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ihn und sein Gefolge, ohne weitere Bedingungen zu stellen, aufnahm. Um Matthäus milde zu stimmen, wählte er sorgsam seine nächsten Worte. „Mein lieber Abt, ich ersuche Euch um Herberge und bin als Freund hierhergekommen, um mich von den Mühen der letzten Monate zu erholen. Ich bin müde und enttäuscht. Wie Ihr wohl wisst, ist kürzlich mein Weib von mir gegangen. Nun bin ich gekommen, um ihr Grab aufzusuchen und hier in aller Stille zu beten. Auch muss ich mir im Klaren darüber werden, wen ich zu meinen Unterstützern und wen zu meinen Feinden rechnen kann.“ Er sah Matthäus lauernd an. „Wie steht es mit Euch, werdet Ihr mir und meinen Getreuen die nötige Ruhe gewähren?“

      Der Abt schluckte schwer. Wie könnte er es abschlagen, dem Markgrafen Asyl zu gewähren. „Mein Haus steht Euch offen“, sagte er, wenn auch mit schwerem Herzen. „Seid mein Gast, solange es Euch beliebt.“

      Was konnte er schon dagegen tun. Auch wäre es unklug, jetzt, wo das verloren geglaubte Geld wieder in seinen Mauern war, Albrecht zu verstimmen. Der Markgraf winkte erneut Falk zu sich, damit dieser ihm bei Absteigen von seinem Ross half, was ihm sichtlich schwerfiel. Zu stark drückten ihn die Lasten der letzten Monate nieder. Langsamen Schrittes folgte er dem Abt, der ihn ins Refektorium führte. Es war beinahe Abend und der Speisesaal der Mönche füllte sich allmählich. „Nehmt an unserem bescheidenen Mahl teil, wenn es Euch nicht zu gering erscheint. Aber es würde wohl zu lang dauern, etwas Anderes anrichten zu lassen.“

      „Nein, ich begnüge mich mit dem, was Eurer Tisch mir bietet“, sagte Albrecht. Es war ihm egal, was er aß. Hauptsache, er konnte endlich zur Ruhe kommen. Der Abt wies ihm seinen eigenen Stuhl, der sich allerdings nicht wesentlich von denen der anderen Mönche unterschied.

      Am nächsten Morgen fühlte sich Albrecht unwohl und er rief seinen Leibarzt Ambrosio. Der hatte ihm bereits mehrmals eine Arznei gegen das Unwohlsein verabreicht, welche allerdings seinen Zustand nicht wesentlich besserte. Albrecht hatte Pläne. Er wollte neue Truppen sammeln, sich rüsten und gegen seinen Bruder und seine Feinde, wie den Thüringischen Landgrafen, ziehen. Sollten sie doch versuchen, ihm die Macht im Lande streitig zu machen. Er würde den Kaiser schon noch davon überzeugen, dass er der rechte Mann sei, die Interessen der Krone hier zu wahren. Doch dazu musste er Kraft tanken, wieder auf die Beine kommen. Bereits seit einigen Tagen bereitete ihm sein Magen jetzt schon Probleme.

      Der Arzt betrat ohne anzuklopfen den Raum. Unwillig blickte Albrecht über seine Schulter nach hinten. Er beobachtete gerade von seinem Fenster aus, wie der Abt sich mit Henzo von Malsdorf unterhielt, wobei beide heftig gestikulierten. Worüber mochten sie sprechen oder sich streiten? Verärgert darüber, dass er die Szene nicht weiterverfolgen konnte, herrschte er Ambrosio ohne weitere Vorrede an. „Habt Ihr nichts Stärkeres, was mir helfen könnte, ich brauche meine Kraft.“ Mit wenigen Schritten ging er in die Mitte des Raumes, den er mit seiner Anwesenheit vollkommen ausfüllte. „In einigen Tagen muss ich weiter. Ich will noch einmal versuchen, mit den Fürsten zu sprechen. Da kann ich es mir nicht leisten, nicht im Vollbesitz meiner Kräfte zu sein“, spie Albrecht hervor. Der Arzt verbeugte sich leicht aber nicht unterwürfig. Albrecht glaubte in seinem Blick eine gewisse Verschlagenheit wahrzunehmen, schob es aber dann auf seine allgemeine Vorsicht, mit der er zur Zeit jeden in seiner Umgebung betrachtete.

      „Ich habe für Euer Durchlaucht ein Pülverchen bereitet, dass wird Eure Beschwerden lindern“, sagte der Arzt beflissen. Er griff in die Falten seines Überwurfes, der reich mit wundersamen Ornamenten bestickt war. Albrecht fiel die gute Qualität des Stoffes ins Auge. Dem Quacksalber schien es nicht schlecht zu gehen in seinen Diensten. Eine diesbezügliche Bemerkung hinunterschluckend, hob er nun auffordernd den Kopf und blickte dem Arzt forschend in die Augen. Dieser zuckte mit keiner Wimper, hielt dem scharfen Blick seines Herrn stand. Fahles, strähniges Haar fiel ihm bis auf die Schultern, halb verdeckt durch eine leinene Kappe, die ihm bis über die Ohren reichte. Ein dünnes Lächeln spielte um seine schmalen, blutleeren Lippen. Der Markgraf schüttelte sich leicht und streckte ihm die Hand entgegen, um das Mittel in Empfang zu nehmen. „Ich werde es Euch selbst anrühren“, sagte Meister Ambrosio schnell. Er trat zu dem kleinen Tischchen, das neben dem Bett des Markgrafen stand. Dort waren ein Krug mit Wasser und ein Becher. Der Arzt schüttete eine reichliche Menge des Pulvers in den Becher und goss etwas Wasser hinzu. Die Mischung schwenkte er solange umeinander, bis sich die weißen Partikelchen des Pulvers vollständig aufgelöst hatten. Dann wandte er sich zu Albrecht herum und gab diesem den Trank. „Trinkt, mein Herr, das wird Euch helfen.“

