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thut es, mag es brennen! Das ist auch kein Uebel! Immer noch besser als . . .

      – Nun, ich will doch sehen, ob Sie wohl noch ebenso sprechen, wenn Sie sich, auch nur ein Mal, tüchtig verbrannt haben werden, unterbrach sie ärgerlich Michael Michailitsch, und schlug mit den Zügeln aus sein Pferd.

      – Leben Sie wohl!

      – Michael Michailitsch, warten Sie! rief Alexandra Pawlowna: – wann sehen wir Sie bei uns?

      – Morgen; grüßen Sie Ihren Bruder.

      Und die Droschke rollte davon.

      Alexandra Pawlowna sah Michael Michailitsch nach. »Ein wahrer Mehlsack!« dachte sie. Zusammengebückt, staubbedeckt, mit der in den Nacken geschobenen Mütze, unter welcher unordentliche Büschel gelben Haares hervorguckten, war er in der That einem großen Mehlsacke ähnlich.

      Langsam kehrte Alexandra Pawlowna auf dem Wege nach Hause zurück. Gesenkten Blickes schritt sie dahin, als der Hufschlag eines Pferdes in der Nähe sie zwang, stehen zu bleiben und den Blick zu erheben . . . Ihr entgegen ritt ihr Bruder; neben ihm schritt ein junger Mann, mittleren Wuchses, in aufgeknöpftem, dünnen Röckchen, schmalem Halstüchelchen, und leichtem grauen Hute, mit einem Spazierstöckchen in der Hand. Schon von Weitem lächelte er Alexandra Pawlowna entgegen, obgleich er wohl sah, daß sie in Gedanken versunken einherging, ohne auf irgend etwas Acht zu haben. Sie bemerkte ihn erst, als er zu ihr heran trat, und freudig, fast zärtlich sagte:

      – Guten Morgen, Alexandra Pawlowna, guten Morgen!

      – Ah! Constantin Diomiditsch! guten Tag! antwortete sie. – Sie kommen von Darja Michailowna?

      – Gewiß, gewiß, rief mit strahlendem Gesichte der junge Mann: – von Darja Michailowna. Sie hat mich zu Ihnen geschickt; ich habe es vorgezogen zu Fuß zu kommen . . . Der Morgen ist so wunderschön, es sind im Ganzen nur vier Werst bis hierher. Ich komme – finde Sie nicht zu Hause. Ihr Bruder sagt mir, sie seien nach Semenowka gegangen, er selbst war im Begriff aufs Feld zu reiten; so bin ich denn mit ihm gegangen, Ihnen entgegen. Ja wohl. Wie herrlich!

      Der junge Mann sprach russisch, rein und grammatikalisch richtig, jedoch mit einem fremden Accent, dessen Abstammung schwer zu bestimmen war. In seinen Gesichtszügen lag etwas asiatisches. Die lange gebogene Nase, die großen hervortretenden starren Augen, die dicken rothen Lippen, die eingedrückte Stirn, das pechschwarze Haar, – Alles an ihm bekundete die orientalische Abkunft.

      Sein Name war Pandalewski und als seine Heimath gab er Odessa an, obgleich er irgendwo in Weißrußland auf Kosten einer wohlthätigen und reichen Wittwe erzogen worden war. Eine andere Wittwe hatte ihm eine Anstellung ausgewirkt. Ueberhaupt begünstigten ihn vorzugsweise Frauen reiferen Alters: er verstand es, von ihnen zu erlangen, was er wollte.

      Auch in gegenwärtigem Augenblicke lebte er bei einer; reichen Gutsbesitzerin, Darja Michailowna Laßunski, als Pflegesohn oder Kostgänger. Er war überaus freundlich, dienstbereit, gefühlvoll und im Geheimen sinnlich, hatte eine angenehme Stimme, spielte nicht schlecht Klavier und pflegte Jedermann, mit dem er sprach, starr anzublicken. Seine Kleidung war sehr sauber und hielt bei ihm lange vor, sein breites Kinn war sorgfältig rasirt und sein Haar stets glatt gekämmt.

      Alexandra Pawlowna hörte seine Anrede bis zu Ende an und wandte sich daraus zu ihrem Bruder.

      – Heute begegne ich Einem nach dem Andern; soeben habe ich Leschnew gesprochen.

      – Ah! wirklich!

      – Ja; und denke nur, er fuhr auf einer Reitdroschke, in einem linnenen Sackkittel, ganz von Staub bedeckt . . . Ein wahrer Sonderling!

      – Mag sein! er ist aber ein prächtiger Mensch.

      – Was? Herr Leschnew? fragte Pandalewski verwundert.

      – Nun, Michael Michailitsch Leschnew, erwiederte Wolinzow. – Indessen, lebe wohl, Schwester: ich muß jetzt auf’s Feld; es wird bei Dir Buchweizen gesäet. Herr Pandalewski wird Dich nach Hause begleiten.

      Und Wolinzow trabte davon.

