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      Gerd Kallweit

      Entrüstung reicht nicht

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Vorwort

       Trennung der Staatsgewalten: Eine Idee bahnt sich ihren Weg

       Gewaltenteilung pur?

       Unabhängige Justiz?

       Trennung pur ist nicht gewollt

       Wie ticken die Parteien?

       Alles in Stein gemeißelt?

       Proteste und Konzepte

       Trennung der Staatsgewalten + direkte Demokratie = ein Patentrezept?

       Ein gesetzliches Angebot

       Die Macht der Kirchen

       Trennung ist nicht alles

       Impressum neobooks

      Vorwort

      In diesem Text geht es um staatliche Macht. Üblicherweise sprechen wir von drei Staatsgewalten. Als vierte werden die Medien oft bezeichnet. Die Kirchen als fünfte Gewalt im Staatsgefüge anzusehen, habe ich mir einfallen lassen, weil ihr Einfluss unübersehbar ist. Die Strukturen der Kirchen weisen diese zudem als Macht-Apparate aus. Ihren Einfluss werden wir auf absehbare Zeit hinnehmen müssen – wenn sie ihn nur nicht mit uralten Märchen begründen würden!

      Über Macht im Staat zu schreiben, geht eigentlich gar nicht, ohne ausführlich auf wirtschaftliche Einflüsse einzugehen. National und international sind Konzerne, Banken und Finanzjongleure so mächtig, dass man zweifeln kann, ob die Regierungen und Parlamente überhaupt über eigene Gestaltungsspielräume verfügen. Ich habe dennoch dieses Thema ausgespart. Es ist so umfangreich, dass es hier keinen Raum hätte und ich es ohnehin nicht bewältigen könnte. Mit einer pauschalen Kapitalismuskritik wäre es ja nicht getan.

      Wir Bürgerinnen und Bürger sollten uns dafür engagieren, die staatlichen Verhältnisse zu verbessern. Damit hätten wir schon mal genug zu tun. Selbstverständlich müssen wir dabei die Verflechtungen mit der Wirtschaft im Blick behalten. Der Titel „Entrüstung reicht nicht“ bezieht sich hauptsächlich auf den Vorschlag, regionale und kommunale Versammlungen zu organisieren, um damit die Parteienlandschaft zu ergänzen.

      Ich bin Sozialdemokrat und habe nicht die Absicht, freiwillig aus der SPD auszuscheiden. Wenn ich dennoch dazu auffordere, den Parteien „ein Schnippchen zu schlagen“, mag das widersprüchlich erscheinen. Ich bin aber überzeugt, das würde den Parteien keineswegs schaden, Staat und Gesellschaft aber insgesamt nützen.

      Die folgenden Seiten wurden geschrieben, bevor Sahra Wagenknecht öffentlich zu einer Sammlungsbewegung aufrief. Ihr Projekt „#Aufstehen“ kann möglicherweise die von mir angeregten Versammlungen überflüssig machen. Ich glaube das aber nicht.

      Wagenknechts Gründungsaufruf besteht aus einer anklagenden Auflistung politischer und wirtschaftlicher Fehlentwicklungen sowie einer Auflistung ihrer Ziele. Sowohl die Kritik an den derzeitigen Zuständen, die mit dem einleitenden Satz „Wir leben in einem Land voller Widersprüche“ zusammengefasst sind, wie auch die Ziele sind so allgemein formuliert, dass wahrscheinlich die meisten Vertreter/innen der etablierten Parteien sie im Wesentlichen unterschreiben könnten.

      Der Knackpunkt wird die Umsetzung in konkrete politische Schritte sein. Dazu soll mit allen Anhängern ein Programm ausgearbeitet werden. Ich vermute, es wird das Programm einer Protestpartei.

      Ohne ein Programm, das bundesweit abgestimmt werden muss und dann auch bundesweit gilt, scheint mir basisdemokratisches Engagement auf regionaler und kommunaler Ebene besser funktionieren zu können.

      Mainz, im Dezember 2018, Gerd Kallweit

      Trennung der Staatsgewalten: Eine Idee bahnt sich ihren Weg

      Man schrieb das Jahr 1690 christlicher Zeitrechnung als ein Brite anonym „Zwei Abhandlungen über die Regierung“ veröffentlichte. Das Werk sollte sich als Meilenstein erweisen: Es beeinflusste staatsrechtliche Überlegungen nachfolgender Generationen. Dennoch bekannte der Autor, John Locke (1632 – 1704) sich erst in seinem Testament zur Urheberschaft, obwohl Zeitgenossen ihn schon vorher als Verfasser ausgemacht hatten.

      Locke fordert darin die Trennung von Legislative und Exekutive im Staatswesen, und die Konstituierung der legislativen Gewalt bezeichnet er als „das erste und grundlegende positive Gesetz aller Staaten“ (§ 134). Mit einer einleuchtenden Begründung plädiert er für die Trennung der beiden Gewalten: „Bei der Schwäche der menschlichen Natur, die stets bereit ist, nach der Macht zu greifen, würde es jedoch eine zu große Versuchung sein, wenn dieselben Personen, die die Macht haben, Gesetze zu geben, auch noch die Macht in die Hände bekämen, diese Gesetze zu vollstrecken. Dadurch könnten sie sich selbst von dem Gehorsam gegen die Gesetze, die sie geben, ausschließen und das Gesetz in seiner Gestaltung wie auch in seiner Vollstreckung ihrem eigenen persönlichen Vorteil anpassen. Schließlich würde es dazu kommen, daß sie von den übrigen Gliedern der Gemeinschaft gesonderte Interessen verfolgen würden, die dem Zweck der Gesellschaft und Regierung zuwiderlaufen“ (§ 143).

      Anerkannte, autorisierte Richter hält Locke für notwendig (§ 136), um die Einhaltung der Gesetze zu überwachen. Auf die Idee, es könnte eine Judikative als dritte, von den beiden anderen unabhängige Staatsgewalt geben, ist er offenbar nicht gekommen. Jedenfalls erwähnt er einen solchen Gedanken nicht. Es dauerte mehr als ein halbes Jahrhundert, bis der Gedanke dann doch geboren wurde. Diesmal auf französischem Boden. Sein Urheber: Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu (1689 – 1755).

      In seinem 1748 veröffentlichten Werk „Vom Geist der Gesetze“ führt Montesquieu den Begriff der richterlichen Gewalt ein. Seine Forderung einer Dreiteilung staatlicher Macht begründet er ähnlich wie Locke die Zweiteilung: „Wenn in derselben Person oder der gleichen obrigkeitlichen Körperschaft die gesetzgebende Gewalt mit der vollziehenden vereinigt ist, gibt es keine Freiheit; denn es steht zu befürchten, daß derselbe Monarch oder derselbe Senat tyrannische Gesetzte macht, um sie tyrannisch zu vollziehen. Es gibt ferner keine Freiheit, wenn die richterliche Gewalt nicht von der gesetzgebenden und vollziehenden getrennt ist.“

      Vergleichbare staatsphilosophische Ansätze finden sich bereits in Schriften der Antike. Die vor allem auf Aristoteles zurückzuführende Idee der Mischverfassung erwartet eine Machtbegrenzung und gegenseitige Kontrolle durch die Zusammenführung von Elementen unterschiedlicher Staatsformen. Der griechisch/römische Historiker, Staatsmann und Feldherr Polybios, der in seinem Werk „Historien“ die Geschichte Roms von 264 bis 146 v.Chr. beschreibt, sieht den Aufstieg dieses Staates zum Weltreich in der römischen Verfassung

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