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schadlos zu halten, die in kurzer Zeit seine Barmittel, die Brillanten seiner Frau und schließlich auch einen großen Teil der Mitgift seiner Tochter verschlangen. Auf seinen Landbesitz, der schon vor seiner Ehe arg verschuldet gewesen war, mußte er nun neue schwere Lasten aufnehmen.

      Als seine Quellen so nach und nach versiegt waren, mußte er sich damit begnügen, nur ab und zu, vielleicht ein- oder zweimal im Jahre, eine kostspielige Dummheit zu begehen, irgendeiner Armance einen Brillantschmuck, eine Equipage oder ein teures Service zu kaufen, ihr drei Wochen lang den Hof zu machen, sie ins Theater zu führen und ihr zu Ehren Soupers zu geben, zu denen er die junge Lebewelt einlud. Dann verhielt er sich eine ganze Weile still, bis ihm wieder neue Geldmittel zuflossen.

      Nikolaj Wassiliewitsch Pachotin war ein sehr stattlicher alter Herr von recht würdevollem Aussehen, mit ehrwürdigem weichem Silberhaar. Sein Äußeres erinnerte lebhaft an den englischen Minister Palmerston.

      Ganz besonders stattlich nahm er sich aus, wenn er mit seiner Tochter Sophie Nikolajewna am Arme stolz und feierlich in den Ballsaal trat oder sich auf der Promenade mit ihr zeigte. Wer ihn nicht kannte, machte ihm ehrfurchtsvoll Platz, während die Bekannten sogleich, wenn sie seiner ansichtig wurden, ein vielsagendes Lächeln aufsteckten, ihm unter familiären Scherzen die Hand schüttelten, ihn aufforderten, doch wieder einmal ein lustiges Diner zu veranstalten, und ihm irgendeine lustige Geschichte ins Ohr flüsterten. . . .

      Der Alte scherzte, erzählte selbst nach links und nach rechts hin Anekdoten, machte seine Witze und liebte es namentlich, mit seinen Altersgenossen Erinnerungen aus der längst entschwundenen Jugendzeit auszutauschen. Voll Begeisterung sprachen sie davon, wie damals Graf Boris oder Denis ganze Haufen Goldes im Kartenspiel verloren habe; mit aufrichtigem Bedauern konstatierten sie, daß sie selbst nur so wenig vergeuden dürften und überhaupt ein so klägliches Leben führten, und mit überlegener Miene unterwiesen sie die aufmerksam lauschende Jugend in der großen Kunst zu leben.

      Mit besonderer Vorliebe aber schwelgte Pachotin in seinen Pariser Erinnerungen, als im Jahre Vierzehn die Russen als großmütige Sieger in der Seinestadt eingezogen waren und durch ihr chevalereskes Wesen nicht nur die seit der Revolution in dieser Hinsicht stark entarteten Franzosen übertroffen, sondern durch ihre sinnlose Verschwendung sogar die großzügige Freigebigkeit der Engländer überboten hätten.

      Scherzend und lachend schritt der Alte durchs Leben und hielt sich nur an seine heiteren Seiten. Er behielt selbst bei einem Trauerspiel im Theater seine lächelnde Miene, war entzückt von den kleinen Füßchen der tragischen Heldin und lorgnettierte ungeniert ihren Halsausschnitt.

      Trat dagegen etwas Ernstes an ihn heran, das nichts mit seinen Diners und zarten Abenteuern zu tun hatte, sondern an die Nerven ging und Aufregungen mit sich brachte, tauchten wichtige Fragen vor ihm auf, die an seinen Verstand oder seinen Willen appellierten, dann verfiel er in Zweifel und Unsicherheit, schwieg ängstlich und nagte hilflos an seinen Lippen.

      Er hatte von Haus aus einen lebhaften, leicht auffassenden Sinn und eine gute Beobachtungsgabe, ja sogar einen gewissen geistigen Schwung. Mit sechzehn Jahren war er in die Garde eingetreten und hatte vortrefflich Französisch sprechen, schreiben und singen gelernt, vom russischen Schrifttum aber hatte er kaum eine Ahnung. Er hatte eine prächtige Wohnung nebst Equipage und Pferden und verfügte über ein Einkommen von zwanzigtausend Rubeln. Niemand trug sich eleganter als er, und noch jetzt, auf seine alten Tage, galt sein Geschmack in Modefragen als tonangebend. Alles saß an ihm wie angegossen; sein Gang war elastisch und vornehm, seine Sprechweise sicher, niemals ließ er sich hinreißen. Seine Urteile standen nicht selten mit der Logik auf dem Kriegsfuße, doch war er dafür ein recht gewiegter Sophist. Man durfte wohl anderer Meinung sein als er, eine Niederlage aber gab er nie zu. Die Welt, in der er lebte, sein ganzer Erfahrungs- und Betätigungskreis gab seinem Leben keinen eigentlichen Inhalt, und so fürchtete er denn alles, was nach Ernst aussah, wie das Feuer. Eben dieser Erfahrungskreis aber, dieser stetige Verkehr mit vielen Menschen, diese zahlreichen und mannigfaltigen Bekanntschaften hatten in ihm eine gewisse liebenswürdige kleine Intelligenz ausgebildet, und wer ihn nicht kannte, war leicht geneigt, sich auf seinen Rat und sein Urteil zu verlassen, um dann nachträglich, durch den Schaden klug gemacht, zu erkennen, mit wem er es im Grunde genommen zu tun hatte.

