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Professor, Sie müssen kommen! Sofort!“, rief er außer Atem schon von weitem, gerade mal, dass er in Hörweite der beiden war.

      „Das klingt gut“, lächelte der Professor und sein Gesicht zeigte einen verklärten Ausdruck. als er Lafette ansah. „Sie werden sehen, Monsieur: Die Fellachen hat es doch hierhergezogen.“

      *

      George Dumont hatte sich auf einem Felsbrocken am Rande der Grabungsstätte niedergelassen, löste die Schnürriemen an seinen knöchelhohen Lederschuhen und streifte sie ab. Als er sie mit der Sohle nach oben kehrte, suchte sich ein Rinnsal von feinem rotem Sand den Weg nach außen und rieselte zu seinen Füßen nieder.

      Seine Fußsohlen brannten. An diesem Tag hatte er kaum Gelegenheit zum Ausruhen gehabt, war nicht dazu gekommen, seine Beine mit den schmerzenden Füßen auszustrecken oder sie vorübergehend in kühles Wasser einzutauchen.

      Während er die brennenden Bereiche mit dem Handballen massierte, schweiften seine Blicke über das Tal bis hin zu den Erhebungen des Jabal ar Rukbah Gebirges.

      Hinter sich hörte er die scharrenden und hackenden Geräusche der Arbeiter, die damit beschäftigt waren, den Eingang der Höhle von Sand und Geröll zu befreien. Abweichend von der eigentlichen Suche würden sie anschließend das Innere der Höhle durchsuchen und feststellen, dass die ganze Arbeit umsonst gewesen war.

      Warum sich der Professor auf diese Gegend hier versteift hatte, war selbst George, der das innigste Verhältnis von allen zu Rosenbaum hatte, nie klargeworden. Das geistige Konzept des Professors, nach welchem sich die Fellachen gerade an diesem Ort angesiedelt haben sollten … na ja. Ihm sollte es gleich sein, solange man ihn für seine Arbeiten bezahlte, auch wenn sie sich als nicht allzu befriedigend herausstellten.

      „Ich glaube, Sie denken das gleich wie ich“, hörte er von leichtem italienischen Akzent durchsetzte Stimme von Luigi Zanolla hinter sich.

      „Ich weiß nicht, was der Alte sich dabei denkt. Ich verstehe es einfach nicht“, sagte Zanolla in ruhigem Ton, doch der Unterton seiner Stimme war umso vielsagender.

      „Was gedenkt er hier zu finden? Was gibt es hier außer Wüstenreptilien und Spinnen Interessantes zu erforschen?“

      Zanolla ließ sich seufzend auf den Felsbrocken neben Dumont nieder und wischte sich mit einem riesigen Tuch, das er anscheinend stets mit sich führte, über die Stirn und das spärliche Kopfhaar. Seine khakifarbene Hose und das dunkelgrüne Hemd waren völlig durchschwitzt. Kaum hatte er sein Tuch in der Tasche seiner Hose verschwinden lassen, stand ihm bereits wieder der Schweiß auf der Stirn.

      „Ich weiß nicht, ob ich das hier noch lange mitmachen werde“, hörte ihn George Dumont, der immer noch dabei war, die Berge mit seinen Blicken abzutasten, sagen.

      „Wenn dieses Projekt abgeschlossen sein wird, werde ich nach Italien zurückkehren. Eine ruhige Anstellung in einem Museum, es muss ja nicht gerade der Nachtwächterposten sein, für die restlichen Arbeitsjahre meines Lebens, das wäre schon okay.“

      Zanolla stieß Dumont mit dem Ellbogen in die Seite.

      „Hören Sie mir eigentlich zu?“, fragte er amüsiert und folgte dem Blick seines Kollegen in die Ferne.

      Dumont schien die Frage Zanollas zu überhören.

      „Glauben Sie, dass es die Fellachen irgendwann aus dem fruchtbaren Gebiet des Nils nach hier gezogen hat? In diese Einöde, von der der Professor glaubt, dass es einmal hier Wasser gab?“

      „Sie zweifeln also auch an der These des Professors?“

      „Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Warten wir es einfach ab. Die nächsten Tage werden über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.“

      „Ja, warten wir es ab“, seufzte Zanolla erneut und erhob sich. „Ich werde das Essen vorbereiten.“

      Dumont sah noch eine Weile hinter Zanolla her, bis dieser in einem der großen Zelte verschwand. Mit einem letzten Blick über die Berge erhob er sich und trottete der Stelle zu, die seiner Meinung nach bisher kein Fellache zu sehen bekommen hatte.

