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Recht im E-Commerce und Internet. Jürgen Taeger
Читать онлайн.Название Recht im E-Commerce und Internet
Год выпуска 0
isbn 9783800594115
Автор произведения Jürgen Taeger
Серия Kommunikation & Recht
Издательство Bookwire
34 BGH, Urt. v. 5.10.2016 – VIII ZR 222/15, NJW 2017, 1596, 1599; Basedow, in: MüKo-BGB, 2019, § 305c Rn. 51 mit Erörterungen zur Entwicklung der Interpretation von § 305c Abs. 2 BGB.
V. Inhaltskontrolle von AGB
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Sind die AGB wirksam einbezogen und steht der zu prüfende Inhalt nach deren Auslegung fest, so müssen die AGB mit den Maßgaben der §§ 307ff. BGB in Einklang zu bringen sein. Geprüft wird dabei typischerweise „von hinten nach vorne“, also zunächst § 309, dann § 308 und zuletzt § 307 BGB. An die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 1 S. 2 BGB für die AGB-Kontrolle im unternehmerischen Verkehr sei an dieser Stelle erinnert (siehe oben Rn. 3).
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Wichtig zu beachten ist dabei, dass nach § 307 Abs. 3 BGB nur gesetzeswidersprechende AGB zur Prüfung gestellt sind. Das schließt zum einen gesetzeswiederholende AGB aus, zum anderen aber auch solche Regelungen, die der Parteiautonomie mangels Gesetzesvorgaben vollständig unterliegen. Dies betrifft insbesondere die Essentialia Negotii, also die Vertragspartner, den Leistungsgegenstand im Kern und die Preisabrede.35
1. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
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§ 309 BGB enthält sogenannte Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit. Sie greifen unmittelbar nur gegenüber Verbrauchern als Verwendungsgegnern, haben aber auch im unternehmerischen Verkehr Indizwirkung für die Unwirksamkeit entsprechender AGB (siehe oben Rn. 3).
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Die Klauselverbote zeichnen sich dadurch aus, dass die dort aufgezählten Fälle eindeutig sind und stets zur Unwirksamkeit der AGB führen. Exemplarisch seien an dieser Stelle nur die Nrn. 7a und 7b genannt, also die Unwirksamkeit von Haftungsausschlüssen bei grober Fahrlässigkeit oder bei Verletzung von Leib, Leben und Gesundheit.
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Mit dem Gesetz für faire Verbraucherverträge36 wurde § 309 Nr. 9 BGB mit Inkrafttreten zum 1. Juli 2022 neu gefasst, welcher zwingende Vorgaben zur Laufzeit, Verlängerung und Kündigung von Dauerschuldverhältnissen beinhaltet. Anders als im bisherigen § 309 Nr. 9 lit. b BGB sind hiernach stillschweigende Verlängerungen von Dauerschuldverhältnissen stets unzulässig, wenn der Verbrauchervertrag sich hierdurch nicht auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von höchstens einem Monat verlängert. Dies soll dem Schutz der Verbraucher bei in Vergessenheit geratenen Verträgen dienen.
2. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit
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§ 308 BGB enthält die sogenannten Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit. Diese enthalten anders als § 309 BGB wertungsbedürftige Begrifflichkeiten wie „unangemessen“, „zumutbar“ oder „besondere Bedeutung“. Sie unterliegen einer gewissen Unschärfe und bilden insoweit den Übergang zwischen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit gemäß § 309 BGB.
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Beispielhaft kann hier auf die vertraglich vereinbarten Fiktionen bei Abgabe und Zugang von Willenserklärungen nach den Nrn. 5 und 6 verwiesen werden, welche gegebenenfalls eine Unwirksamkeit nach sich ziehen können. Auch die Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit greifen unmittelbar nur für AGB gegenüber Verbrauchern, werden aber zunehmend ebenfalls als Indizien für die Inhaltskontrolle unternehmerischer AGB in § 307 Abs. 2 BGB hineingelesen (siehe oben Rn. 3).
3. Allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
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Sofern weder § 309 BGB noch § 308 BGB den thematischen Gehalt der zu überprüfenden Klausel abdeckt oder es sich um AGB aus dem unternehmerischen Verkehr handelt, ist die Überprüfung der AGB anhand von § 307 BGB vorzunehmen. § 307 BGB differenziert zwischen der unangemessenen Benachteiligung wegen Treuwidrigkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB einschließlich deren Regelbeispiele in § 307 Abs. 2 BGB und der Unangemessenheit wegen der Intransparenz einer Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.37 Beide Fälle schließen sich nicht aus. Die Treuwidrigkeit der Klausel wird als Wertungsfrage innerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 305ff. BGB originär nach § 307 BGB bestimmt. Eines Rückgriffs auf § 242 BGB bedarf es insoweit nicht.38
a) Abweichung von Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
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Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn die AGB mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht mehr zu vereinbaren ist. Wichtig ist dabei die Arbeit am Wortlaut der Norm: Entscheidend ist der Vergleich zwischen AGB und Rechtslage, nicht zwischen AGB und Grundgedanken des Vertrags. Insofern unrichtig entschied der BGH, dass eine AGB-Klausel in einem Flugbeförderungsvertrag, welche einen Rückzahlungsanspruch bei Stornierung der Flugreise gänzlich ausschloss, nicht die Merkmale des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erfülle, weil die gesetzliche Regelung des § 648 Abs. 1 S. 2 BGB, von welcher abgewichen werden sollte, auf den Flugbeförderungsvertrag nicht passe, folglich nicht das Leitbild des Vertrags sei.39 Diese Argumentation ist mit dem Wortlaut des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht vereinbar und daher nicht verallgemeinerungswürdig.40
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Weiterhin hat der BGH eine Klausel der Ryanair Ltd. als unangemessen angesehen, die den Verträgen über Flugbuchungen im Internet zugrunde lag.41 Danach hatten die Passagiere für die benutzten Zahlungssysteme unterschiedlich hohe „Gebühren“ zu zahlen. Die angegriffene Gebührenregelung für die Zahlung mit Kredit- oder Zahlungskarte ist nach Ansicht des BGH mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und benachteiligt die betroffenen Kunden in unangemessener Weise (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gehört nach Ansicht des Gerichts, dass jeder seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen hat, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Mit der Entgegennahme einer Zahlung komme der Unternehmer nur seiner Obliegenheit nach, eine vertragsgemäße Leistung des Kunden anzunehmen. Er müsse dem Kunden die Möglichkeit eröffnen, die Zahlung auf einem gängigen und mit zumutbarem Aufwand zugänglichen Weg zu entrichten, ohne dass dafür an den Zahlungsempfänger eine zusätzliche Gebühr zu bezahlen ist. Die von der Beklagten vorgesehene gebührenfreie Zahlungsart genüge diesen Anforderungen nicht.
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Dagegen wurde die Klausel, die die Barzahlung ausschließt, nicht beanstandet. Die mit dem Ausschluss der Barzahlung einhergehende Benachteiligung der Fluggäste sei angesichts des anerkennenswerten Interesses der Beklagten an möglichst rationellen Betriebsabläufen nicht als unangemessen anzusehen. Bei der vorzunehmenden Abwägung sei ausschlaggebend, dass die Beklagte ihre Leistungen nahezu ausschließlich im Fernabsatz erbringe und eine Barzahlung für beide Parteien mit erheblichem Aufwand verbunden wäre. Anzumerken ist dabei, dass die AGB-rechtliche Überprüfung durch den BGH überflüssig war. Denn die Zahlungsmittelwahl gehört untrennbar zu der Hauptleistungsabrede der Parteien.42 Insoweit fällt eine Abrede über die Zahlweise unter den Ausschlusstatbestand von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, welcher die gerichtliche Kontrolle der wechselseitigen Hauptleistungspflichten gerade ausschließt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine oder mehrere Zahlungsart(en) als solche treuwidrig mit Zusatzkosten verbunden wird/werden.43
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