      Er war noch nicht ganz in den bei seinem müßigen Leben und seinen Mitteln nicht ungefährlichen Strudel des Residenztreibens hineingeraten, als man ihn, den Fünfundzwanzigjährigen, mit einem hübschen Mädchen aus altem Hause verheiratete. Sie war eine kalte, despotische Natur und hatte es sogleich heraus, daß er der Schwächere war; es blieb ihm nichts weiter übrig, als nach ihrer Pfeife zu tanzen.

      Augenblicklich war Nikolaj Wassiljewitsch Pachotin Mitglied irgendeines offiziellen Komitees, wohnte allwöchentlich einer Sitzung bei, hatte einen hohen Rang und zwei Sterne und erwartete mit Ungeduld den dritten Stern. Das war die Stellung, die er in Staat und Gesellschaft innehatte.

      Außer dem dritten Stern hatte er noch einen anderen sehnsüchtigen Wunsch: eine Reise ins Ausland – das heißt nach Paris zu machen – diesmal nicht mit den Waffen, sondern mit dem gefüllten Geldbeutel in der Hand, und sich dort einmal gründlich, nach dem Rezept der alten Zeit, auszuleben.

      Mit Entzücken, und zugleich mit einem Gefühl des Neides, rief er sich allerhand Anekdoten aus den Tagen vor der Revolution ins Gedächtnis zurück, so die Geschichte von dem berühmten Taugenichts, der in einem Porzellanladen eine Tasse zerschlug und als Antwort auf die Vorwürfe des Ladeninhabers den ganzen Porzellanvorrat des Mannes in einen Scherbenhaufen verwandelte, natürlich nicht, ohne ihm alles auf Heller und Pfennig zu bezahlen; dann die Geschichte von dem Leichtfuß, der dem König eine herrliche Villa abkaufte, um sie einer Tänzerin zu schenken, und ähnliche kecke Historien, die er gern erzählte und jedesmal mit einem Seufzer des Bedauerns darüber schloß, daß die alte Zeit unwiederbringlich vorüber sei.

      Kurz nach dem Tode seiner Frau hatte er um seine Versetzung nach Paris gebeten, aber seine lockeren Sitten und törichten Streiche waren bereits so weit ruchbar geworden, daß ihm auf sein Gesuch ganz kurz geantwortet wurde, es liege kein Grund zu einer Versetzung vor. Er kaute an seinen Lippen, ging ein Weilchen melancholisch umher, beging dann irgendeine kostspielige Verrücktheit und beruhigte sich wieder. Die Sehnsucht nach Paris war ihm seither, zumal sein Vermögen inzwischen arg gelitten hatte, so gut wie ganz vergangen.

      Neben der Sorge um die Erlangung des dritten Sterns nahm noch ein weiteres Problem ihn sehr lebhaft und andauernd in Anspruch: wie er nämlich seinen beiden älteren Schwestern, den Tanten Sophies, die als alte Jungfern lebten, das zur Bestreitung seiner Torheiten nötige Geld aus der Tasche locken könnte. Seine ganze Findigkeit und Energie wandte er der befriedigenden Lösung dieses Problems zu.

      Nadjeschda Wassiljewna und Anna Wassiljewna Pachotin waren zwar geizig und hatten für die Person ihres Bruders nicht das geringste übrig, doch schätzten sie den Namen, den er trug, den guten Ruf des Hauses und die Überlieferungen ihres alten Geschlechts ungemein hoch und zahlten ihm außer einem ein für allemal festgesetzten Taschengeld von fünftausend Rubeln in einzelnen Beträgen noch jährlich Subsidien in etwa gleicher Höhe. Am Jahresschluß hatten sie dann noch jedesmal fast ebensoviel zu bezahlen, um die Rechnungen der Schneider, Möbelhändler und sonstigen Geschäftsleute aus der Welt zu schaffen, was natürlich unter heftigen Vorwürfen und Ermahnungen, ja fast unter Tränen vor sich ging.

      Sie wußten, welchen Gebrauch er von dem Gelde machte, doch urteilten sie in dieser Beziehung nicht gar zu streng – erinnerten sie sich doch der lockeren Gewohnheiten der Lebemänner ihrer Zeit, die sie als etwas ganz Selbstverständliches hinnahmen. Als sittsame Damen hielten sie sich jedoch stets die Ohren zu, wenn er vor ihnen mit seinen törichten Streichen prahlen, oder wenn ein Dritter ihnen davon erzählen wollte.

      Er war in ihren Augen ein hohler, zu nichts mehr brauchbarer, abgelebter Greis und ein schlechter Vater, aber er war doch eben ein Pachotin, ein Sprößling dieses alten Geschlechts, dessen Anfänge sich weit in der grauen Vorzeit verloren, dessen Ahnenbilder einen ganzen Saal einnahmen, dessen Stammbaum kaum auf einem großen Tische Platz fand, und das eine ganze Reihe von hervorragenden Männern aufzuweisen hatte.

      Sie waren stolz auf alles das, und sie verziehen dem Bruder alles, einzig darum, weil er ein Pachotin war.

      Sie selbst hatten einst in der großen

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