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      »Dann hoffe ich, sein Geist wird dich verfolgen, und Heathcliff soll keinen neuen Pächter finden, bis Grange eine Ruine ist!«

      »Hören Sie, hören Sie, wie sie ihnen flucht!« flüsterte Josef, auf den ich zusteuerte. Er saß in Hörweite und melkte die Kühe beim Licht einer Laterne. Diese nahm ich ohne Umschweife, rief ihm zu, ich würde sie morgen zurückschicken, und stürzte zur nächsten Hintertür.

      »Herr, Herr, er stiehlt die Laterne«, schrie der Alte, während er mich verfolgte. »He, Gnasher! He, alle Hunde! He, faß, faß!«

      Als ich die kleine Tür öffnete, sprangen mir zwei zottige Ungetüme an die Kehle, rissen mich nieder, das Licht verlöschte, während Heathcliff und Hareton ein ungeheures Gelächter ausstießen. Das war der Gipfel meiner Demütigung. Indessen schienen die Bestien nur daran gewöhnt, die Tatzen zu strecken, mit den Schwänzen zu wedeln und das Maul lieber zum Gähnen als zum Beißen zu öffnen. Sie ließen mich allerdings nicht aufstehen, ich mußte stillhalten, bis ihre boshaften Herren geruhten, mich zu befreien. Ohne Hut, außer mir vor Zorn, forderte ich die Schurken auf, mich hinauszulassen. Ich drohte ihnen für jeden anderen Fall mit Wiedervergeltung, in der verwirrten und giftigen Art des König Lear. Vor Aufregung bekam ich heftiges Nasenbluten, und immer noch lachte Heathcliff, und ich schimpfte weiter. Ich weiß nicht, wie der Auftritt geendet hätte, wäre nicht jemand hinzugekommen, vernünftiger als ich und gutartiger als mein Gastgeber. Zillah, die dicke Haushälterin, erschien und fragte, was hier vor sich gehe. Sie glaubte, jemand habe mich körperlich angegriffen, und da sie sich an ihren Herrn nicht heran wagte, schoß sie ihre Worte gegen den jüngeren Halunken ab:

      »Na, Mr. Earnshaw, ich bin neugierig, was Sie noch anstellen! Soll in unserm Hause nächstens jemand ermordet werden? Oh, in diese Wirtschaft passe ich nicht! Seht den armen Herrn, er ist halb erstickt! Kommen Sie, so können Sie nicht gehen, ich helfe Ihnen, halten Sie still!«

      Sie goß mir mit jähem Schwung eisiges Wasser über den Kopf und zog mich in die Küche. Mr. Heathcliff folgte, und seine ungewöhnliche Heiterkeit ging wieder in sein mürrisches Wesen über. Ich fühlte mich schwach, schwindlig, krank. So war ich gezwungen, die Gastlichkeit dieses Daches in Anspruch zu nehmen. Er ließ mir durch Zillah Branntwein geben und ging ins Haus zurück. Als mich das freundlich gereichte Getränk etwas belebt hatte, führte sie mich zu meinem Schlafraum.

      Drittes Kapitel

      Auf der Treppe riet sie mir, das Kerzenlicht zu verbergen und kein Geräusch zu verursachen. Ihr Herr mache merkwürdig viel von diesem Zimmer her und würde freiwillig keinen Menschen dort wohnen lassen. Sie kenne den Grund nicht, seit zwei Jahren sei sie erst hier und wolle bei den wunderlichen Leuten nicht zudringlich sein.

      Ich war meinerseits zu betäubt, um Neugier zu empfinden. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, sah ich mich nach dem Bett um. Die gesamte Einrichtung bestand aus einem Stuhl, einem Kleiderschrank und einer auffallend großen eichenen Truhe. Aus der Seitenwand dieses Kastens waren nahe dem Deckel Vierecke herausgeschnitten, die wie Fenster eines Wagens aussahen. Ich stellte mich vor das seltsame Möbel und blickte hinein: es bildete gewissermaßen ein kleines Kabinett für sich und enthielt eine merkwürdige altmodische Art von Lagerstätte. Das Ganze war eigentlich recht zweckmäßig ausgedacht; dadurch hatte man noch einen eigenen Raum für ein Familienmitglied geschaffen. Der breite Sims, der an einem der Fensterausschnitte entlang führte, diente als Tisch.

      Ich schob die Täfelung beiseite, kroch mit dem Licht hinein und machte wieder zu. So fühlte ich mich vor Heathcliffs und jeder anderen Beobachtung sicher.