      Schon von weitem sah Dumont, dass das Team gute Arbeit geleistet hatte. Der Eingang der Felsenhöhle lag frei vor ihnen. Die Arbeiter hatten ihre Arbeit eingestellt, denn mit den weiteren Maßnahmen hatten sie nichts zu tun. Sie waren von Professor Rosenbaum instruiert, Zurückhaltung zu üben, wenn Forschungszentren freigelegt worden waren oder die Annahme bestand, dass bestimmte Terrains erst einmal analysiert werden mussten.

      Genau das war nun der Fall und so wartete man auf den Professor oder einen seiner Kollegen, um neue Anweisungen zu erhalten.

      George Dumont nickte den wartenden Arbeitern freundlich zu und betrat die Höhle durch den türrahmengroßen Eingang. Er musste nicht einmal den Kopf einziehen oder sich gar bücken, so groß war die Öffnung. Er folgte dem freigelegten Gang einige Meter in das Innere und bemerkte erstaunt, dass die Höhle mehr und mehr an Höhe gewann.

      Mit seiner Taschenlampe tastete er Meter für Meter der rötlichen Steinformation ab. Erst die Wölbung über ihm, dann die Wände.

      Schließlich ließ er den Lichtschein auf fünf nebeneinanderliegenden kleinen Öffnungen in den Seitenwänden des Felsens verharren.

      Für ihn hatte es nicht den Anschein, dass diese Öffnungen ein Werk der Natur waren. Dafür waren sie zu gleichmäßig angeordnet. Allerdings befanden sie sich schätzungsweise vier Meter über dem Erdboden. Also vielleicht doch eine Laune der Natur?

      Dumont tastete sich mithilfe des Lichtscheins seiner Taschenlampe bis zum Ende der Höhle, die nach sieben bis acht Metern wieder in ihrer Höhe verebbte, um schließlich auf dem Erdboden zu enden.

      Der leuchtende Kegel kletterte suchend über den dunklen Felsen, tastete Stein um Stein ab, bis er schließlich an einer dunklen Stelle nahe der Felsendecke innehielt.

      „Was mag der Sinn dieser Öffnungen zu sein.“ Dumont strengte seine Augen an, doch das diffuse Licht ließ sich nicht so weit durchdringen, um Einzelheiten wahrzunehmen.

      „Da sind noch mehrere solcher Löcher im Gestein.“ Einer der Arbeiter war nähergetreten und zeigte mit seinem gestreckten Arm in die Richtung, in welcher er die Öffnungen wahrnahm.

      „Wir brauchen eine Leiter“. Dumont sah den Mann, der sich nach vorne gedrängt hatte, fordernd an. Dieser deutete eine leichte Verbeugung an und verschwand aus dem Inneren der Höhle. Kurze Zeit später kam er zurück, über der Schulter eine ausziehbare Leiter aus Aluminium.

      Zumindest die Ausrüstung lässt nichts zu wünschen übrig in dieser Einöde, in der wir nichts Anderes tun, als auf einen großen Erfolg zu warten, dachte Dumont bei sich. Einen Erfolg, an den kaum noch jemand zu hoffen wagt.

      Auf sein Zeichen stellte der Mann die Leiter an und setzte einen Fuß unterhalb der unteren Sprosse an, um ein Verrutschen der Planken zu vermeiden.

      Dumont stieg zaghaft eine Sprosse nach der anderen hinauf, den Lichtkegel seiner Taschenlampe auf den Felsen gerichtet.

      Schließlich war er so hoch gestiegen, dass die Öffnungen vor ihm lagen. Um in sie hineinzublicken hätte er gerade noch zwanzig Zentimeter höher steigen müssen, doch dann hätte er den Haltegriff an der oberen Leitersprosse aufgeben müssen. Mit dem rechten Arm in die Aushöhlungen zu greifen war jedoch durchaus möglich.

      Dumont setzte an, seine Hand in die Öffnung zu stecken, doch dann zuckte er zurück. Er sah nach unten in die erwartungsvollen Gesichter seines Arbeiterteams, dann wieder zu der angeleuchteten Öffnung im Felsgestein in der Wand über ihm.

      Ein leichter Schauer und ein Kribbeln in der Bauchgegend überkamen ihn, als er sich vorstellte, dass diese Öffnung vielleicht ausschließlich Nester von irgendwelchen Reptilien oder giftigen Insekten sein würden.

      Er schaute erneut nach unten und sah in die Gesichter, in denen sich Zweifel und Erwartung, aber auch Schadenfreude wiederspiegelten.

      Ich sollte einen von ihnen beauftragen, fuhr es ihm durch den

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