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wen sie etwas Positives bzw. Vorteile bewirken oder die Situation gar verschlimmern, ob sie in den gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebettet sind, d. h. ob alle Betroffenen – und das ist bei einer Arbeitsmarktreform letztendlich die gesamte Gesellschaft – von ihnen profitieren.

      Mit der Umsetzung der Reformen der Agenda 2010 erfolgte ein weiterer, wesentlicher Schritt zur Demontage des modernen Wohlfahrtsstaates, so wie er einst mit der bismarckschen Sozialgesetzgebung im Deutschland des 19. Jahrhunderts seinen Anfang nahm. So kommt auch in den Hartz-Reformen eine deutliche Abkehr von der bisherigen Arbeits- und Sozialpolitik zum Ausdruck. Die einst starke Stellung der Sozialversicherungen und der Lohnbezogenen Leistungen wurde durch diese Reformen stark abgeschwächt. Die meisten Erwerbslosen beziehen heute nur noch eine pauschale Grundsicherung, deren Höhe sich an einem willkürlich festgelegten, sog. Existenzminimum orientiert. Weiterhin hat sich u. a. bei der Arbeitslosenversicherung der Anteil der Steuerfinanzierung gegenüber dem der Beitragsfinanzierung deutlich erhöht, was wiederum ein Kennzeichen einer anderen Politik ist, welche Gewinne zunehmend der Privatisierung zuführt und Verluste vornehmlich sozialisiert, d. h. überwiegend dem „kleinen“ Steuerzahler aufbürdet. Infolge dessen verringerten sich z. B. die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 Prozent auf 2,8 Prozent (2009), (vgl. Steffen 2011: 34). Ferner wurde der Einfluss der Sozialpartner in der Selbstverwaltung, der Gremien der Arbeitsverwaltung, stark eingeschränkt. Die Zugehörigkeit der Sozialpartner zum Vorstand wurde durch die Einrichtung eines hauptamtlichen Vorstandes abgeschafft. Des Weiteren musste sich die Selbstverwaltung aus dem operativen Geschäft zurückziehen, womit ihr Einfluss auf den Vorstand erheblich geschmälert wurde.

      Am 16.08.2002 verkündete Peter Hartz anlässlich einer Feierstunde zur Übergabe seiner Reformvorschläge an die rot-grüne Bundesregierung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder: „Ziel ist es, die Zahl der Arbeitslosen in drei Jahren um zwei Millionen zu reduzieren.“ Dieses Ziel wurde zunächst nicht erreicht, trotz „kreativer Buchführung“ und dem Verbergen der Arbeitslosen hinter teuren, vom Steuerzahler finanzierten, sog. „zusätzlichen“ Arbeitsgelegenheiten und anderen Maßnahmen (vgl. Kap. 5.2.1). Die Hartz-Reformen waren ins Schussfeld geraten, und das nicht nur durch Proteste von Arbeitslosen, Gewerkschaften und Sozialverbänden. Unter dem Titel: „Die total verrückte Reform“, schrieb das Nachrichtenmagazin der DER SPIEGEL vom 23.05.2005: „Die bittere Wahrheit ist: Weder die angestrebte Beschleunigung der Arbeitsvermittlung, noch die gewünschte Kostenersparnis wurden erreicht. Im Gegenteil: Die Hartz-Reform geriet zum Milliardengrab. Verschwendung, Ineffizienz und Bürokratie scheinen die hehren Ziele erstickt zu haben“. Wobei hier zu fragen ist, ob diese Ziele wirklich so hehr waren. Kommentare und Berichte, wie der eben angeführte, über explodierende Kosten und Ineffizienz, waren in den Medien nach Einführung der Hartz-Reformen an der Tagesordnung und ließen sich beliebig weiter anführen.

      Es ist nicht etwa so, dass die angeblichen Mehrkosten der Reformen den Hilfebedürftigen in Form höherer Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts oder etwa in Form von mehr und besseren Weiterbildungsmöglichkeiten zugute kommt, nein, ganz im Gegenteil. Zumindest Ersteres würde den ideologischen Kernmotiven der Reformen sehr zuwider laufen. Die meisten Arbeitslosenhilfebezieher – vor Einführung der Hartz-Reformen bezogen Langzeitarbeitslose die sog. Arbeitslosenhilfe, deren Höhe sich am vorangegangenen Arbeitslosengeld bzw. am früheren Arbeitseinkommen orientierte – mussten infolge der Reformen z. gr. T. erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen. Wenn Erwerbslose, die heute dem Rechtskreis des SGB II unterliegen, eine Weiterbildung oder Umschulung absolvieren – die Gelegenheiten dazu sind heute jedoch für diese erheblich eingeschränkt geworden – erhalten sie nur noch das Arbeitslosengeld-II. Arbeitslosenhilfeempfänger erhielten dagegen bei Teilname an solcherart Kursen Leistungen in Höhe des voran gegangenen Arbeitslosengeldes I, welches i. d. R. erheblich höher war als das heutige Arbeitslosengeld-II.

