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euch von Interesse sein könnte, ist der Tod der Mutter König Sigurds.“

      „Davon hab ich schon gehört. So bin ich denn also wohl bereitet, mit den edlen Leuten hier zu sprechen und niemandem zu nahe zu treten oder gar zu brüskieren.“

      Pessolt unterbricht, denn Rudwin bringt den nächsten Humpen. Dann fährt er fort: „Haltet mich nicht für neugierig, Frau Magda. Auch mich drängen Fragen, allerdings nicht so dramatische wie jene des Halblings.“

      „So fragt denn, Pessolt. Ich werde sehen, ob ich antworten mag.“, erlaubt sie.

      „Wikerus hat mir erzählt, ihr hättet euer Gut einem alten Grafen aus den Rippen geleiert. Er hat auch erzählt, dass ihr dies nur erhalten hättet, weil ihr einen Drachen euren Freund nennen könnt. Es soll damals sogar Tote gegeben haben. Ich kann mir dies so gar nicht vorstellen. Ein Drache! Das gibt es doch nicht.“

      „Möge Wikerus sein dummes Maul halten oder die rechte Wahrheit sprechen. Es geht euch zwar nichts an, doch bevor auch ihr noch weiteren Blödsinn hinzu erfindet und über mich verbreitet, will ich euch berichten, was sich wirklich zugetragen hat. Ihr erlaubt?“ Magda ist erbost über dieses dumme Gewäsch. Sie zieht sich einen Hocker herbei. Der Jüngling blickt zuerst sie mit großen Augen an und dann tief in das vor ihm stehende Wasser.

      „So höret denn: Ich bin die Tochter eines armen Unfreien, aufgewachsen bei meinem Onkel. Des Grafen Sohn, den Namen werde ich euch nicht preis geben, verging sich an mir und ich ward schwanger. Dann beging ich den Fehler und gab ihn bei seinem Vater, meinem Richter, als den Täter an, worauf dieser mich zur Strafe für eine Lüge, wie er anfänglich meinte, ins Kloster nach Uulthaha schickte. Ein Mönch sollte mich bringen, doch ich entfloh ihm. Auf meiner Flucht traf ich auf den Herren dieses Tals, Eringus, den Drachen. Ja, den gibt es wirklich, doch hat er es nicht nötig, sich jedem zu präsentieren.

      Ich gebe zu, es ist wahrlich kein Vergnügen, einem derart riesigen Drachen gegenüber zu stehen. Sein Maul ist so gewaltig, dass es ihm keinerlei Schwierigkeiten bereiten würde, euch junger Herr, mit einem Happs zu verspeisen. Doch mir gegenüber war er friedlich, denn ich sollte ihm einen Dienst erweisen.

      Jener Drache brachte mich zuerst zu den Halblingen, bei denen ich sehr viel lernte. Seit damals begleitet mich Frieder fast überall hin. Danach durfte ich in der Zwergenfestung Steinenaue leben und weiter lernen. Dort lernte ich auch die Kampfkunst, mit der schon so mancher Bär oder betrügerischer Gast Bekanntschaft machte.

      Als dann die Zeit kam, musste ich meinen Dienst erfüllen, welcher mich zu eben jenem Grafen wieder zurück führte, der mich seinerzeit ins Kloster schickte. Durch Umstände, die überhaupt nichts mit meiner Person zu tun hatten, hat der Sohn sein Vergehen mir gegenüber inzwischen zugegeben und seine Mutter ward sogar der Untreue und anderer Gräueltaten an ihrem Mann überführt worden. Der Graf gab mir als Wiedergutmachung für die Notzucht diesen Grund zu eigen, hieß der Gräfin ersten Mittäter zu steinigen und auch sein Weib, die Gräfin selbst, sollte sterben. Er wollte sie auf den Scheiterhaufen stellen, doch ihr gelang zuvor die Flucht. Der Meier, ihr Mitverschworener, versuchte noch während des Prozess zu fliehen und rannte bewaffnet auf mich zu. Ich konnte ihn, sicher für ihn sehr schmerzlich, aufhalten und den Wachen übergeben. Doch, wie gesagt, all jene Geschehnisse habe ich nicht zu verantworten. Es war jener Graf, der alles ans Tageslicht brachte und die Urteile wurden von einem anderen Grafen gesprochen. Grad so, wie es unser Recht verlangt. Ich habe niemals einen Menschen getötet und werde es wohl auch, wie ich hoffe, nie tun müssen. Nur mein Vieh stirbt von meiner Hand. Dass der Graf mich derart reich beschenken würde, hätte ich nie gedacht. Kein Verlangen kam über meine Lippen. Und all das geschah, bevor dann der Drache in die weiteren Ereignisse eingriff.“