      Albrecht nahm den Becher und leerte ihn auf einen Zug. Seltsam, die Flüssigkeit schmeckte fast nach nichts, lediglich ein leicht säuerlicher Geschmack verblieb auf seiner Zunge. Da sollte ihm einer sagen, dass jede Medizin bitter sei.

      Mit einer eher fahrigen als gebieterischen Handbewegung tat er dem Arzt kund, dass er dessen Dienste im Moment nicht mehr brauchte. Sich rückwärts zu Tür bewegend und den Blick leicht gesenkt haltend, zog sich Ambrosio, fast schleichend wie eine Katze, zurück. Albrecht wandte sich wieder dem Fenster zu. Er hatte den Arzt schon vergessen, bevor dieser überhaupt den Raum verließ. Der Abt und Henzo waren leider verschwunden. Langsam trat der Markgraf vom Fenster zurück und setzte sich auf den Rand des Bettes. Im Raum befanden sich außer dem einfachen Holzbett, dass weder einen Betthimmel noch Vorhänge besaß, ein kleiner Tisch und eine Truhe aus vom Alter dunkel gewordenem Fichtenholz sowie ein eher wackliger Stuhl, dem Albrecht nicht recht zutraute, dass er sein Gewicht tragen könne.

      Langsam ließ der Markgraf die letzten Tage nochmals an sich vorüberziehen. Hier konnte er sich nicht verstecken. Der Abt schien ihm nicht wohlgesonnen. Doch um dieses Problem konnte er sich später kümmern. Zunächst galt es, seine Macht in Meißen wieder zu festigen. Danach würde er den Bischof darum bitten, in Altzelle einem anderen Mann der Kirche das Amt des Abtes zu übertragen.

      Mit zwei großen Schritten eilte Albrecht zur Tür, öffnete sie trotz seiner Schwäche mit einem großen Schwung und rief nach seinem Leibdiener Hugold.

      Dieser schien in unmittelbarer Nähe gewartet zu haben. Albrecht erspähte ihn im Halbdunkel. Dass er ein wenig erschrocken war, da der Diener so unvermittelt vor ihm stand, ließ er sich nicht anmerken. „Gehe zum Abt und teile diesem mit, dass ich noch heute Morgen aufbrechen werde. Ich brauche Proviant für mehrere Tage. Richte ihm aus, er soll alles vorbereiten. Und er soll sich sputen, ich habe keine Zeit zu verlieren. Danach komme wieder und packe meine Truhe. Und schicke mir Henzo!“, rief er dem davoneilenden Diener nach.

      Albrecht hatte einen Entschluss gefasst. Er wollte unvermittelt nach Freiberg aufbrechen. In der dortigen Burg des Stadtvogtes konnte er in Ruhe überlegen, wie er weiter vorgehen sollte. Er wollte einen Brief an seinen Verbündeten, Ottokar Premysl schicken. Die gerade erst verstorbene Markgräfin Sophie war eine Nichte Ottokars und seine Schwester Adela die Gemahlin des Böhmen. Auch war dieser gar nicht gut auf den Kaiser zu sprechen, da Heinrich ihm die böhmische Herzogswürde im letzten Jahr wieder entzogen hatte. Zu offen bekundete Ottokar seine Sympathie für die Welfen. Lediglich das Markgrafentum Mähren war ihm gelassen worden. Ottokar schuldete ihm also Loyalität. Albrecht wollte sich auf die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen berufen, auch wenn er diesen böhmischen Schwager auf den Tod nicht ausstehen konnte.

      Kurze Zeit später klopfte es an die Tür und ohne die Antwort des Markgrafen abzuwarten, kam Hugold herein, um die Sachen Albrechts zusammenzupacken. Albrecht hatte immer noch Magenbeschwerden, das Mittel des Arztes schien doch nicht recht gewirkt zu haben. „Hugold, gehe noch einmal zu Meister Ambrosius und bitte ihn um einen Vorrat des Pulvers, dass er mir verabreicht hat. Ich werde es brauchen, wenn wir nach Freiberg reisen.“

      Der Diener nickte und fuhr schweigend fort, die Sachen seines Herrn in die Truhe zu legen. Als er fertig war, wies Albrecht ihn an, das Gepäck auf einem Wagen zu verstauen. Es klopfte und auf Albrechts Aufforderung hin betrat der Abt die Kammer.

      „Wo werdet Ihr Euch hinbegeben, Euer Durchlaucht? Gibt es irgendetwas, womit ich Euch dienen kann?“, fragte er. Albrecht hielt das für pure Scheinheiligkeit, äußerte sich allerdings nicht dahingehend.

      „Ich reise nach Freiberg, um dort einige Geschäfte zu erledigen. Ich hoffe, ich erhalte von Euch bald gute Nachricht über das Grabgelege meiner Frau. Ich möchte, dass die besten Steinmetze der Bauhütten für sie eine Grabplatte herstellen, die ihre Größe und

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