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ihrer Gesellschaft fanden und übereinkamem daß sie in jeder Hinsicht ein allerliebstes Paar bilden würden, so hielten wir es natürlich für möglich, daß sie noch zu anderen Zwecken als zu dem der Decorirung der Thür die Köpfe zusammensteckten. Einige von uns behaupteten, noch vor Ende des Sommers werde es eine Hochzeit in unserem Hause geben. Andere (deren Wortführer ich war) gaben zwar zu, daß Fräulein Rachel sich wahrscheinlich verheirathen werde, zweifelten aber aus Gründen, die ich gleich angeben will, daß Herr Franklin Blake der Erwählte sein werde. Daß Herr Franklin verliebt sei, konnte Niemand, der ihn sah und hörte, bezweifeln; schwieriger war es, Fräulein Rachel zu ergründen. Der Leser möge mir gestatten, ihn mit ihr bekannt zu machen, er mag sie dann, wenn er kann, selber ergründen.

      Der achtzehnte Geburtstag meines jungen Fräuleins stand vor der Thür, es war am 21. Juni. Wenn mein geneigter Leser ein Freund von schwarzem Haar ist (das, wie ich mir habe sagen lassen, neuestens in der feinen Welt aus der Mode gekommen ist), und wenn er kein besonderes Vorurtheil zu Gunsten großer Gestalten hat, so brauche ich keinen Widerspruch zu befürchten, wenn ich ihn versichere, daß Fräulein Rachel eines der hübschesten Mädchen war, das man sehen konnte. Sie war klein und schmächtig, aber vom Scheitel bis zur Zehe ganz proportionirt. Zu sehen, wie sie sich hinsetzte, wie sie aufstand, und namentlich wie sie ging, war genug, um sich zu überzeugen, daß die Grazie ihrer Erscheinung (wenn man mir den Ausdruck gestatten will) in ihrem Körper und nicht in ihren Kleidern lag. Sie hatte das schwärzeste Haar das ich je gesehen habe. Ihre Augen wetteiferten mit ihrem Haar. Ihre Nase war zwar, wie ich zugeben muß, etwas zu klein. Ihr Mund und ihr Kinn waren, um Herrn Franklins eigne Ausdrücke zu gebrauchen, Bissen für die Götter und ihr Teint war nach derselben unwidersprechlichen Autorität so warm, wie die Sonne selbst, mit dem großen Vorzug vor der Sonne, daß man ihn immer mit Vergnügen ansehen konnte. Nimmt man dazu, daß sie ihren Kopf so gerade trug, wie einen Pfeil im Köcher, wie es einem so lebhaften Wesen von so edler Abkunft ansteht, daß sie eine klare Stimme von echtem Metallklang hatte und ein Lächeln, daß sich höchst reizend schon in ihren Augen zeigte, noch ehe es die Lippen erreichte, so hat man ihr Portrait in Lebensgröße nach meinen besten Kräften gemalt vor sich.

      Und was soll ich von ihrem Charakter sagen? Hatte dieses reizende Geschöpf keine Fehler? Sie hatte grade so viele Fehler wie Du, geneigte Leserin, nicht mehr und nicht weniger. Im Ernst hatte mein liebes, hübsches Fräulein Rachel bei einer Fülle von Reizen und anziehenden Eigenschaften einen Fehler, den strenge Unparteilichkeit mich zu nennen zwingt. Sie war den meisten jungen Mädchen ihres Alters darin Unähnlich, daß sie ihre eigenen Ideen hatte und sich halsstarrig selbst der Mode widersetzte, wenn diese ihr nicht zusagte. In Kleinigkeiten konnte man sich diese ihre Unabhängigkeit wohl gefallen lassen, aber in wichtigen Dingen ging sie, wie Mylady fand und wie es auch mir schien, darin zu weit. Sie bildete sich ihr eigenes Urtheil, wie es wenige viel ältere Frauen thun, fragte nie Jemanden um Rath, sagte Niemandem vorher, was sie zu thun beabsichtige, und hatte niemals Jemandem Geheimnisse anzuvertrauen, nicht einmal ihrer Mutter. In kleinen und großen Dingen, im Verkehr mit Leuten, die sie liebte und Leuten, die sie haßte (und sie that Beides mit gleicher Energie), ging Fräulein Rachel immer ihren eigenen Weg und war sich in Freud und Leid selbst genug. Unzählige Male habe ich Mylady sagen hören: »Rachel’s bester Freund und Rachels schlimmster Feind ist Beides in Einer Person Rachel selbst.« Noch ein Wort und ich bin mit ihrer Charakteristik fertig.

      Bei all’ ihrer Verschlossenheit und all’ ihrem Eigenwillen war doch keine Spur von Falsch an ihr. Ich erinnere mich nicht, daß sie jemals ihr Wort gebrochen oder daß sie jemals Nein gesagt und Ja gemeint hätte. Dagegen erinnere ich mich aus ihrer Kindheit mehr als eines Falls, wo das liebe kleine Wesen sich für ein Vergehen, das ein von ihr geliebter Gespiele begangen hatte, schelten und bestrafen ließ. Niemals widersprach sie einer Beschuldigung, wenn sie angeklagt wurde, aber ebenso wenig sagte sie je die Unwahrheit. Sie sah Einem grade ins Gesicht schüttelte ihr trotziges Köpfchen und sagte einfach: »Ich will es nicht sagen!« Wenn sie für diesen Trotz aufs Neue bestraft wurde, so erklärte sie allenfalls, sie wolle nicht wieder »ich will nicht« sagen, aber war auch mit Brot und Wasser nicht dahin zu bringen, den Schuldigen zu nennen. Eigenwillig war sie – verteufelt eigensinnig bisweilen – das muß ich zugeben, aber nichtsdestoweniger das lieblichste Geschöpf, das jemals auf dieser Erde wandelte. Vielleicht findet der Leser, daß ich mir hier widerspreche. Für diesen Fall will ich ihm ein Wort in’s Ohr sagen. Mein lieber Leser, beobachte einmal Deine Frau scharf während der nächsten 24 Stunden. Wenn Dein liebes Weib während dieser Zeit nicht durch irgend ein Wort oder eine Handlung mit sich selbst in Widerspruch tritt, so sei Dir der Himmel gnädig, denn dann hast Du ein Ungeheuer geheirathet.

