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Sie doch bemerken, daß er gute Gefühle hat?«

      »Ja, mein Vater; doch ich glaubte Immer, mit Vorbehalt der Abschwörung und der Buße mache die Exkommunikation Alles dies zu Nichte.«

      Der Pater de la Sante kratzte sich leicht mit dem Zeigefinger an der Nasenspitze, was für seine Vertrauten ein sichtbares Zeichen von Verlegenheit war.

      »Es gibt ausgezeichnete Arten im Gewerbe des Schauspielers,« sagte er; »die Tragödie zum Beispiel, ist eine von den am wenigsten gefährlichen.«

      Banniére lächelte, als hätte ihn der Pater de la Sante einen Vorteil über sich gewinnen lassen.

      Ohne Zweifel sah der Pater de la Sante das Lächeln und deutete es, wie wir es gethan haben, denn er fügte rasch bei:

      »Ich spreche besonders von der lateinischen Tragödie.«

      »Ja, ja, Trauerspiele, wie Sie solche dichten; Trauerspiele wie Abrahams Opfer, zum Beispiel, Abrahami sacrificium.

      »Wie dieses, mein Sohn, oder wie mein anderes Trauerspiel, die Erben,« sagte der Jesuit, ein wenig errötend.

      »Ich kenne das letztere nicht, mein Vater.«

      »Ich werde es Ihnen geben, mein Sohn.«

      »Allerdings,« sprach der Noviz, »bei heiligen Tragödien, gedichtet in einer frommen, moralischen Absicht. . .«

      »Gespielt von jungen Leuten,« sagte der Pater de la Sante sich belebend, wie jeder Dichter, der von seinem Werke spricht, »mit Ausschluss jedes weltlichen Gefühls, das die Interpretation des andern Geschlechts notwendig macht.«

      »Solche Tragödien, mein Vater, sind übrigens keine Theaterstücke, sondern Gedichte,« versetzte Banniére.

      »Die ich nicht einmal jambisch machen wollte,« fuhr der Dichter-Jesuit fort, »aus Furcht, sie würden denen von Terenz und Seneca zu ähnlich sein. Was das Maß betrifft, mein Sohn, nun, ich glaube, daß solche Stücke, daß ähnliche Werke Gott eher angenehm, als unangenehm sein müssen.«

      »Es ist wahr,« rief Banniére, die Begeisterung des Dichters teilend, »es ist wahr. Die Rolle von Isaak ist sehr schön.«

      »Sie spielten Sie, wie mir scheint, mein Sohn.«

      »Ja, Sie hatten die Güte, mich unter allen meinen Kameraden auszuwählen.«

      »Als denjenigen, dessen Kopf sich am besten zu der Rolle schickte. Sie haben diese Rolle nicht schlecht gespielt, wissen Sie?«

      »Ach! mein Vater, es sind drei Jahre her; jetzt. . .«

      Banniére machte ein Zeichen mit dem Kopf, welches besagen wollte:

      »Jetzt wäre es etwas ganz Anderes.«

      »Und dann,« fuhr Banniére fort, »wie sollte man nicht gut Verse sprechen wie diesen:

      Si placet innocuo firmatum sanguine foedus, Jungere . . .«

      »In der Tat, Sie sagten diesen Vers nicht schlecht, doch jetzt sagen Sie ihn besser. Ah! Sie haben sich meine Bemerkung in Betreff des Wortes placet erinnert: Sie sprachen es schlecht aus. Sie sprachen es aus wie Einer vom Norden, und Sie sind doch im Gegenteil von . . .«

      »Von Toulouse, mein Vater.«

      »Ah! die Nordländer, sie spielen vielleicht gut die französische Tragödie, aber nie werden sie die lateinische Tragödie zu spielen verstehen. Für sie gibt es weder lange, noch kurze Silben, weder Vokale, noch Konsonanten; so, zum Beispiel, besteht placet aus zwei kurzen Silben, nicht wahr?«

      »Ja, mein Vater, da si placet einen Dactylus gibt.«

      »Nun denn! Sie sprachen placet aus, als ob pla lang wäre. Ich habe Ihnen eine Bemerkung hierüber gemacht, und Sie haben sich verbessert. Abraham machte auch einen ähnlichen Fehler in der Aussprache. Doch das begreift sich, er war von Rouen. Ah! es war bei der Anrufung:

      O qui terrarum spatia immensum Pelagusque Aeternis regis imperiis.

      »Erinnern Sie sich dieser Stelle?«

      »Et fulmine terras,« fuhr Banniére fort.

