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nun wieder in gewohnter Weise beschallt wurde. Der Regen meldete sich mit einem kräftigen Guss zurück. Lisa spannte ihren Schirm auf und wir gingen nachhause.

      „Hast du für mich mit gebetet?“, fragte ich sie behutsam.

      „Eigentlich habe ich nur für dich gebetet. Damit Gott dich wieder heil zu mir bringt, Caspar!“

      „Schön. Darf ich jetzt mit dir über das schöne grüne Kleid reden, dass am Tag des Unglücks kaputt gegangen ist?“

      „Das Kleid ist längst wieder heil, Caspar. Da brauchen wir nicht mehr darüber zu reden. Nun las uns schnell zurückgehen, das Essen ist sicher bald fertig. Wir wollen Josephine doch nicht warten lassen.“

      Der Regen hatte wieder frische Luft in die Stadt transportiert. Die älteren Bewohner der Katharinenstraße atmeten an ihren Fenstern tief durch und erholten sich vom Stadtmief der letzten Tage. Geradewegs fuhr Jacob mit Vater und Onkel Clemens uns entgegen.

      „Ist das Schiff vollends beladen?“, wollte ich gleich wissen und Jacob antwortete mir:

      „Bis auf den frischen Proviant, der morgen angeliefert wird, ist alles an Bord. Wann gibt es Essen?“

      „Wir waren eben in der Kirche, aber Josephine war davor schon ziemlich weit, mit den Vorbereitungen. Eigentlich müsste es gleich losgehen, Jacob.“ Vater, Onkel Clemens und Lisa gingen ins Haus, Jacob und ich spannten die Pferde im Hinterhof aus. Wir versorgten die Tiere und stellten die Kutsche in den Anbau des Stalls. Dann gingen wir in das Haus. Der große Esstisch, der in der Diele stand, war schon gedeckt und alle versammelten sich dort. Josephine hatte bereits zu Tisch gebeten. Hinrich holte einen guten Tropfen aus dem Keller, den die Kocks aus La Rochelle mitbrachten. Meine Mutter zündete die Kerzen des großen Tischleuchters an und Lisa kam mit der Vorspeise aus der Küche. Tante Nathalie saß bereits am Tisch und strahlte mit ihren großen Augen. Auch für sie war es ein besonderer Tag. Ihren, bis jetzt einzigen Sohn, auf eine lange Reise zu schicken, fiel ihr auch nicht leicht. Sie verdrängte mit der Noblesse einer französischen Dame ihr Unbehagen. Bei allen Gefahren, die der Walfang mit sich brachte, glaubte sie fest an ein gutes Gelingen. Tante Nathalies Zuversicht sah man ihr jetzt ganz deutlich an. Sie freute sich offensichtlich, nochmals die ganze Familie beisammen zu sehen. Onkel Clemens und Vater sahen auch zufrieden aus. Sie hatten das Schiff gerüstet und konnten den restlichen Tag mit der Familie verbringen. Auch Onkel Clemens` Schiff war bereits beladen. Sie fuhren am nächsten Tag nach La Rochelle zurück. Josephine kam mit Konstanze aus der Küche und wir konnten mit dem Essen beginnen. Jacob erzählte von der ersten Fahrt der Konstanze. Er hatte das gleiche Funkeln in seinen Augen, wie seine Mutter zuvor. Es regnete nicht mehr und die Sonne versuchte ihren Schein durch die Dielenfenster zu schicken. Die dicken Wassertropfen an den Fensterscheiben störten das Vorhaben gewaltig. Josephine kochte für uns Elblachs, nach einem alten Familienrezept. Hinrich öffnete dazu einen Weißwein aus dem Loire-Tal. Er hatte sich von dem Unglück gut erholt und war nur noch etwas entkräftet. Oder waren das die Folgen der Verlobung? Ich weiß es nicht, ich war noch nicht verlobt.

      Nun erhob mein Vater das Glas und sagte ein paar feierliche Worte:

      „Liebe Familie! Ich empfinde diese Tage, vom Schiffsunglück mal abgesehen, als die glücklichsten Tage, seit langer Zeit. Ich bin unheimlich stolz auf euch Kinder, die alle am Fortkommen von Kock & Konsorten kräftig mitarbeiteten. Caspars Geschick seine Eltern zu überrumpeln, soll auch nicht unerwähnt bleiben. Ich hoffe Caspar, du wirst nicht enttäuscht sein vom entbehrungsreichen, kargen Leben auf See. Clemens, deine Familie hat uns wieder einmal viel Freude bereitet. Kommt bitte bald wieder und dann kommt zu viert! Wir wollen euch auch besuchen kommen. Lieber Jacob, auch dir wünsche ich, dass du nicht von der Seefahrt ins Eismeer enttäuscht sein wirst. Bitte komme auch du gesund wieder. Clemens und ich haben für den besten Proviant gesorgt, der jemals auf einem Walfänger verladen wurde, entgegen allen Gepflogenheiten. Der Koch hat die Anweisung, die Lagerhaltung des Proviants täglich zu kontrollieren. Damit nichts verdirbt, oder möglichst nur wenig schlecht wird. Eure Reise dauert nur 3 Monate, üblich sind sonst 6 Monate. Aufgrund der kürzeren Reisedauer werdet ihr dort nicht verhungern. Und eure Mütter sind beruhigt!“