      Ich habe also jetzt den Leser mit Fräulein Rachel bekannt gemacht und wir können uns nun ohne Weiteres mit ihren Heiraths-Aspecten beschäftigen.

      Am 12. Juni schickte Mylady einem Herrn in London eine Einladung, sie zu besuchen und Fräulein Rachel’s Geburtstag mit feiern zu helfen. Das war der glückliche Sterbliche, dem sie, wie ich glaubte, in Wahrheit ihr Herz zugewandt hatte! Wie Herr Franklin war auch er ihr Vetter. Er hieß Godfrey Ablewhite.

      Myladys zweite Schwester (nur keine Sorge, für diesmal lasse ich mich nicht weiter auf Familienverhältinisse ein), Myladys zweite Schwester, sage ich, hatte eine unglückliche Liebe gehabt und nachher Hals über Kopf, was man eine Mesalliance nennt, gemacht. Es entstand ein furchtbarer Aufruhr in der Familie, als das adlige Fräulein Caroline darauf bestand, einen Banquier aus Frizinghall, den simpeln Herrn Ablewhite zu heirathen. Er war sehr reich, hatte einen sehr guten Charakter und wurde der Vater einer äußerst zahlreichen Familie, – soweit war Alles gut. Aber er hatte sich herausgenommen, sich aus einer niedrigen Stellung in der Welt heraufzuarbeiten, – und das war gegen ihn. Indessen brachten die Zeit und die Fortschritte moderner Aufklärung Alles wieder in Ordnung, und die Mesalliance wurde zu Gnaden angenommen. Heutigen Tages werden wir Alle Liberale, und wenn Einer, dem ich die Hand gewaschen, sie mir wieder wäscht, was kümmert’s mich, ob er ein Gassenkehrer oder ein Herzog ist? Das ist die moderne Art, die Dinge anzusehen, und ich halte es mit dieser modernen Art. Die Ablewhites wohnten auf einem schönen Landsitz in der Nähe von Frizinghall. Sehr würdige Leute und hochgeachtet in der ganzen Gegend. Ich habe aber nicht die Absicht, viel über dieselben zu sagen, mit einziger Ausnahme. von Herrn Godfrey, der Herrn Ablewhite’s zweiter Sohn war, und mit dem wir uns hier, mit der gütigen Erlaubniß des Lesers, Fräulein Rachel’s wegen, etwas näher beschäftigen müssen. Trotz Herrn Franklin’s hellem Verstand, trotz seiner Gewandtheit und trotz aller seiner übrigen guten Eigenschaften, schienen mir doch seine Aussichten, Herrn Godfrey in der Neigung unseres jungen Fräuleins den Rang abzulaufen, ungemein schwach zu sein.

      Erstens war Herr Godfrey, was den Wuchs betraf, bei Weitem der schönere von beiden Männern, er maß über sechs Fuß, hatte einen schönen roth und weißen Teint, ein glatt rasirtes, rundes Gesicht, und den Kopf voll schöner, langer, blonder Haare, die nachlässig auf den Nacken herabfielen. Aber warum versuche ich es, hier eine Schilderung von seiner Person zu geben? Wenn meine Leser jemals zu irgend einem mildthätigen Unternehmen einer Dame in London einen Beitrag gezeichnet haben, so müssen sie Herrn Godfrey Ablewhite so gut wie ich kennen. Er war seinem Berufe nach ein Advocat, seinem Temperament nach ein Mann für die Damen, und aus Neigung ein barmherziger Samariter. Weibliches Wohlwollen und weibliches Elend konnten nichts ohne ihn unternehmen. Bei mütterlichen Gesellschaften für die Aufnahme armer Wöchnerinnen bei Magdalenen-Stiften für die Rettung gefallener Mädchen, bei Emancipations-Vereinen, welche arme Frauen an die Stelle armer Männer setzen und es den Letztern überlassen möchten, sich selbst zu helfen – bei allen solchen Vereinen war er Vicepräsident, Secretär oder Kassirer. Wo immer ein Damen-Comitée um einen Tisch versammelt saß, fiel Herrn Godfrey unfehlbar die Ausgabe zu, das Comité bei guter Laune zu erhalten, und die lieben Damen auf dem dornigen Wege geschäftlicher Berathung zu leiten. Ich glaube, er war der vollkommenste Philantrop unter beschränkten Verhältnissen, den England je hervorgebracht. Es möchte schwer sein, einen Redner zu finden, der es so wie er verstanden hätte, bei Wohlthätigkeits-Versammlungen den Leuten Thränen und Geld zu entlocken. Man konnte ihn als einen öffentlichen Charakter bezeichnen. Als ich das letzte Mal in London war, verdankte ich Mylady’s Güte große Vergnügungen. Sie ließ mich ins Theater gehen, um eine Tänzerin zu sehen, die großes Aufsehen machte, und sie schickte mich nach Excter Hall, um Herrn Godfrey zu hören. Die Dame brauchte zu ihrem Tanzen

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