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muß sie auch durch ein dummes, unüberlegtes Wort beleidigt haben; denn sie liebt mich nicht, nicht wahr?«

      »Ja,« sagte Elisabeth Michailowna etwas zögernd, – »Sie gefallen ihr nicht.«

      Panschin eilte mit den Fingern über die Tasten und ein kaum bemerkbares spöttisches Lächeln glitt über seine Lippen.

      »Nun und Sie,« sagte er, »scheine ich auch Ihnen ein Egoist zu sein?«

      »Ich kenne Sie wenig, doch ich halte Sie nicht für einen Egoisten, im Gegentheil, ich muß Ihnen dankbar sein . . .«

      »Ich weiß, ich weiß, was Sie sagen wollen,« unterbrach sie Panschin, und wieder glitten seine Finger über die Tasten: »für die Noten, für die Bücher, welche ich Ihnen bringe, für die schlechten Zeichnungen, mit welchen ich Ihr Album schmücke, und so weiter. Das Alles kann ich aber thun und dabei doch Egoist sein. Ich wage es zu glauben. daß Sie sich mit mir nicht langweilen und daß Sie mich nicht für einen schlechten Menschen halten; immerhin aber denken Sie, daß ich, wie soll ich mich doch ausdrücken, um eines Witzes willen, weder Vater noch Freund schonen würde.«

      »Sie sind zerstreut und vergeßlich, wie alle Weltleute,« sagte Liese, »das ist Alles.«

      Panschin runzelte etwas seine Stirn.

      »Hören Sie,« sagte er, »wir wollen lieber von mir ganz und gar nicht reden, lassen Sie uns die Sonate spielen. Um Eins nur bitte ich Sie, fügte er hinzu, mit seiner Hand die Blätter des auf dem Notenpult liegenden Heftes glättend, »denken Sie von mir, was Sie wollen, nennen Sie mich sogar Egoist – nun meinethalben! Nur nennen Sie mich nicht einen Weltmann, dieses Wort ist mir unerträglich . . . Anch’io sono pittore. Auch ich bin Künstler, obgleich ein ziemlich schlechter, – und dieß, nämliche daß ich ein schlechter Künstler bin, will ich Ihnen gleich mit der That beweisen. Lassen Sie uns anfangen.«

      »Fangen wir meinethalben an,« sagte Liese.«

      Das erste Adagio wurde ziemlich glücklich überwunden, obgleich Panschin einige Schnitzer machte. Seine eigenen Compositionen und was er einstudirt hatte, spielte er sehr hübsch, vom Blatte aber las er sehr schlecht. Der zweite Theil der Sonate aber, ein ziemlich schnelles Allegro, ging ganz und gar nicht; beim zwanzigsten Tacte hielt es Panschin, der ein paar Takte zurückgeblieben war, nicht aus und rückte lachend seinen Stuhl fort.

      »Nein,« rief er, »heute kann ich nicht spielen, gut daß uns Lemm nicht gehört hat, er wäre sonst in Ohnmacht gefallen.«

      Liese stand auf, klappte den Deckel des Clavieres zu und wandte sich zu Panschin.

      »Was werden wir jetzt thun?« fragte sie.

      »Ich erkenne Sie an dieser Frage! Unmöglich können Sie mit gekreuzten Armen sitzen. Nun wenn Sie es wünschen, wollen wir zeichnen, so lange es noch nicht ganz dunkel geworden ist. Vielleicht wird die andere Muse, die Muse der Zeichnenkunst, – wie nannte man sie doch, . . . ich habe es vergessen. Wo ist Ihr Album? Ich erinnere mich, daß, meine Landschaft noch nicht beendigt ist.«

      Liese ging in ein anderes Zimmer, um ihr Album zu holen, Panschin aber nahm, als er allein war, ein Batistschnupftuch aus seiner Tasche und blickte von der Seite auf seine Hände. Er hatte sehr hübsche und weiße Hände; auf dem Zeigefinger der Linken trug er einen schlangenförmigen goldenen Ring. Liese kehrte zurück; Panschin setzte sich an’s Fenster und öffnete das Album. »Aha!« rief er, »Sie haben meine Landschaft abzuzeichnen begonnen – das ist wunderschön. Sehr gut! Hier nur, – geben Sie mir den Bleistift, – sind die Schatten nicht dunkel genug. Sehen Sie!« Und Panschin zeichnete einige kühne und lange Striche. Er zeichnete beständig eine und dieselbe Landschaft: an dem Vorderplan große Bäume mit wild herabhängendem Laube, in der Ferne eine Wiese, und zackige Berge am Horizont. Liese blickte über seine Schulter auf seine Arbeit.

      »Ja der Zeichnung, wie im Leben im Allgemeinen,« sagte Panschin, den Kopf bald rechts bald links wendend: »sind die Hauptsache – Leichtigkeit und Kühnheit.«

      In diesem Augenblicke trat Lemm in’s Zimmer und wollte, nachdem er trocken gegrüßt hatte, sich entfernen; Panschin aber warf Album und Bleistift auf die Seite und vertrat ihm den Weg.

