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ist allein – und was kann mir bei jeder Gelegenheit anders einfallen als Karoline? Die Augenblicke sind kostbar, schönes, angenehmes Kind! Gestehen Sie mir, sagen Sie mir, dass Sie mich lieben. (Will sie umarmen.)

      Karoline.

      Noch einmal, Herr Baron! Lassen Sie mich, und verlassen Sie dieses

      Haus!

      Baron. Sie haben versprochen, mich so bald als möglich zu sehen, und wollen mich nun entfernen?

      Karoline.

      Ich habe versprochen, morgen früh mit Sonnenaufgang in dem Garten zu sein, mit Ihnen spazieren zu gehen, mich Ihrer Gesellschaft zu freuen.

      Hieher hab' ich Sie nicht eingeladen.

      Baron.

      Aber die Gelegenheit —

      Karoline.

      Hab' ich nicht gemacht.

      Baron.

      Aber ich benutze sie; können Sie mir es verdenken?

      Karoline.

      Ich weiß nicht, was ich von Ihnen denken soll.

      Baron.

      Auch Sie – lassen Sie es mich frei gestehen – auch Sie erkenne ich nicht.

      Karoline.

      Und worin bin ich mir denn so unähnlich?

      Baron.

      Können Sie noch fragen?

      Karoline.

      Ich muss wohl, ich begreife Sie nicht.

      Baron.

      Ich soll reden?

      Karoline.

      Wenn ich Sie verstehen soll.

      Baron.

      Nun gut. Haben Sie nicht seit den drei Tagen, die ich Sie kenne, jede

      Gelegenheit gesucht, mich zu sehen, und zu sprechen?

      Karoline.

      Ich leugne es nicht.

      Baron.

      Haben Sie mir nicht, sooft ich Sie ansah, mit Blicken geantwortet?

      Und mit was für Blicken!

      Karoline (verlegen).

      Ich kann meine eignen Blicke nicht sehen.

      Baron. Aber fühlen, was sie bedeuten. – Haben Sie mir, wenn ich Ihnen im Tanze die Hand drückte, die Hand nicht wieder gedrückt?

      Karoline.

      Ich erinnere mich's nicht.

      Baron.

      Sie haben ein kurzes Gedächtnis, Karoline. Als wir unter der Linde drehten, und ich Sie zärtlich an mich schloss, damals stieß mich

      Karoline nicht zurück.

      Karoline. Herr Baron, Sie haben sich falsch ausgelegt, was ein gutherziges, unerfahrnes Mädchen —

      Baron.

      Liebst du mich?

      Karoline.

      Noch einmal, verlassen Sie mich! Morgen frühe —

      Baron.

      Werde ich ausschlafen.

      Karoline.

      Ich werde Ihnen sagen —

      Baron.

      Ich werde nichts hören.

      Karoline.

      So verlassen Sie mich.

      Baron (sich entfernend).

      O, es ist mir leid, dass ich gekommen bin.

      Karoline (allein, nach einer Bewegung, als wenn sie ihn aufhalten wollte). Er geht, ich muss ihn fortschicken, ich darf ihn nicht halten. Ich liebe ihn und muss ihn verscheuchen. Ich war unvorsichtig und bin unglücklich. Weg sind meine Hoffnungen auf den schönen Morgen, weg die goldnen Träume, die ich zu nähren wagte. O, wie wenig Zeit braucht es, unser ganzes Schicksal umzukehren!

      Vierter Auftritt

      Karoline. Breme.

      Karoline.

      Lieber Vater, wie geht's? Was macht der junge Graf?

      Breme.

      Es ist eine starke Kontusion; doch ich hoffe, die Läsion soll nicht gefährlich sein. Ich werde eine vortreffliche Kur machen, und der

      Herr Graf wird sich künftig, sooft er sich im Spiegel besieht, bei der

      Schmarre mit Achtung seines geschickten Chirurgi, seines Breme von

      Bremenfeld erinnern.

      Karoline.

      Die arme Gräfin! Wenn sie nur nicht schon morgen käme.

      Breme. Desto besser! Und wenn sie den übeln Zustand des Patienten mit Augen sieht, wird sie, wenn die Kur vollbracht ist, desto mehr Ehrfurcht für meine Kunst empfinden. Standespersonen müssen auch wissen, dass sie und ihre Kinder Menschen sind; man kann sie nicht genug empfinden machen, wie verehrungswürdig ein Mann ist, der ihnen in ihren Nöten beisteht, denen sie wie alle Kinder Adams unterworfen sind, besonders ein Chirurgus. Ich sage dir, mein Kind, ein Chirurgus ist der verehrungswürdigste Mann auf dem ganzen Erdboden. Der Theolog befreit dich von der Sünde, die er selbst erfunden hat; der Jurist gewinnt dir deinen Prozess und bringt deinen Gegner, der gleiches Recht hat, an den Bettelstab; der Medikus kuriert dir eine Krankheit weg, die andere herbei, und du kannst nie recht wissen, ob er dir genutzt oder geschadet hat: Der Chirurgus aber befreit dich von einem reellen Übel, das du dir selbst zugezogen hast, oder das dir zufällig und unverschuldet über den Hals kommt; er nutzt dir, schadet keinem Menschen, und du kannst dich unwidersprechlich überzeugen, dass seine Kur gelungen ist.

      Karoline.

      Freilich auch, wenn sie nicht gelungen ist.

      Breme. Das lehrt dich den Pfuscher vom Meister unterscheiden. Freue dich, meine Tochter, dass du einen solchen Meister zum Vater hast: Für ein wohl denkendes Kind ist nichts ergötzlicher, als sich seiner Eltern und Großeltern zu freuen.

      Karoline (sie nachahmend).

      Das tu' ich, mein Vater.

      Breme (sie nachahmend). Das tust du, mein Töchterchen, mit einem betrübten Gesichtchen und weinerlichen Tone. – Das soll doch wohl keine Freude vorstellen?

      Karoline.

      Ach, mein Vater!

      Breme.

      Was hast du, mein Kind?

      Karoline.

      Ich muss es Ihnen gleich sagen.

      Breme.

      Was hast du?

      Karoline.

      Sie wissen, der Baron hat diese Tage her sehr freundlich, sehr zärtlich mit mir getan; ich sagt' es Ihnen gleich und fragte Sie um

      Rat.

      Breme.

      Du bist ein vortreffliches Mädchen! Wert, als eine Prinzessin, eine

      Königin aufzutreten.

      Karoline. Sie rieten mir, auf meiner Hut zu sein, auf mich wohl Acht zu haben, aber auch auf ihn; mir nichts zu vergeben, aber auch ein Glück, wenn es mich aufsuchen sollte, nicht von mir zu stoßen. Ich habe mich gegen ihn betragen, dass ich mir keine Vorwürfe zu machen habe; aber er —

      Breme.

      Rede, mein Kind, rede!

      Karoline.

      O, es ist abscheulich. Wie frech, wie verwegen! —

      Breme. Wie? (Nach einer Pause.) Sage mir nichts, meine Tochter, du kennst mich, ich bin eines hitzigen Temperaments, ein alter Soldat; ich würde mich nicht fassen können, ich würde einen tollen Streich machen.

      Karoline. Sie können es hören, mein Vater, ohne zu zürnen; ich darf es sagen, ohne rot zu werden. Er hat meine Freundlichkeit übel ausgelegt, er hat sich in

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