      In der Tat ist es nun aber so, dass etliche Milliarden Euro u. a. zur Verschleierung der Arbeitslosigkeit – nach Sprachregelung der Reformer würde man das häufig als „Qualifizierungen“ o. ä. bezeichnen – genutzt werden (u. a. mit sog. Arbeitsgelegenheiten, wie z. B. sog. Ein-Euro-Jobs, deren Teilnehmer nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen), zur Aufstockungen von unzureichenden Niedriglöhnen, für Zahlungen an sog. Beschäftigungsgesellschaften (auch „Träger“ genannt) und Betrieben vergeudet werden und letztendlich der horrenden Ineffizienz der Behörde geschuldet sind. So stiegen z. B. die Ausgaben für die Aufstockung von Niedriglöhnen alleine zwischen 2007 und 2010 von 9,6 auf 11,4 Milliarden Euro jährlich, womit ihr Anteil an den gesamten Ausgaben für den Rechtskreis SGB II (Hartz-IV) von 26 auf 31 Prozent anstieg. Das sind Kosten die normalerweise von Unternehmen zu tragen wären, indem sie anständige, zu allermindest aber zum Leben ausreichende Löhne zu zahlen hätten. Ferner machte man einige handwerkliche Fehler bei der Entwicklung des Reformwerks. So erweiterte sich der Kreis der Bedürftigen durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld-II, was die Kosten in durchaus voraussehbarer Weise beeinflusste. Die Sozialhilfe lag zuvor in Händen der Gemeinden, und diese hatten ein Interesse daran, kurz vor den Reformen möglichst viele Sozialhilfeempfänger als erwerbsfähig zu deklarieren um sie los zu werden. Diese bekamen dann Arbeitslosengeld II, was aber größtenteils vom Bund finanziert wird. Weiterhin kamen nun zunächst viele Jugendliche in den Genuss von Sozialleistungen, die sie vor den Reformen nicht bekommen hätten, sofern ihre Eltern über genügend Einkommen verfügten. Hinzu kam eine erhöhte Arbeitslosigkeit. Zum ganzen Bild gehört aber auch, dass durch die Reformen die Zahl der Sozialhilfeempfänger drastisch gesunken ist und damit ebenso die Kosten in der Sozialhilfe. Zudem kann nicht von einer Kostenexplosion in der Arbeitsvermittlung die Rede sein. Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe BIAJ führte eine Hochrechnung der Kosten für das Jahr 2005 durch und verglich dabei das alte System (Arbeitslosenhilfe u. Sozialhilfe) mit dem neuen (Arbeitslosengeld II u. Sozialgeld), zu gleichen Bedingungen. Danach hätten für das alte System 43,2 Milliarden Euro, und für das neue 42,2 Milliarden Euro, also sogar eine Milliarde Euro weniger, aufgewendet werden müssen (vgl. BIAJ, Soziale Sicherheit 11/2005: 361ff). Tatsächlich betrugen die Kosten im Jahr 2005 einschließlich Transfer-, Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten 44,4 Milliarden Euro. Zum Vergleich hatte das Bundesministerium für Arbeit BMAS die Ausgaben für dasselbe Jahr errechnet, die bei Beibehaltung des alten Systems angefallen wären. Danach wären 43,5 Milliarden Euro angefallen, also lediglich 0,9 Milliarden Euro weniger als unter dem neuen System (vgl. Expertise im Auftrag des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland zur Unhaltbarkeit der These von der Kostenexplosion im SGB II und zum tatsächlichen Finanzspielraum für notwendige Hilfeleistungen, von Dr. Michael Seligmann, 2006: 5ff). Man sieht also, dass die verschiedenen Berechnungen nicht bedeutend auseinander liegen und die Kosten trotz erheblich gestiegener Arbeitslosigkeit in 2005 weitgehend gleich blieben, was nichts anderes bedeutet, als dass irgendwo erhebliche Mittel gekürzt worden sein müssen. Dem unerwartet höheren Bedarf in der Arbeitsvermittlung lag vor allem eine falsche Einschätzung der wirtschaftlichen Lage durch die Bundesregierung zugrunde; man rechnete mit einem Aufschwung, der da kommen sollte und der sich so nachhaltig auswirken sollte wie lange keiner mehr vor ihm. Diese Situation, die Fehleinschätzung der Lage und die damit verbundenen höheren Kosten mag z. T. einen wesentlich Impuls gegeben haben, einen Sündenbock zu suchen und die Mehrkosten einem angeblich vermehrten Missbrauch der Transferleistungen zu zuschreiben.

      Allem scheinheiligen Gezeter über eine angebliche Kostenexplosion zum Trotz verhält es sich aber nun so, dass seit Einführung der Hartz-Gesetze, also mit dem Entstehen der Bundesagentur für Arbeit, diese in jedem Jahr Überschüsse „erwirtschaftet“, also Geld anhäuft, dass den Versicherten bzw. Bedürftigen entzogen wird, was eigentlich einen eindeutigen Bruch mit dem im Grundgesetz verankerten Sozialstaatsprinzip darstellt. Z. B. werden für das Jahr 2006 10 Milliarden an Überschüssen angegeben (vgl. Seligmann, 2006: 8). Zu Recht wird von den Betroffenen, den Beitragszahlern und den Bedürftigen, die Erstattung der Beiträge bzw. die Erbringung der Integrationsleistungen in den Arbeitsmarkt von den Bedürftigen eingefordert. Diese sog. Überschüsse werden vor allem durch Kürzungen bei Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger im SGB (Sozialgesetzbuch) II (synonym für Hartz-IV) und durch die drastisch verkürzte Zahlung des Arbeitslosengeldes I im SGB III erzielt. Auch hier offenbart sich

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