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in anderer Sache die Wohnung des Zeugen (Schuldners) gegen dessen Willen zum Zweck der Pfändung zu durchsuchen[76].

      8.24

      Zu einer Ausdehnung des Richtervorbehaltes auf andere Formen gewaltsamer Vollstreckung, z.B. Taschenpfändung außerhalb der Wohnung des Schuldners, besteht keinerlei Anlass[77]. Mangels gesetzlicher Grundlage darf der GV jedoch in den Räumen eines Dritten gegen dessen Willen eine Taschenpfändung beim Schuldner nicht vornehmen[78]; auch eine richterliche Erlaubnis[79] könnte insoweit nicht ergehen[80]. Um den Geldinhalt eines in einer Gastwirtschaft aufgestellten Automaten des Schuldners pfänden zu können, zu dem der Wirt den Zutritt verweigert, muss der Gläubiger das Zugangsrecht des Schuldners pfänden und gegebenenfalls vorher einklagen[81].

      8.25

      Bei Gefahr im Verzuge (§ 758a Abs. 1 S. 2) kann der GV die Durchsuchung auch ohne richterliche Anordnung durchführen (Art. 13 Abs. 2 GG). Der verfassungsrechtliche Begriff „Gefahr im Verzug“ ist eng auszulegen, wobei richterlich angeordnete Durchsuchung den Regelfall darstellt und nichtrichterliche Durchsuchung die Ausnahme[82]. Gefahr im Verzuge liegt nach Ansicht des BVerfG vor, wenn die vorherige Einholung der richterlichen Erlaubnis den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde[83], eine Formulierung, die der § 758a Abs. 1 S. 2 i.d.F. der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle 1999 wörtlich übernommen hat. Allgemeine Befürchtungen genügen insoweit nicht, es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen (Beispiel: bevorstehender Wegzug ins Ausland[84]). Die bloße Durchsuchungsverweigerung ohne nähere Begründung kann schwerlich ausreichen[85]. Nachdem für den dinglichen Arrest (§ 917) bzw. die e.V. (§ 935) schon die wesentliche Erschwerung der Urteilsvollstreckung genügt, wird man kaum sagen können, sie gestatteten wegen „Gefahr im Verzuge“ stets implizit die Durchsuchung; oft wird für die richterliche Anordnung Zeit genug sein[86]. Die Entscheidung darüber, ob Gefahr im Verzuge besteht, trifft der GV (Rechtsbehelf: § 766)[87].

      8.26

      Neben die inhaltlichen Streitfragen treten Verfahrensfragen. Orientierung für die Gestaltung des Verfahrens zur Erteilung der Durchsuchungsanordnung gab ursprünglich der inzwischen aufgehobene § 761 a.F.[88], nunmehr enthält die Regelung im § 758a einige wichtige Anhaltspunkte.

      8.27

      Zuständig ist gemäß § 758a Abs. 1 S. 1 das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll (Richtervorbehalt)[89]. Der Antrag des Gläubigers unterliegt seit 1.03.2013 einem Formularzwang (§ 758 a Abs. 6 i.V.m. § 1 ZVFV – Anlage 1)[90].

      Nach wohl h.M. ist der vorsorglich gestellte Antrag auf Erlass einer Durchsuchungsanordnung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, d.h. der Gläubiger muss zuerst die gütliche Vollstreckung ohne richterliche Anordnung unter Belehrung über das Weigerungsrecht versuchen lassen[91], was dem Schuldner u.U. ein Moratorium verschafft[92]. Der Weigerung des Schuldners (bzw. einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person[93] oder eines Angestellten[94]) soll es gleichstehen, wenn er in seiner Wohnung vom GV wiederholt nicht angetroffen worden ist[95]. So wird etwa gefordert, der GV müsse mindestens zwei erfolglose Besuche unternommen haben, davon einen nach schriftlicher Ankündigung[96] oder zu einer Zeit, in der sich auch Berufstätige zu Hause aufhalten können[97]. Vor diesen Vollstreckungsversuchen muss der Titel nicht zugestellt sein (s. § 750 Abs. 1: Grundsätzlich genügt Gleichzeitigkeit)[98], spätestens aber vor Erlass der Durchsuchungsanordnung[99].

      Den Antrag auf richterliche Anordnung muss der Gläubiger stellen, der Gerichtsvollzieher muss dies von sich aus nur in Eilfällen[100]; die h.M. verneint eine Pflicht des GV.s (s. nunmehr § 61 Abs. 3 GVGA)[101], häufig wird auch bestritten, dass der Gläubiger den GV zur Antragstellung ermächtigen könne[102].

