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ich nicht.“ Die Halbzwergin lässt sich nicht überzeugen.

      „Jetzt stell dich nicht so an.“ Beata wird unwirsch. „Er ist ein sehr guter Freund von mir und ich möchte, dass auch du Freundschaft mit ihm schließt.“

      „Und wie hast du dir das vorgestellt? Geh ich hin, geb ihm die Hand und sag wir sind jetzt Freunde. Ja?“

      „Ich hätte nicht gedacht, dass du so störrisch bist.“

      „Ich bin ein Zwerg.“

      „Bist du nicht, nur zur Hälfte.“

      „Dann ist jetzt gerade die zwergische Hälfte störrisch.“

      Schweigen. Doch nicht lange und Beata fängt an zu lachen. Guda kann nicht anders und stimmt in das Lachen ein.

      „Komm her, du sture Zwergenhälfte. Ich will dich umarmen.“ Beata nimmt ihre Freundin in den Arm und gibt ihr einen Kuss. „Ist das wirklich so schlimm für dich?“

      „Ich fühl mich dabei nicht wohl, Beata. Ich weiß, wir leben alle mit dem Drachen in Nachbarschaft. Aber das reicht doch. Keiner geht hin und macht sich lieb Kind bei dem Feuerspucker.“

      „Das ist auch gut so und auch so gewollt. Stell dir vor, jeder wüsste, dass der Drache ein ganz friedlicher Zeitgenosse ist, der keiner Fliege etwas zu leide tut. Es hätte doch keiner mehr rechten Respekt vor ihm. Ich meine, keiner würde ihn als Herrscher dieses Reiches achten. Nur die Angst vor seiner Macht ist es, die die Menschen dazu bringt, ihn anzuerkennen.

      Du aber brauchst keine Angst vor ihm zu haben. Hast du ihn erst einmal recht kennen gelernt, wirst du mich auch verstehen.“

      „Ich gebe mich geschlagen. Dir liegt so viel daran. Dann schau ich mir mal den Prachtkerl aus der Nähe an.“

      Strammen Schrittes marschieren die beiden Frauen weiter. Zur Mittagszeit wollen sie bei Magda Rast machen, um anderen Tages dann bei dem Drachen anzukommen. Unterwegs treffen sie auf Pessolt, der lautstark seine Leute antreibt, weil ihm alles zu langsam geht.

      * * * * *

      So schnell ihn seine alten Beine tragen können, läuft Frieder die Straße nach Steinenaue hoch. Es ist schon einige Zeit vergangen, doch jetzt ist ihm das Glück hold. Dort vorne ist der Kerl, den er wohl sucht. Er sitzt auf einem Pferd und hat es offensichtlich überhaupt nicht eilig. Kaum in Rufweite schreit er hinterher: „Bleibt stehen, Verbrecher. Ich erwische euch. Ihr entkommt mir nicht.“

      Erstaunlicher Weise hat der Reiter tatsächlich sein Pferd zum Stehen gebracht und erwartet nun den Halbling, ohne sich im Sattel umzuwenden. Schnell steht Frieder daneben und blickt, schwer atmend, nach oben.

      „Oh, verzeiht, junge Frau. Von Ferne hielt ich euch für einen Mann, den ich suche. Und wie ich sehe, tragt ihr auch keinen Bogen bei euch und euer Mantel ist dunkelgrün, nicht braun. Ist denn noch ein anderer Reiter an euch vorbei gekommen?“

      Die Reiterin schüttelt nur mit dem Kopf, der von einer Gugel bedeckt ist. Tränen rinnen ihr aus den Augen.

      Frieder bemerkt die Tränen und Mitleid steigt in ihm auf.

      „Gerne würde ich versuchen euch zu trösten und den Schmerz zu lindern, der euch weinen lässt, doch suche ich einen Mörder und habe dafür nun leider keine Zeit. Ihr versteht sicher.“

      Die Reiterin nickt nur leicht und treibt ihr Pferd wieder an, das in langsamem Schritt ungeleitet weiter die Straße verfolgt.

      Noch kurz blickt Frieder der traurigen Gestalt hinterher. Dann wendet er sich, besieht sich den weiten Weg zurück, holt noch einmal tief Luft und rennt die Straße nun Richtung Franconovurd. Mist, Zeit verloren, denkt er sich.

      * * * * *

      „Bald sind wir da.“, freut sich Beata. Immer wenn sie ihre Mutter besucht, freut sie sich. Ihre Brüder zu ärgern und mit der kleinen Schwester zu spielen, ist immer ein Fest für sie. Manchmal braucht sie das. Öfters aber genießt sie die Ruhe in der Bule. Dann braucht sie die Familie nicht. Bestimmt ist das auch der Grund, dass es niemals Streitigkeiten gibt. Man sieht sich nicht so oft.