      »Oh! Sie haben ein gutes Gedächtnis,« rief der Jesuit entzückt.

      »Das ist nicht schwierig bei so bewunderungswürdigen Versen! Oh! die Rolle von Abraham war auch sehr schön; olle Rollen waren schön. Ich hätte gern alle Rollen spielen mögen.«

      »Es freut mich, daß Sie den ersten Vers behalten haben, dem es nicht an Größe mangelt,« sagte der Pater de la Sante, in seiner Dichtereitelkeit geschmeichelt; »die Behandlung der Cäsur beim dritten Fuß In einem Worte von drei langen ist originell und dem Pelagus que fehlt es nicht am Pittoresken.«

      »Es ist herrlich!«

      »Ich spreche nicht vom zweiten Verse als Komposition,« fuhr bescheiden der Dichter fort, »denn er ist von Virgil, und von ihm habe ich ihn einfach genommen, weil er mir anstand, und weil ich glaube, daß ich ihn nicht besser gemacht hätte. Doch um aus den Akzentuirungsfehler zurückzukommen, den der mit der Rolle von Abraham beauftragte junge Mann machte, er sprach regis; das gewiß aus zwei kurzen besteht und bedeutet: du befiehlst, als ob regis des Königs geheißen hätte, in welchem Falle es allerdings aus einer langen und aus einer schwebenden bestanden haben würde. . . Doch wir sind nun sehr weit vom Gegenstande unseres Gespräches entfernt,« sagte plötzlich der Dichter, der nach drei Jahren noch den Akzentuirungsfehler, welchen ihm die zwei Zöglinge gemacht, aus dem Herzen hatte. »Zum Glück lässt sich das entschuldigen: es ist eine so schöne Sache um einen schönen lateinischen Vers! Wir sagten also, so viel ich mich erinnern kann, es sei keine große Gefahr, ich möchte sogar behaupten, es sei gar keine Gefahr dabei, daß man lateinische Stücke spiele.«

      «Ja, mein Vater; doch der wackere Herr von Champmeslé, dessen Beichte Sie so eben gehört haben, spielt nicht lateinische Tragödie, sondern französische; er spricht nicht heilige Poesie, sondern profane.«

      »Das ist ein Fall, wie der selige große König sagte,« erwiderte der Pater de la Sante; »darum möchte ich nicht behaupten, der arme Teufel, indem er französische Tragödien spielt, sei im Zustande der Gnade; denn,« fügte der Jesuit den Kopf schüttelnd bei, »die französischen Tragödien sind ein sehr gefährdetes Genre, seitdem sich der abscheuliche Arouet darein gemischt hat.«

      Bei diesen Worten durchlief ein Schauer den ganzen Leib des Novizen, und er fuhr rasch mit seiner Hand nach seiner Tasche, um sich zu versichern, daß Ihn diese nicht verraten werde.

      Aller Wahrscheinlichkeit nach ging das Gefühl, das sich des Novizen bemächtigt hatte, unbemerkt für den Pater de la Sante vorüber, denn er sprach weiter:

      »Ah! das ist Einer, dieser Herr Arouet von Voltaire, der sich sicherlich nicht im Zustande der Gnade befindet. Und dennoch,« fügte er seufzend bei, »was für ein hübscher Jesuit wäre er, mit Hilfe des Pater Porée geworden, dieser Schurke Arouet!«

      Banniére wäre beinahe rückwärts gefallen, als er die fayenceblauen Augen des Pater de In Sante sich beleben und seine grauen Augenbrauen sich sträuben sah.

      Diesmal war sein Schrecken so sichtbar, daß er die Aufmerksamkeit des Jesuiten erregte, der wie von einem plötzlichen Lichte erleuchtet wurde,

      »Aber Sie,« sprach er ungestüm zu dem Novizen, Sie, von dem wir nichts sagen, sollten Sie zufällig an die Tragödie denken?«

      »Sie vergessen nicht, mein. Vater, daß Sie mir die Rolle des Isaak zugeteilt haben,« erwiderte Banniére schüchtern.

      »Ja; doch in Abrahams Opfer, in einem lateinischen Trauerspiel; das ist es auch nicht, was ich sagen will.«

      »Mein Vater . . .«

      »Sollten Sie an die französische Tragödie denken?«

      «Ah! mein Vater,« rief der Noviz. »Sie sind immer zu gut gegen mich gewesen, als daß es mir je einfallen sollte, Sie zu belügen.«

      »Mendax omnis homo!«

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