      Auf dem Sims, auf den ich meine Kerze stellte, lagen einige vergilbte Bücher im Winkel. In die Fläche dieses Tisches waren überall Schriftzeichen eingekratzt. Die Zeichen wiederholten einen einzigen Namen, mit allen möglichen großen und kleinen Buchstaben: Catherine Earnshaw – hier und da umgewandelt in Catherine Heathcliff – an anderer Stelle in Catherine Linton. In meiner Benommenheit lehnte ich den Kopf ans »Fenster« und buchstabierte immer wieder: Catherine Earnshaw – Heathcliff – Linton – bis mir die Augen zufielen. Aber nach wenigen Minuten traten aus dem Dunkel schimmernde weiße Buchstaben hervor, lebendige Gespenster. In der Luft schwebte ein Schwarm von Catherinen. Ich richtete mich auf, wollte den Namen, der mich da anstarrte, verscheuchen und bemerkte, daß sich der Docht der Kerze auf einen der alten Bände gesenkt hatte. Es roch nach angebranntem Kalbleder. Ich schnäuzte das Licht. Da ich mich infolge der Kälte und der aufsteigenden Übelkeit aufsetzen mußte, nahm ich den beschädigten Band auf meinen Schoß. Es war eine Bibel in kleinem Druck. Modriger Geruch. Das Vorsatzpapier trug die Inschrift: »Ex libris Catherine Earnshaw«, dazu ein Datum, das ein Vierteljahrhundert zurücklag. Ich schloß das Buch, nahm ein anderes und wieder ein anderes, bis ich alle angesehen hatte. Catherines Bibliothek war recht erlesen; nach dem Zustand der Abnutzung zu urteilen, war sie oft benutzt worden, freilich nicht immer nach ihrer eigentlichen Bestimmung: kaum ein Kapitel war ohne Randbemerkungen, die mit Tinte geschrieben waren und jeden vom Druck freigelassenen Raum ausfüllten. Manchmal bestanden sie in einzelnen Sätzen; an anderen Stellen ergaben sie ein fortlaufendes Tagebuch, in unausgeschriebener Kinderhandschrift. Auf einer freien Seite, die von der Schreiberin gewiß wie ein Schatz entdeckt worden war, sah ich zu meinem Vergnügen eine ausgezeichnete Karikatur von Freund Josef, roh, aber wirkungsvoll gekritzelt. Mit einem Male interessierte mich diese unbekannte Catherine, und ich suchte die blassen Hieroglyphen zu entziffern.

      »Ein furchtbarer Sonntag!« begann der Absatz darunter. »Ich wünschte, mein Vater wäre zurück. Hindley ist ein unerträglicher Ersatz. Sein Betragen Heathcliff gegenüber ist abscheulich. H. und ich werden uns empören! Heut Abend taten wir den ersten Schritt dazu.

      Täglich hatte es in Strömen geregnet. Wir konnten nicht zur Kirche gehen, und Josef mußte eine Gemeinde in die Dachstube holen. Hindley und seine Frau wärmten sich vor einem angenehmen Feuer, sie taten bestimmt alles andere als in ihren Bibeln lesen. Heathcliff dagegen, ich selbst und der unglückliche Knecht erhielten den Befehl, mit unseren Gebetbüchern unters Dach zu steigen. Wir mußten uns in einer Reihe auf einen Kornsack setzen, vor Kälte ächzend. Wir hofften nur, Josef würde auch frieren und zu seinem eigenen Besten nur eine kurze Predigt halten. Umsonst, der Gottesdienst dauerte genau drei Stunden. Dann hatte mein Bruder noch die Stirn, als er uns herunterkommen sah, zu rufen: ›Was, schon zu Ende?‹

      An Sonntagabenden durften wir gewöhnlich spielen, wenn wir nicht viel Lärm machten. Jetzt genügte ein Kichern, und schon mußten wir uns in die Ecke stellen. ›Ihr vergeßt, daß ihr hier einen Herrn habt!‹ sagte der Tyrann. ›Den ersten, der mich reizt, zerschmettere ich. Ich bitte mir unbedingten Ernst und Ruhe aus. Junge, warst du das? Frances, Liebling, zieh ihn an den Haaren, wenn du gerade vorbeigehst. Ich habe gehört, wie er mit den Fingern schnalzte.‹ Frances riß ihn tüchtig an den Haaren, dann setzte sie sich auf den Schoß ihres Mannes. So blieben sie, wie zwei kleine Kinder, küßten sich und redeten stundenlang solchen Unsinn, daß wir uns dessen geschämt hätten. Wir drängten uns möglichst dicht in die Höhle unter der Anrichte, vor die ich unsere Kinderschürzen als Vorhang zusammengebunden hatte. Da kommt Josef mit einem Auftrag aus den Ställen, reißt meine Hütte ein, zieht mich an den Ohren und krächzt:

      ›Der Herr ist eben erst begraben, Sonntag ist noch nicht vorüber, das Evangelium ist noch in euren Ohren, und ihr wagt es, so zu spielen! Pfui über euch! Setzt euch hin, ihr bösen Kinder! Wenn ihr lesen wollt, gibt es genug gute Bücher! Setzt euch hin und denkt an eure Seelen!‹

      So schrie er, und wir mußten uns so einrichten, daß uns der Schein des entfernten Feuers treffen konnte. Bei diesem schwachen Licht konnten wir die alten Bücher gerade noch lesen, die er uns aufzwang. Das ertrug ich nicht, ich schleuderte den Schmöker in die Hundeecke und rief, ich haßte gute Bücher! Heathcliff stieß das seine in die gleiche Richtung. Da gab es einen Krach!

      ›Master Hindley!‹ heulte unser Priester, ›Master, kommen Sie her! Miß Cathy hat den Rücken von der ›Krone des Heils‹ abgerissen, und Heathcliff hat den ›Breiten Weg zur Verdammnis‹ kaputt gemacht! Es ist unerhört von Ihnen, daß Sie der Bande alles nachsehen! Oh, der alte Herr hätte sie verhauen, verhauen! Aber er ist ja dahin!‹

      Hindley

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