      Die Anhörung des Schuldners erübrigt sich nur bei Gefährdung des Vollstreckungszwecks[103]. Das BVerfG gesteht der Praxis aber zu, insoweit allgemeine Erfahrungssätze berücksichtigen zu können[104], sodass das Amtsgericht in Ermangelung besonderer Umstände nicht gehindert sein dürfte, von vorheriger Anhörung abzusehen[105]. Richtig ist, dass der Richter von den Weigerungsgründen des Schuldners regelmäßig über das vom GV aufzunehmende (s. § 63 GVGA) – und mit dem Antrag auf Erteilung einer Durchsuchungsanordnung jedenfalls zweckmäßigerweise vorzulegende[106] – Protokoll erfährt. Ersetzen kann dieser Ablauf eine gebotene richterliche Anhörung freilich nicht[107].

      Eine Zustellung der Durchsuchungsanordnung ist nicht erforderlich; es genügt, dass der GV sie bei der Vollstreckung vorzeigt, § 758a Abs. 5.

      8.28

      Die richterliche Erlaubnis bezieht sich jeweils nur auf die genannte(n) Wohnung(en) und muss diese hinreichend bestimmt bezeichnen[108]; bei einem Wohnungswechsel ist eine neue Anordnung notwendig[109]. Sie schließt die Befugnis zur Abholung gepfändeter Gegenstände ein[110], gestattet aber nicht die Versteigerung gepfändeter Sachen in den Räumen des Schuldners[111]. Häufig wird die Durchsuchungsanordnung für einen begrenzten Zeitraum (z.B. drei Monate) erteilt[112]. Nach der Rechtsprechung des BVerfG verliert eine Durchsuchungsanordnung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach 6 Monaten ihre Wirkung[113]. Die Erlaubnis gemäß § 758a Abs. 4 wird nicht ersetzt („besondere Anordnung“)[114]. Ein Anwesenheitsrecht des Gläubigers bei der Vollstreckung in der Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen ist abzulehnen[115]. Die ZPO kennt es nicht; für eine dahingehende richterliche Anordnung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Zwar ist davon auszugehen, dass eine Durchsuchungsanordnung auch den vom GV hinzugezogenen Hilfspersonen (s. etwa §§ 758 Abs. 3, 759) Zutritt zur Wohnung des Schuldners gewährt. Das praktische Bedürfnis für die Hinzuziehung des Gläubigers ist jedoch dadurch nicht gedeckt, weil der Gläubiger nicht Hilfsperson oder Zeuge im Sinne dieser Vorschriften ist (s.a. Rn. 6.34). Die in diesem Zusammenhang häufig genannte Identifizierung einer herauszugebenden Sache kann deshalb u.U. nicht mittels Gläubigerhilfe erfolgen, sondern nur auf Grund einer genauen Fassung des zu vollstreckenden Titels.

      8.29

      Wird die Durchsuchungsanordnung ohne Anhörung erlassen und erachtet man die Durchsuchungsanordnung (zutreffend) einer Vollstreckungshandlung eines Vollstreckungsgerichts gleich, ist entsprechend der bislang h.M. (s. Rn. 43.4) Vollstreckungserinnerung gegeben[116]. Anders, wenn man diese Parallele nicht zieht, aber immerhin noch eine Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren bejaht: § 793[117]. Die grundsätzliche Statthaftigkeit eines einfachrechtlichen Rechtsbehelfs des Schuldners gegen die Durchsuchungsanordnung entspricht einem Verfassungsgebot (Art. 19 Abs. 4 GG)[118]. Von beiden Standpunkten aus kommt man zur sofortigen Beschwerde (§ 793), wenn die beantragte Anordnung abgelehnt wurde oder nach vorheriger Anhörung erging[119]. Eine „verbrauchte“ Durchsuchungsanordnung ist anfechtbar, sofern sich dafür ein Rechtsschutzbedürfnis feststellen lässt, wie das BVerfG im Fall unterbliebener vorheriger Anhörung aufgrund tiefgreifenden Grundrechtseingriffs nunmehr grundsätzlich annimmt[120]; Rechtsbehelfen gegen strafverfahrensrechtliche Durchsuchungsanordnungen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls trotz Vollziehung grundsätzlich nicht[121]. – Gegen Vollstreckungsmaßnahmen des GV.s bei fehlender Anordnung oder beschwerendem Vorgehen ist Erinnerung möglich (§ 766)[122].

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