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an die Wand.

      Ein Türsteher-Hexer versenkt eine schwarze Kugel in seinem Allerheiligsten. Das hatte Henry wohl nicht kommen sehen, denn er geht stöhnend in die Knie.

      Der Bulldozer zieht mich in eine aufrechte Position und lächelt mich scheu an. Ich erwidere es, immer noch mit zittrigen Knien. Wow, das war haarscharf an einer Vergewaltigung vorbeigeschossen.

      Nach ein paar Sekunden hab ich mich halbwegs im Griff, sodass ich zumindest aus meiner Schockstarre erwache. Der Ärmel meines Kleides ist abgerissen. Netterweise hängt mir der Türsteher Henrys Jackett um die Schultern, das er ihm gerade vom Leib gehext hat. Da er den Schmerz augenscheinlich noch immer nicht überwunden hat, scheint es ihn nicht zu stören oder er hat es gar nicht mitbekommen.

      Dass mich der Gorilla aus dem Club begleitet, beruhigt mich ungemein. Vor allem, weil ich doch lästig viel Aufmerksamkeit errege.

      Ich steige in Henrys BMW, dessen Schlüssel ich aus seiner Jacke ziehe und brause davon. Erst jetzt scheint mein Körper die volle Tragweite der letzten paar Minuten zu realisieren. Mein Zittern intensiviert sich, geht in ein Beben über. Da ich schon bald das Lenkrad nicht mehr ruhig halten kann, fahre ich rechts ran.

      Wie dumm kann man eigentlich sein, tadle ich mich selbst. Ich geh echt mit einem Wildfremden in einen Hexenclub – ohne Zauberkräfte. Das sieht mir gar nicht ähnlich. Normalerweise passe ich besser auf mich auf. Ich halte diese Scheiße nicht mehr aus – genau davor wollte ich mich schützen, indem ich die Magie in mir losgelassen habe.

      Erschöpft lehne ich den Kopf ans Lenkrad. Mein Schluchzen kommt schubweise und geht in heiße Tränen über, die meine Wangen herunterlaufen.

      Die morgendliche Dämmerung gibt den Blick auf den Michigansee frei, den ich neben der Straße erkenne. Aus einem Impuls heraus steige ich aus und stapfe das Ufer entlang.

      Eiskalter Wind bläst mir entgegen, aber das macht mir nichts aus. Es ist eine Abwechslung, mal etwas anderes als den Schmerz in meinem Inneren zu fühlen, auch wenn es nur die beißende Kälte ist. Aber selbst sie vermag es nicht, mich zu betäuben. Es gelingt mir kaum, meinen Gefühlen Herr zu werden. Wie Wellen schwappen sie über meinen Körper hinweg, zwingen mich in die Knie, sodass sich der Sand in meine Handflächen gräbt.

      Ein mir bis jetzt unbekanntes Gefühl erfüllt mich, nachdem ich mit zitternder Hand die Ampulle von Henrys Jackentasche herausgezogen habe. Das neue Gefühl besteht aus Angst, die mit einem Schuss Sehnsucht versetzt ist.

      Es ist eine gläserne Spritze, auf der Ambrosia steht, deren Entdeckung ich machte, als ich vorhin nach den Autoschlüsseln gesucht habe.

      Meine böse, innere Stimme ermutigt mich, einmal all meine Selbstbeherrschung über Bord zu werfen, aber mein Verstand rät mir davon ab.

      Irgendwie treten auf einmal Lord Thalis‘ Worte in mein Bewusstsein: „Wir haben gerade über absolute Körperbeherrschung gesprochen. Für einen Magier ist es notwendig, nicht nur seinen Geist, sondern auch seinen Körper zu kontrollieren. Ich finde, du bist dafür ein gutes Beispiel, Hope“. Ist es das, was ich bin – ein verklemmtes, kontrolliertes Monster, das von seinen Emotionen übermannt wird?

      Lass einfach los – sage ich mir wie ein Mantra. „Ich will glücklich sein. Nichts weiter“, ist mein einziger Gedanke, als ich mir die Spritze in die Vene jage.

      Das Serum breitet sich wie ein Buschfeuer in meinem Inneren aus, flutet mich mit einer inneren Wärme, wie ich sie noch nie zuvor verspürt habe. Meine Ängste sind wie weggeblasen. Glücksgefühle treten an ihre Stelle, lassen mein Herz höher schlagen. Eine ganzheitliche Euphorie erfasst mich, bringt mich zu herzhaftem Lachen. Ich will tanzen, Spaß haben – einfach leben.

      Energisch streife ich mir das Jackett und daraufhin das Kleid ab, weil mich diese Hitze durchflutet, die unglaublich guttut.

      Vollkommen befreit stürze ich mich in die Fluten, die meine Haut prickeln lassen. Das Wasser ist wie eine kalte Dusche, die meinen Körper belebt. Vergnügt wirble ich herum, bin einfach frei. Lasse einfach los.