      „Eine wirklich erstaunliche Geschichte. Ich geb euch recht, Frau Magda. Bei nächster Gelegenheit rate ich Wikerus, den Mund zu halten. Und Gleiches werde auch ich tun. All zu leicht mag einer dies missverstehen, der es nicht aus eurem Munde hört. Umso eher, wenn etwas falsch gesagt wird. Seid bedankt für eure Offenheit.“

      „Ich denke, es war nötig, dies klar zu stellen. Ich bedaure auch, nie eine Gelegenheit zur Aussprache mit der Gräfin gehabt zu haben. In den wenigen Augenblicken, da ich sie sah, bekam ich den Eindruck, sie mache mich für all ihr Unglück verantwortlich. Dabei hätte ich nie ein Wort über die Notzucht gesagt, wenn der Graf mich nicht derart gedrängt hätte. Sie muss so voller Bitternis sein, dass es über ein menschliches Maß hinaus geht.“

      „Sicher, sicher. Ich sehe euren etwas betrübten Blick, Frau Magda. Würde es euch ablenken, uns noch ein kleines Liedchen zu singen? Ich hoffe, Wikerus hat damit nicht auch die Unwahrheit gesagt. Er meinte, ihr könntet angenehm singen und hättet oft ein passend Liedlein parat.“

      Gerne nimmt Magda die Aufforderung an. Tatsächlich hat sie die Erinnerung an damals etwas betrübt. Auch wenn die Sprache nicht darauf kam, so hat es sie doch an Karl, ihren verstorbenen Mann erinnert, den sie bei der Geschichte auch kennen gelernt hatte.

      „Ihr habt recht, Pessolt. Ein Liedchen mag gerade jetzt nichts Verkehrtes sein. Nur einen Moment Geduld.“ Hinter dem Schanktisch holt Magda ihre Laute hervor, um ihren Gesang zu begleiten.

      „So höret nun mein Liedchen über den Doppelbiergraben.“

      Doppelbiergraben

      Kehrreim

      Die Brücke in die Bule rein, die stürzte krachend ein,

      nur weil des Bibers Zahn so hart, der nagte alles klein.

      Der Zwerg und auch der Mönch, die kippten in den Bach hinein

      und leider auch zwei Fass voll Bier, die fielen hinterdrein.

      Zwei Weibern in der Bule ward das Fässchen einmal leer.

      Erschrocken rief die eine aus: "Wir haben kein Bier mehr."

      Sogleich darauf die zweite sprach: "Das ärgert mich gar sehr.

      Denn morgen komm'n erst Zwerg und Mönch und bringen Neues her."

      Kehrreim

      Am Tag darauf zog los der Zwerg mit seinem Ochsgespann

      und auf der Straße traf er dann den Mönchen irgendwann.

      "Leg auf das Fass und auch den Karr'n, so kommen wir sodann

      zur gleichen Zeit mit unserm Bier am Haus der Weiber an."

      Kehrreim

      Der Pfahlweg durch die Bule über manche Brücke führt,

      doch eine dieser Brücken hat des Bibers Zahn berührt.

      Der Ochse zog den Karren auf die Brücke ungerührt.

      Den Absturz haben Zwerg und Mönch im Doppelbier gespürt.

      Kehrreim

      Kehrreim schneller

      Begeistert klatschen der Händler und der Jüngling in die Hände.

      Die Wirtin verwahrt die Laute wieder an ihrem Platz und setzt sich wieder zu dem Händler. „Es freut mich, wenn euch dies kleine Lied gefallen hat. Lasst uns jetzt das Geschäftliche bereden, Pessolt. Was führt ihr mit euch?“

      Es folgt eine Zeit ausgiebigen Feilschens, das zur Zufriedenheit aller verläuft.

      „Wunderbar, Frau Magda. Einfach wunderbar. Ich danke vielmals. Sagt, wart ihr schon einmal in Ascaffaburc? Eine wunderbare Stadt. Dort könnte man so ein Haus wie das eure wohl noch gebrauchen. Viele Händler gibt es dort, die auf der Durchreise gerne auch mal eine Nacht ruhen wollen.“

      „Mich zieht hier nichts fort und meine Geschäfte haben es mir noch niemals erlaubt, auch nur weiter als ein paar Schritte ins Boierische zu tun. Ich bin es hier zufrieden.“

      „Schade, doch wie ihr meint. Jetzt denke ich aber, es sei an der Zeit, der Ruhe zu pflegen. Ich wünsche eine gute Nacht.“, beendet der Gast die Verhandlungen.

      „Gute Nacht, Pessolt.

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