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      Das immer wieder geäußerte Hauptargument gegen den hier für richtig gehaltenen Zeitpunkt Z2 als Zeitpunkt für die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags lautet wie folgt: Stellte man auf Liquidationswerte ab, dann würde man viele lebensfähige Unternehmen in den Konkurs treiben: Wenn man dagegen so wie hier vorgeschlagen bilanzierte, dann wären 80 % der deutschen Unternehmen überschuldet.

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      Dagegen lassen sich drei Argumente geltend machen.

      aa) Das Insolvenzverfahren muss nicht die Zerschlagung des Unternehmens und damit die Vernichtung des Gesellschaftsvermögens bedeuten: Auch in der Insolvenz lässt sich eine Fortführung des Unternehmens bewerkstelligen. Es kann umso eher saniert werden, je mehr Vermögen im Zeitpunkt der Eröffnung noch vorhanden ist. Die gesetzliche Entscheidung ist in § 15a InsO getroffen: Ist das investierte Kapital verbraucht, so ist die Fortführung des Unternehmens eine gesetzlich verbotene Spekulation auf Kosten der Gläubiger.

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      bb) Die tatsächliche Behauptung, dass bei einem Abstellen auf den Liquidationswert über die Hälfte der deutschen Unternehmen überschuldet werden, trifft nicht zu. Die hier vorgeschlagene Bilanzierung richtet sich ja nicht nur einseitig gegen Fortführungswerte, sondern auch und gerade gegen alle pseudo-gläubigerschützenden Normen, die – wie etwa das Anschaffungswertprinzip – durch eine Unterbewertung zu einer Bildung stiller Reserven führen. Sie plädiert für eine einheitliche Orientierung an einem true and fair view-Verständnis, so dass sich gewisse Minderbewertungen aus einer Orientierung an der Liquidationsbilanz z.T. wieder ausgleichen. Und im Übrigen würden Gesellschafter und Geschäftsführer ja auch auf die hier befürwortete Verschärfung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung reagieren: Sie werden schon vor der Überschuldung tunlichst neue Investoren suchen, um eine Insolvenz abzuwenden.

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      cc) Es gibt noch ein systematisches Argument. Das bisherige System ist nämlich nicht widerspruchsfrei: Die Gesellschafter können nach den bisherigen Regeln auch nach dem Zeitpunkt Z2 weiterwirtschaften. Niemand kann ihnen jedoch verbieten, irgendwann zwischen dem Zeitpunkt Jahr 4 und Jahr 5 einen Liquidationsbeschluss zu fassen. Wenn sie dann während der Liquidation „feststellen“, dass die Gläubiger nicht befriedigt werden können, kann niemand mehr etwas dagegen tun. Das bisherige System leistet also dem Betrug zulasten der Gläubiger Vorschub bzw. legalisiert ihn. Das kann nicht richtig sein.

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      Nach dem unter 2. Gesagten ist richtiger Zeitpunkt für die Antragspflicht Z2. Nach dem bisherigem Recht wurde allerdings von der h.M. Z3 als maßgebender Zeitpunkt zugrundegelegt (siehe Rn. 271). Nach dem nunmehr geltenden Tatbestand der Überschuldung (siehe oben V. 3) entscheidet die bilanzielle Vermögenslage nicht mehr allein über das Vorliegen eines Insolvenzeröffnungsgrundes: Bereits im Zeitpunkt Z1 kann Überschuldung gegeben sein, wenn nämlich zugleich eine negative Fortführungsprognose vorliegt. Andererseits kann sogar im Zeitpunkt Z3 die Überschuldung zu verneinen sein, wenn in diesem Zeitpunkt eine positive Fortführungsprognose vorliegt.

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      Der Insolvenzverwalter kann dann Zuwendungen an die Gesellschafter an die Masse gem. § 143 Abs. 1 S. 1 InsO zurückverlangen, indem er die Rechte aus den §§ 129 ff. InsO geltend macht. Dafür müssen freilich die Tatbestände der §§ 130–135 InsO gegeben sein, die regelmäßig (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners voraussetzen. Wenn aber, wie § 135 InsO zeigt, die Gesellschafter sich nicht einmal ein kapitalersetzendes Darlehen in der Krise der Gesellschaft zurückzahlen lassen dürfen (ausführlich dazu Rn. 345, 357), dann dürfen sie erst recht keine offenen oder verdeckten Gewinnausschüttungen an sich veranlassen.

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