      Plötzlich erhebt sich das Wasser vor mir in einer unnatürlichen Form. Einen Wimpernschlag später baut sich eine männliche Gestalt, die vollständig aus Wasser zu bestehen scheint, vor mir auf und streckt mir die Hand entgegen, als würde sie mir anbieten, sie zu ergreifen. Obwohl das hier gerade voll gruslig ist, muss ich trotzdem lächeln. Wow, was für ein Trip, das Zeug haut ja voll rein.

      Die Gestalt erwidert mein Lächeln und kommt auf mich zu. Komisch, ich verspüre keine Angst, obwohl mir irgendetwas sagt, dass ich sie empfinden sollte. Gesunder Menschenverstand vielleicht, der bei mir mit über Bord gegangen ist.

      Die Hand der Kreatur streicht über meine Wange. Die Berührung ist kalt, aber dennoch nicht unangenehm.

      Im nächsten Atemzug spüre ich einen sanften Druck an meiner Hüfte. In den Zügen der Wassergestalt liegt eine Faszination, die mich schlagartig in einen Bann zieht. Ohne Gegenwehr lasse ich es zu, dass mich diese Kreatur an ihre kalte Brust zieht.

      Kurz flackert eine unterschwellige Emotion auf, die mich erinnert, dass mich dieser Typ unter Wasser ziehen kann, aber sie schafft es nicht, mich aus der Ruhe zu bringen. Das Glücksgefühl in mir überwiegt, verdrängt jede Furcht.

      Mein Atem geht stoßweise, als der Wassermann über meinen Rücken bis hin zu meinem Nacken streichelt und mich mit sanftem Druck näher an sich heran zieht.

      Eine Welle schwappt an meinen Rücken und überbrückt den Abstand zu seinem Mund sogleich.

      Kurz schrecke ich zurück, weil sich sein Kuss so kalt anfühlt, aber meine erhitzten Lippen vermag das kaum zu kühlen. Seine sanften Berührungen nehmen mir die Scheu vor diesem Wesen. Ganz im Gegenteil, in mir lodert ein Durst auf, den ich kaum zu stillen vermag. Das klarste Wasser, das ich jemals gekostet habe, rinnt mir die Kehle hinab.

      Sein Griff schließt sich fester um meinen Körper und auch dem Wassermann scheinen diese Berührungen zu gefallen, denn sein Kuss wird fordernder.

      Ich schließe die Augen und fühle nur noch seinen nassen, festen Körper, während ich von seinen reinen Lippen koste. Eine nächste Welle trifft meinen Körper. Es fühlt sich so an, als würde ich von den Fluten fortgetragen werden.

      Ich lasse es zu, dass er meinen Körper in seine Arme hebt und mich im seichten Wasser des Ufers ablegt.

      Als er sich über mich legt, bin ich wie in Trance. Das Wasser schwappt immer wieder über meinen Körper und zieht sich in stetem Rhythmus zurück. Während mich der Wassermann bis zur Besinnungslosigkeit küsst, ist er stets darauf bedacht, meinen Kopf vor den brechenden Wellen zu schützen, damit ich kein Wasser schlucke. Sie müssen von ihm ausgehen, denn der See ist keinen Gezeiten ausgesetzt.

      Das kühle Nass ist überall auf meinem Körper. Ich will mehr, trinke wie eine Verdurstende. In seinen klaren Augen lese ich dieselbe Leidenschaft. Ich bin nur noch am Fühlen – lasse mich in einem Meer aus Empfindungen treiben.

      Thomas

      Etwas kitzelt meine Nase. Ich öffne kichernd die Augen und blicke in das Gesicht einer Möwe, die munter drauflospikt. Panisch zucke ich zusammen. Okay, Totalabsturz.

      Sag mal, hatte ich Halluzinationen? Das, oder ich hab tatsächlich mit einem Wassermann geknutscht. Ich lächle – nein, da ist wieder meine kranke Phantasie mit mir durchgegangen oder ich war einfach nur high.

      Ganz sicher bin ich hier zusammengesackt und hab geträumt. Obwohl es schon komisch ist, dass ich nackt unter einem Algenteppich liege. Überall suche ich nach meinem Kleid, das wohl den Fluten zum Opfer gefallen ist. Wenigstens liegt Henrys Jackett in Reichweite, sonst wären die Wagenschlüssel auch dahin gewesen.

      Auf meiner kühlen Haut zeichnet sich ein leichter Seegeruch ab, was mich überzeugt, dass ich wohl baden war und dabei meine Unterwäsche verloren habe. Die Strümpfe hab ich aber noch an. Mann, ich war wohl echt total hinüber.

      Das Jackett reicht gerade mal so über meinen Arsch und

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