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an Informationen, denke ich. Offenbar haben sich etliche Gruppenmitglieder bereits mit Mitgliedern der anderen Gruppe verbrüdert bzw. verschwestert, was entweder den farblich nicht zu unterscheidenden Kostümen oder den bereits bewältigten Alkoholmengen zu verdanken ist. Unterhaltung für den ganzen Zug, juhu, was habe ich für ein Glück. Eine Dame, die laut Aufdruck Janine heißt und von ihren Kampfgefährtinnen „Schaniiin“ gerufen wird, versucht, ihr Bier gleichzeitig mit einem Fläschchen Schnaps zu trinken. Da sie vergessen hat, das Fläschchen zu öffnen, bevor sie es in ihr Bierglas geworfen hat und es auch nicht wieder heraus holen will, bevor es leer ist, knallt es ihr immer wieder gegen die Zähne. „Alllter!“ sagt sie zu ihren Freundinnen „der knallt aber!“.

      Ich kann dem uneingeschränkt beipflichten, versichere, dass ich a) auch in diesem Zug bin, b) eine Art Mann bin und c) weder „ene met drinke“ noch Bützchen austauschen will. Es ist zwar Mitte Juni, das hindert aber natürlich eine fröhliche Rheinländer Girlgroup auf keinen Fall daran, fleißig Karneval zu feiern und die entsprechenden Lieder zu singen. So etwas kann mich allerdings nach mehreren Jahren im Rheinland nicht mehr überraschen – ich habe Weihnachtsfeiern erlebt, bei denen im Narrenkostüm geschunkelt wurde und Sommerfeste, wo „de Prinz“ samt Entourage in vollem Ornat zum Grillen vorbei kam. Das bei jeder Art der Zusammenkunft – es muss sich keineswegs um eine Feier handeln – unbedingt Karnevalsmusik gespielt werden muss, versteht sich da von selbst. Ob „Mer losse d'r Dom en Kölle“ wirklich ein besinnliches Weihnachtslied sei, habe ich in meinem ersten Immi-Jahr mal gewagt zu fragen. „Ja sischer dat“, lautete die Antwort, es komme ja eindeutig eine Kirche darin vor. Kann man gelten lassen.

      Ich krieche weiter und denke gerade, das ich jetzt schon so weit bin, da kann ich ja auch dem Zugführer noch kurz Guten Tag sagen, als ich unerwartet doch noch meinen Zielort erreiche – einen Sitzplatz im Großraumwagen, der mit meiner Platzreservierung korrespondiert. Nachdem ich einige Köfferchen und Schächtelchen auf der Gepäckablage in meinem Sinne verschoben habe, ist eine kleine Lücke entstanden, in die ich meine Fahrradtaschen stopfe. Erschöpft lasse ich mich auf meinen Platz plumpsen und grüße freundlich meine Mitreisenden. Eisiges Schweigen antwortet mir wie aus einem Munde. Was soll‘s, denke ich, wir sind ja nicht zum Spaß hier.

      Ich schau mich mal ein bisschen um, mal sehen, wer sich noch so abenteuerlustig auf Reisen wagt. Schräg vor mir hat sich ein Geschäftsmann niedergelassen. Damit man ihn auch als solchen erkennen kann, gibt er sich betont geschäftig. Er packt seinen Laptop aus, installiert alle notwendige Drähte, Sticks und Mäuse und stellt es aufgeklappt vor sich. Das sieht schon mal gut aus. Nun holt er jede Menge Papiere, Akten und Notizen aus seinem Köfferchen und platziert diese auf den Sitz neben sich. Als Nächstes kramt er ein sehr schickes Smartphone heraus, prüft alle Dichtungen und Sicherungen, checkt auf neue Mails, Apps und Weisungen aus dem Bundeskanzleramt, schließt es vorsichtshalber auch per Nabelschnur an die Deutsche Bahn an und legt es auf das Tischchen des Nachbarsitzes. Nun folgen Kugelschreiber, Bleistift, Textmarker und Stärkungspillen, die vor den Laptop gelegt werden. Das Handy wird nochmal auf wichtige Nachrichten geprüft – da scheint nichts Neues eingetroffen zu sein. Er drückt ein paar Tasten am Laptop – ja, funktioniert. Nun lehnt er sich zurück und denkt angestrengt nach. Dann schläft er ein.