      Das war es also! Die Beiden hatten sich die Proviantgeschichte ausgedacht, um ihre Frauen zu besänftigen. Anschließend widmeten wir uns dem köstlichen Mahl. Josephine war eine gute Köchin. Sie hat uns schon oft verzaubert. Ihr wahres Talent ist aber die Buchführung in unserem Kontor. Sie kennt keine Rechenfehler und hat eine Schrift, wie von Gutenberg persönlich gedruckt. Josephine verbrachte viel Zeit mit Jacob und ihre Freunde mussten in dieser Woche weitgehend auf sie verzichten. Jacob und Josephine mochten sich sehr. Wenn da nur nicht die Verwandtschaft wäre. Am frühen Abend war das Mahl beendet. Vater bat Jacob und mich in das Kontor. Er schenkte einen braunen Rum aus und schwor uns ein, auf den Walfang und unsere Aufgaben an Bord. Wir werden Teilnehmer der Offiziersmesse sein und bekamen Entscheidungsspielraum bei wirtschaftlichen Fragen zum Wohl der Kompanie. Das war auch mit Kapitän Broder so besprochen worden. Vater gab sich wirklich Mühe, allen gerecht zu werden.

      Hinrich klopfte an die Tür und fragte: „Wollen wir alle heute Abend ins Blockhaus gehen?“ Jacob und ich nickten und Vater beendete die Runde. Ich brauchte jetzt nach dem guten Essen dringend frische Luft und Bewegung. Wir richteten uns ein bisschen her und gingen zu Fuß zum Blockhaus in den Hafen. Unsere Eltern wollten zum Jungfernstieg in ein Kaffeehaus. Große aufgetürmte Wolken, aus dem Westen kommend, versteckten die Abendsonne. Am Hafen stritten sich die Möwen um die Fischabfälle, die im Hafenbecken schwammen. Die Möwen eskortieren die Fischerboote schon, wenn sie in den Hafen einliefen, um die Fänge zu löschen. Auch dann fallen für die Möwen Fischreste ab, da bereits der Fang an Bord sortiert wurde. Es waren wieder malende Künstler auf der Brookbrücke, die die Abendstimmung des Hafens auffangen wollten. Wir passierten die Kehrwiederstrasse und sahen gegenüber liegend die Konstanze. Kapitän Broder hatte eine Bordwache eingesetzt, da das Schiff beladen und reisefertig war. Zwei Matrosen gingen an Deck auf und ab. Die Bastionen Georgius und Hermannus, die den Abschluss der Kehrwiederspitze bildeten, waren heute von Soldaten der Stadtwache besetzt. Sie patrouillierten auf dem Wall und beobachteten die Elbe. Hinrich fragte einen Soldaten warum die Wachen verstärkt wurden.

      „Es rücken große dänische Verbände auf Altona zu!“, antwortete der Wachsoldat. Josephine erschrak lauthals: „Was bedeutet das?“

      „Machen sie sich keine Sorgen, junge Frau. Das will nicht unbedingt etwas bedeuten. Es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, dass wir hier den Wall verstärken“, ergänzte der Soldat. Wir gingen über den Holzdamm zum Blockhaus. Viele Neugierige drängten sich auf der Aussichtsplattform und blockierten so die Tische. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir einen Tisch ergattern konnten. Eine nachdenkliche Stimmung unter uns veranlasste mich, zügig einen Krug Wein zu bestellen. Aus dem Inneren des Blockhauses ertönte Musik und die Leute erinnerten sich daran, warum sie her gekommen waren. Konstanze erklärte Jacob das gelegentliche Säbelrasseln des dänischen Königs. Er war als Franzose mit den regionalen Problemen nicht so sehr vertraut. Dann aber besannen wir uns auf den Abschied, da wir morgen losfahren und tranken unseren Wein. Jacob erzählte von den Gasthäusern in La Rochelle. Dabei wurde deutlich, dass die beiden Hafenstädte viel gemeinsam hatten. Beide Städte brachten es durch Handel und Seeschifffahrt im Mittelalter zu Wohlstand und beide Städte pflegten alte Traditionen und Handelsbräuche. Erster französischer Hafen des Kolonialverkehrs war Le Havre an der Seine Mündung. Seine Nähe zu Paris und des direkten Transportweges der Seine, machen den Hafen von Le Havre zum Zentrum des Warenumschlages. La Rochelle besetzte da nur ein paar Nischen. Hamburg war für die Deutschen der wichtigste Hafen, selbst für Preußen im Überseehandel. Nachdem wir die Heimatstädte verglichen hatten, gingen wir ins Innere des Blockhauses zum Tanz. Josephine traf ein paar Freunde im Blockhaus, wie so oft, wenn wir mit ihr unterwegs waren. Sie verabschiedete sich aber früh aus unserer Runde und Jacob wurde auch plötzlich sehr müde. Hinrich, Konstanze, Lisa und ich blieben noch bis in die Nacht. Das Lokal schloss und wir machten uns auf den Heimweg. An der Brookbrücke trennten wir uns von Hinrich und Konstanze. Lisa und ich gingen zum Schaarmarkt. Lisa war traurig und wir standen noch 1 Stunde eng umschlungen vor ihrer Haustür. Ich wäre heute Nacht gerne bei ihr geblieben. Also blieb ich mit ihr vor der Tür stehen, bis die Vögel piepten und uns daran erinnerte,

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