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      Matka und Koticks Freundin, die so lange auf seine Rückkehr gewartet hatten, lugten über die Felsen hinaus und bellten ihren Lieblingen Beifall zu. Ja! Es war ein herrlicher Kampf, denn die beiden fuhren fort, einzuhauen, solange noch irgendeine Robbe sich zu zeigen wagte; und als sie sich alle verkrochen hatten, watschelte Kotick mit seinem Vater am Strand auf und ab, laut bellend und die Mähne schüttelnd.

      Als nachts das Nordlicht am Himmel aufstieg und durch den Nebel seine zitternden Strahlen sandte, kletterte Kotick auf einen Felsen und sah auf alle die zerstörten Robbenplätze hinab. »Ihr habt's nicht anders gewollt«, sagte er grimmig; »jedenfalls habe ich versucht, euch ein paar Gedanken in euren dummen Kopf hineinzuhämmern!« Und dann brüllte er so laut, daß alle die blutenden Robben erschrocken aufhorchten: »Hört mich, ihr dickbäuchigen Seeigel! Wer von euch will mit mir zur neuen Insel kommen? Antwortet mir, oder ich werde euch den Mund öffnen!«

      Da klang es an der ganzen Bucht entlang wie das Murmeln des Meeres, das nach der Ebbe aus dem Schöße der Erde zurückkehrt. »Wir wollen dir folgen«, lispelten Hunderte von heiseren Stimmen. »Führe uns, Kotick, du weiße Robbe.«

      Aber hätten sie ihn nur genau betrachten können, so hätten sie gewußt, daß Kotick nicht mehr eine weiße Robbe war, denn sein ganzes Fell war vom Kopf bis zum Schwanze mit rotem Blute, purpurrotem Blute, befleckt. Kotick zog den Kopf stolz in die Schultern zurück. Er schloß die Augen und dachte gar nicht daran, seine vielen Wunden auch nur eines Blickes zu würdigen.

      Eine Woche später verließ eine ungeheure Schar Robben – beinahe zehntausend – die Bucht. Es war Kotick mit seinem Heere – sie bedeckten das ganze Meer, so weit man nur sehen konnte. Kotick sprang zuerst an ihrer Spitze in die See und gab damit das Zeichen zum Aufbruch.

      Viele blieben zurück und nannten die scheidenden Robben Narren. Als aber wieder der Frühling hereinbrach über das Nordland, traf man sich in der Tiefsee zu gemeinsamem Fischfang. Und Koticks wohlgenährte Völker schilderten die Felsengestade am »Seekuhtunnel« so farbig und verlockend, daß immer mehr Robben die Buchten von Novastoschna und Lukannon hinter sich ließen, um abzuwandern nach Koticks gesegnetem Friedensreich – dem Gelobten Lande der Robben ...

      Die wehmütige Hymne des Robbenvolkes

      Ich traf meine Brüder am Morgen

      (doch ach! Jetzt bin ich so alt),

      Traf sie, wo schäumende Brandung

      sich türmt mit Urgewalt.

      Ich hörte ihr fröhliches Singen,

      das machtvoll die Brandung verschlang,

      Den Sang der vielen Millionen,

      des Robbenvolkes Sang

      Am Riffe von Lukannon.

      Sie sangen von sonnigen Gründen

      am grauen Lagunenrand,

      Sie sangen von wonnigen Scharen

      im schimmernden Dünensand,

      Sie sangen von nächtlichen Tänzen

      in schäumender Wellenflut,

      Als noch kein gieriger Jäger

      vergoß der Robben Blut

      Am Riffe von Lukannon.

      Ich traf meine Brüder am Morgen,

      (ich sehe sie nimmermehr),

      Sie kamen in vielen Legionen –

      heut ist die Küste leer!

      Und über dem Gischt der Wellen

      klang unser Willkommensang,

      Wenn sich mit glitzernden Fellen

      die Schar auf die Felsen schwang

      Am Riffe von Lukannon.

      Heil dir, du Riff von Lukannon!

      Hoch sproßt dein saftiges Ried,

      Und auf den leuchtenden Algen

      des Meeres Dunsthauch glüht.

      Trägst tausendfache Spuren

      aus meiner Jugendzeit,

      Als wir auf felsigen Gründen

      nicht kannten Not und Leid!

      Dort, wo die Robbenmutter

      schon mehr denn tausend Jahr

      Auf weichem Dünenbette

      das Robbenkind gebar,

      Am Riffe von Lukannon!

      Ich traf meine Brüder am Morgen,

      gebrochen, in großer Not,

      Die Jäger lauern im Wasser –

      mit ihnen lauert der Tod.

      Die Jäger lauern am Lande,

      sie dürsten nach Blut und Mord

      Und schießen und schlagen und treiben

      die Brüder vom Strande fort!

      Sie treiben uns zum Tode

      wie Schafe, Stück für Stück,

      Und dennoch: wir singen die Hymne,

      die Hymne vom Robbenglück

      Am Riffe von Lukannon.

      Entflieht! Entflieht nach dem Süden!

      Und du, Gooverooska, geh!

      Und singe den Mädchen des Meeres

      die Hymne von unserm Weh!

      Wirft wilder Sturm an die Felsen

      das leere Haifischei,

      Auf alten Tummelplätzen

      grüßt keines Robben Schrei! ...

      Ihr Riffe von Lukannon,

      bleibt ihr auch ewig stehn,

      Die Robben werdet ihr nimmer,

      ach, nimmer wiedersehn,

      Ihr Riffe von Lukannon!

      An des tiefen Loches Rand,

      In dem Ringelhaut verschwand,

      Rotaug' wartet, Rotaug' droht:

      Nag, heraus! Tanz mit dem Tod!

      Aug' an Auge, Kopf an Kopf!

      ...Halte Takt, Nag!

      Einem kostet's Haut und Schöpf!

      ... Wie du willst, Nag!

      Zug um Zug und List um List!

      ... Auf und ab, Nag!

      Wie's beim Tanze üblich ist!

      ... Stoße zu, Nag!

      Links geschielt und rechts geschielt...

      ... Hei! Vorbei, Nag! Hast verspielt...

      Weh dir, Nag!

      Dies ist die Geschichte der Schlacht, die Rikki-Tikki-Tavi schlug, ganz allein, in dem Badezimmer des großen Bungalows im Distrikt Segowlee. Darsie, der Webervogel, half ihm, und Chuchundra, die Moschusratte, die an Platzangst leidet und deshalb immer an den Wänden entlangkriecht, gab ihm guten Rat. Aber den Kampf führte Rikki ganz allein durch.

      Ein Mungo war Rikki – nach Pelz und buschiger Rute glich er fast einer Katze, doch Kopf und Art waren die eines Wiesels. Seine Augen und die immer bewegliche Nase schimmerten rosig; leicht konnte er sich am ganzen Körper kratzen und putzen und dabei ganz nach Belieben einen seiner Läufe benutzen. Seine Rute konnte er aufplustern, daß sie wie eine Flaschenbürste aussah; und wenn er durch das hohe Gras schnürte, ließ er seinen

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