      – Mit dem größten Vergnügen! rief Constantin Diomiditsch und bot Alexandra Pawlowna seinen Arm.

      Sie reichte ihm den ihrigen, und Beide schlugen den Weg zum herrschaftlichen Hause ein.

* * *

      Arm in Arm mit Alexandra Pawlowna zu wandeln erfüllte, wie es schien, Constantin Diomiditsch mit Glück und Stolz; er machte nur kurze Schritte, lächelte mit Behagen, und seine morgenländischen Augen wurden feucht, was übrigens bei ihm nicht selten vorkam: es kostete ihm wenig, gerührt zu werden und eine Thräne fallen zu lassen. Und wem wäre es wohl nicht angenehm, ein hübsches, junges und schmuckes Weib am Arme zu führen? Von Alexandra Pawlowna sagte das ganze . . .sche Gouvernement, sie sei reizend, und das . . . sche Gouvernement täuschte sich nicht. Schon ihr gerades, unmerklich aufgeworfenes Näschen konnte jeden Sterblichen um den Verstand bringen, wie viel mehr die sammetweichen, braunen Augen, das goldblondene Haar, und die Grübchen auf den vollen Wangen, ihrer vielen anderen Vorzüge gar nicht zu gedenken. Das Beste an ihr war jedoch der Ausdruck ihres lieblichen Gesichts: durch Zutraulichkeit, Treuherzigkeit und Sanftmuth rührte und zog es an. Alexandra Pawlowna hatte den Blick und das Lachen eines Kindes; die Damen ihres Standes fanden sie etwas einfach . . . Ließ sich wohl Mehr wünschen?

      – Darja Michailowna hätte Sie zu mir geschickt, sagten Sie? fragte sie Pandalewski.

      – Gewiß- sie haben mich hergeschickt, erwiederte er, und er sprach dabei den Buchstaben s, wie die Engländer das th aus: – sie wünschten durchaus und lassen inständigst ersuchen, Sie wollten sie heute zu Mittag besuchen. Sie erwarteten einen neuen Gast (Pandalewski, wenn er von einer dritten Person redete, gebrauchte in der Regel die Mehrzahl): – und wünschten durchaus, daß Sie dessen Bekanntschaft machen.

      – Wer ist das?

      – Ein gewisser Muffel, ein Baron, Kammerjunker aus Petersburg. Darja Michailowna haben ihn unlängst, beim Fürsten Garin kennen gelernt, und sind des Lobes über ihn voll, als über einen liebenswürdigen und gebildeten jungen Mann. Der Herr Baron beschäftigen sich auch mit Literatur, oder richtiger gesagt . . . ach, was für ein reizender Schmetterling! bitte, betrachten Sie . . . oder richtiger gesagt, mit politischer Oekonomie. Er hat einen Aufsatz über eine sehr interessante Frage geschrieben – und wünscht ihn dem Urtheil von Darja Michailowna zu unterwerfen.

      – Einen Aufsatz über politische Oekonomie?

      – Ja Bezug auf den Styl, Alexandra Pawlowna, in Bezug aus den Styl. Es ist Ihnen wohl, denke ich, bekannt, daß Darja Michailowna auch hierauf sich versteht- Schutowski hat sie zu Rathe gezogen und mein Wohlthäter, der in Odessa lebende hochehrenwerthe, großwürdige Roxolan Mediarowitsch Xandrika . . . Der Name dieses Mannes ist Ihnen gewiß bekannt?

      – Ganz und gar nicht, ich habe ihn noch nie gehört.

      – Haben von diesem Manne nichts gehört? Merkwürdig! Ich wollte sagen, daß auch Roxolan Mediarowitsch jederzeit eine hohe Meinung von den Kenntnissen Darja Michailowna’s in der russischen Sprache gehabt hat.

      – Ist jener Baron nicht ein Pedant? fragte Alexandra Pawlowna.

      – Nicht im Geringstem Darja Michailowna sagen, im Gegentheil, man erkenne in ihm sogleich den Mann von Welt. Von Beethoven hat er mit solcher Beredsamkeit gesprochen, daß sogar den alten Fürsten Entzücken überkam . . . Das, muß ich gestehen, hätte ich gern mit angehört: das schlägt ja in mein Fach. Darf ich Ihnen dieses herrliche Feldblümchen anbieten?

      Alexandra Pawlowna nahm das Blümchen und ließ es, einige Schritte weiter, auf den Weg fallen . . . Bis zu ihrem Hause hatte sie noch etwa zweihundert Schritte, nicht mehr. Vor Kurzem gebaut und weiß getüncht, schaute es mit seinen breiten hellen Fenstern einladend aus dem dichten Laube alter Linden und Ahornbäume hervor.

      – Was hätte ich also Darja Michailowna zu hinterbringen, begann Pandalewski von Neuem, ein wenig beleidigt durch das Schicksal, welches sein Blümchen betroffen hatte: – werden Sie sich zum Mittage hin bemühen? Darja Michailowna lassen Ihren Bruder auch einladen.

      – Ja, wir werden kommen, ganz bestimmt.

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