ihre Frechheit, über Jicks zu lachen, gehörig durchprügeln zu lassen. Sie stand auf, trocknete sich die Augen mit ihren Handknöcheln und sah Oscar mit einem drohenden Blicke an. »Vergiß nicht,« sagte das merkwürdige Kind, dessen Busens noch unter dem schmutzigen Ueberzug wogte, »die Männer sollen Prügel haben und Jicks soll es sehen.«
Ich sagte Oscar im Augenblick nichts davon, aber ich konnte mich auf dem Heimwege eines geheimen Unbehagens über das Erscheinen der beiden Männer in der Nähe von Browndown nicht erwehren. Es war unmöglich, zu erfahren, wie lange sie sich schon in der Nähe des Hauses versteckt gehalten haben mochten, als das Kind sie entdeckte. Möglicherweise hatten sie durch das offene Fenster gehört, was Oscar in Betreff seiner kostbaren Metallplatten zu mir gesagt hatte und hatten vielleicht gesehen, wie die schwere Kiste auf den Wagen gepackt worden war. Das sichere Eintreffen der Kiste in Brighton machte mir keine Sorge; die drei Männer im Wagen waren Manns genug, um dieselbe zu schützen. Meine Befürchtungen galten der Zukunft.
Oscar lebte ganz allein in einem mehr als eine halbe Meile vom Dorfe entfernten einsamen Hause. Seine Liebhaberei für die Anfertigung getriebener Arbeit von kostbarem Metall konnte eine gefährliche Anziehungskraft üben, sobald sie über die idyllische Einsamkeit von Dimchurch hinaus bekannt wurde. Zu diesem Argwohn gesellte sich noch ein anderer; ich fragte mich, ob die beiden Kerle sich wohl nur zufällig in unserer entlegenen Gegend umhertrieben, oder