      »Wohin wollen Sie aber, mein lieber Christophor Fedorowitsch? Wollen Sie denn nicht bleiben und mit uns Thee trinken?«

      »Ich muß nach Hanse,« sagte Lemm mit finsterer Stimme »ich habe Kopfschmerzen.«

      »Nun, was ist das für Unsinn; bleiben Sie hier und trinken Sie Thee mit uns. Wir wollen zusammen über Shakespeare streiten.«

      »Ich habe Kopfschmerzen» wiederholte der Alte.

      »Wir hatten in Ihrer Abwesenheit uns an Beethoven’s Sonate gemacht,« fuhr Panschin fort, ihn freundlich bei der Taille ergreifend und fröhlich lächelnd; – »doch wollte die Sache nicht gehen. Denken Sie sich nur, ich konnte nicht zwei Noten richtig hinter einander spielen.«

      »Sie hätten doch lieber Ihre Romanze noch einmal gesungen,« erwiderte Lemm, die Hände Panschin’s wegnehmend,« und ging heraus.

      Liese eilte ihm nach. Sie holte ihn auf der Treppe ein.

      »Christophor Fedorowitsch,« sagte sie ihm auf Deutsch, ihn bis zum Thorwege auf dem grünen und kurzen Rasen begleitend; »ich stehe vor Ihnen schuldig da – verzeihen Sie mir!«

      Lemm schwieg.

      »Ich habe Wladimir Nikolaitsch Ihre Cantate gezeigt; ich war versichert, daß er sie zu schätzen wissen wird, – und wirklich sie hat ihm sehr gefallen.«

      Lemm blieb stehen.

      »Es hat nichts zu bedeuten,« sagte er aus Russisch und fügte dann in seiner Muttersprache hinzu: »er verstehet aber nichts. Wie? Sehen Sie das nicht? Er ist Dilettant, und das ist Alles!«

      »Sie sind gegen ihn ungerecht,« erwiderte Liese, »er versteht Alles und kann fast Alles machen.«

      »Ja, Alles Numero zwei, leichte Waare, eilige, Arbeit; dieß gefällt, und er gefällt; nun – und bravo! Aber ich ärgere mich nicht; diese Cantate und ich, wir sind zwei alte Namen; ich schäme mich ein Wenig, – doch das bedeutet nichts.«

      »Verzeihen sie mir, Christophor Fedorowitsch!« sagte Liese auf’s Neue.

      »Es ist nichts, es ist nichts!« wiederholte er auf Russisch: »Sie sind ein gutes Mädchen . . . aber da kommt Jemand zu Ihnen. Leben Sie wohl. Sie sind ein sehr gutes Mädchen!«

      Und Lemm ging eiligen Schrittes zur Pforte, durch welche eben ein ihm unbekannter Mann, in einem grauen Paletot und breiten Strohhut trat. Er grüßte diesen sehr artig (er hatte die Gewohnheit alle unbekannten Gesichter in O. zu grüßen, von den Bekannten wandte er sich auf der Straße weg, – er hatte sich dies zur Regel gemacht), ging an ihm vorbei und verschwand hinter dem Zaune. Der Unbekannte blickte ihm erstaunt nach, und ging, nachdem er Liese einige Augenblicke fest angesehen, gerade auf sie zu.

      Siebentes Kapitel

      »Sie erkennen mich nicht,« sagte er, seinen-Hut abnehmend, »ich aber habe Sie erkannt, obgleich acht Jahre seit der Zeit, daß ich Sie das letzte Mal gesehen habe, entschwunden sind, Sie waren damals noch ein Kind.« – Ich heiße Lawretzky. – Ist Ihre Mutter zu Hause? Kann man sie sehen?«

      »Meine Mutter wird sehr erfreut sein, Sie zu sehen,« entgegnete Liese, »sie hat von Ihrer Ankunft schon gehört.«

      »Sie heißen, wenn ich mich nicht irre, Elisabeth?« sagte Lawretzky, die Treppe hinaufgehend.

      »Ja.«

      »Ich erinnere mich Ihrer sehr wohl, schon damals hatten Sie solch ein Gesicht, das man nicht vergißt. Ich brachte Ihnen damals immer Confect.

      Liese erröthete und dachte: »Was ist das doch für ein Sonderling.« Lawretzky blieb einen Augenblick im Vorzimmer stehen, Liese trat in’s Gastzimmer, wo die Stimme und das Gelächter Panschin’s erklangen; er theilte eine Stadtklatscherei Marie Dmitriewna und Gedeonowsky mit, die eben aus dem Garten zurückgekehrt waren, und lachte selbst laut über das, was er erzählte. Bei dem Namen Lawretzky gerieth Maria Dmitriewna in Unruhe, erblaßte und ging ihm entgegen.

      »Guten

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