      „Ich bin gespannt, was heute in ihrem Kessel blubbert.“ Guda liebt gutes Essen und Magda ist eine hervorragende Köchin.

      Während Guda noch tief in nahrhaften Gedanken versunken ist, bemerkt Beata die kleine Person, die höchst eilig ihnen entgegen kommt.

      „Ist das nicht Frieder?“

      „Du hast recht. Und er wirkt sehr aufgeregt. Was er wohl hat?“

      Die Antwort lässt bei Frieders Tempo nicht lange auf sich warten.

      „Habt ihr ihn gesehen?“, stößt der Halbling hervor, schon bevor er die Frauen erreicht hat.

      „Wen sollen wir gesehen haben, Frieder? Seit der Bule ist uns, außer dem Händlerzug, niemand begegnet.“, antwortet Beata verwundert.

      „Verdammt, verschwunden. Hat der sich in Luft aufgelöst?“ Außer Atem hält er vor ihnen an und ringt nach Luft. „Dieser vermaledeite Mörder ist fort.“ Enttäuscht und völlig erschöpft sinken die Schultern herunter.

      „Wieso Mörder? Was ist hier geschehen? Ist etwas mit Mutter?“

      Beata ist aufgeregt. Sie spürt, dass etwas nicht stimmt. Es ist wirklich nur sehr selten, Frieder so weit vom Hof allein ohne Magda anzutreffen.

      „Sie ist tot. Irgendein Mann hat sie umgebracht. Und ich hab ihn nicht erwischt.“ Traurig setzt sich Frieder einfach auf der Stelle nieder, an der er gerade steht und erneut beginnen seine Tränen zu fließen.

      Es dauert schon etwas, bis Beata und Guda einen vernünftigen Bericht aus dem Kleinen bekommen haben. Am Ende sitzt die Halbzwergin neben Frieder. Eng umschlungen fließen beiden wahre Tränenströme aus den Augen.

      Beata hat ihre ersten Tränen schnell unterdrückt. Die Wut und das Entsetzen und die Unverständnis über diese unglaubliche Tat haben Überhand bekommen. Sie kann nicht mehr weinen. Jetzt nicht. Der wilde Zwiespalt der Gefühle zerreißt sie fast. Jetzt heißt es handeln.

      „Genug der Trauer fürs Erste.“, herrscht sie die Beiden am Boden an. „Guda, du wirst mit Frieder auf den Hof laufen und mit dem Pferd kommst du zur Weide hinaus, wo ich dich erwarten werde. Wir haben Eile.

      Frieder, du kümmerst dich um die Jungs und die kleine Methildis. Sie wird es noch nicht verstehen, doch für meine Brüder wird es schwer werden.“

      Überrascht blicken vier Augen voll Tränen Beata von unten herauf an?

      „Eile?“, schnieft Guda und wischt die Tränen weg.

      „Ja, Eile. Du weißt: Wen des Todes Hand berührt,“

      „alsbald starr wie Eis gefriert.“, vollendet Guda die alte Weisheit. „Ja, du hast Recht. Wir haben Eile. Auf Frieder, laufen wir schnell auf den Hof.“ Sie hilft dem Halbling auf die Füße und gemeinsam traben sie den Weg wieder zurück. Während sie die Straße verlassen und die wenigen Schritte auf Magdas Gut auf kürzestem Weg querfeldein hinter sich bringen, eilt Beata weiter zur Weide hin. Die ganze Zeit schon überlegt sie, was der Grund für diese Meucheltat wohl sein möge. Gut, ihre Mutter war ein harter Verhandlungspartner und so manchem Grafen, Bauern oder Händler hat sie mehr abverlangt, als diese zu zahlen bereit gewesen waren. Doch das war kein Grund dafür. Normal übliches Handelsgebahren. Mit ihren Nachbarn hat sie sich immer gut verstanden. Stets hilfsbereit und nachsichtig, wenn Geliehenes nicht, wie vereinbart, beglichen wurde. Diese Menschen hatten erst recht keinen Grund, sie umzubringen. Mit Zwergen und Halblingen war das Verhältnis noch um ein vielfaches besser. Nein, es gab keinen Grund, für niemanden, ihr nach dem Leben zu trachten. Und doch hat Frieder einen jungen Mann im Waldstreifen an der Weide gesehen, der wohl den Schuss abgegeben haben muss. Von allein kommt kein Pfeil geflogen. Wer war dies wohl und mit welchem Grund? Sie

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