      Auf der anderen Seite des Ganges sitzen zwei Nonnen und tippen wie wild auf ihren Smartphones herum. Vor mir und hinter mir piepst und klickert es wie in einer Spielhalle. Ich schäme mich ein bisschen, dass ich nur ein altmodisches Klapptelefon dabei habe und zeichne mit Smartphones spielende Nonnen in mein Reisetagebuch. Das Schöne an einem Großraumwagen ist ja, dass man über eine Menge Menschen eine Menge mitbekommt. Dass Schlechte ist, dass man das gar nicht immer alles mitbekommen möchte, denn inzwischen wird vor und hinter mir alles ausgepackt, was Bahnhofsbäckerei, MacDonalds und Gyrosbude zu bieten hatten. Es riecht genauso, wie es sich anhört und ich versuche peinlicherweise, etwas zu lüften. Was natürlich nicht geht, wir fahren ja mit der Deutschen Bahn. Vollklimatisiert, was heißen soll, die Wagen sind voll, entsprechend ist das Klima.

Grafik 3

      Macht nix, ab Münster bin ich alleine und das Klima wird besser. Kurz. Dann hält der Zug kurz mal an. Muss mal oder so etwas. Dann macht der Zug „Öffffhhh…“ und alle Lichter gehen aus. Was immer den Zug dazu treibt, ich bin ja kein Zugfachmann und weiß es nicht. Er wird sich schon was dabei gedacht haben denke ich und ansonsten denke ich mir nicht viel. Draußen sind es 35 Grad, drinnen ist es nicht ganz so kühl. Zum Glück kann die Klimaanlage nicht ausfallen, denn die ging ja vorher schon nicht. Nach 20 Minuten kommt der Schaffner mit palettenweise Wasserpäckchen vorbei. Er überreicht mir feierlich ein Trinkpäckchen. Dann schaut er mich nachdenklich an und gibt mir einen zweiten Karton. „Besser ist besser“ meint er tiefgründig. Ich interpretiere das trotzdem als eher nicht so gutes Zeichen.

      Interessant, philosophiere ich, der Zug steht im Münsterland und meine Fähre nach Schweden steht in Travemünde. Insofern verblüffende Parallelität der Ereignisse. Allerdings wird meine Fähre zu einem bestimmten Zeitpunkt losfahren, während der Zug bis zu einem unbestimmten Zeitpunkt stehenbleiben wird. Daraus ergibt sich ein Interessenkonflikt, denke ich, denn mein Interesse scheint nicht mit dem der Deutschen Bahn überein zu stimmen. Was jetzt gerade blöd ist. Natürlich ist es eine großartige Geste der Bahn respektive des Schaffners, in regelmäßigen Abständen mit neuen Wasservorräten vorbei zu kommen, aber momentan scheint mir die Gefahr des Verdurstens weniger akut als die, die Fähre zu verpassen und auf dem Parkplatz des Terminals übernachten zu müssen.

      Viele Wasserpäckchen später, als ich mich gerade mit dem Gedanken anfreunde, dass es sich im Zug immer noch angenehmer übernachten lässt als auf dem Parkplatz des Fährterminals, gehen plötzlich die Lichter wieder an. Hurra, denke ich, der Zug hat Licht, jetzt traut er sich auch, weiter zu fahren. Der Zug macht „Brrrrssslllbrrrssst…“ und die Lichter gehen wieder aus. Und wieder an. „Brrrsssllbrrrrr…“ und wieder aus. Und wieder an und…der Zug berappelt sich, schüttelt sich, ruckelt einmal ordentlich an jedem Waggon und macht sich auf die Beine. Und fährt nach Hamburg, wie es sich gehört. Die Deutsche Bahn! Immer für eine Überraschung gut.

      Kurz vor Hamburg-Hauptbahnhof stehe ich neben Gudrun, denn ich habe mich schon in Bremen auf die Expedition gen Fahrradwaggon gemacht und somit mein Fahrrad auf den Schlag pünktlich erreicht. (Gute Planung ist die halbe Miete, wie ich immer sage. Ab jetzt werde ich das zumindest immer sagen, nehme ich mir vor.) Gudrun ist gesattelt und gespornt, wir scharren mit den Hufen und sind bereit für einen eleganten Landeanflug in Hamburg Hauptbahnhof.

      Nachdem wir uns auf dem Bahnsteig wieder aufgerappelt und sortiert haben, mache ich mich auf die Suche nach dem Anschlusszug. Leider kann man ja nun in einem Bahnhof nicht mal eben von einem Gleis zum anderen hüpfen (was mit einem Fahrrad ja sowieso schwerer ist, als man denkt), sondern man muss nach unten oder, wie in Hamburg, nach oben, übers Gleis hinweg und wieder nach unten, aufs gewünschte Gleis hinunter. Einfacher wäre es natürlich, wenn das gewünschte Gleis einfach nebenan, also auf demselben Bahnsteig wäre. Aber auf so simple Bedürfnisse nimmt die Deutsche Bahn natürlich keine Rücksicht.

      Typisch, denke ich und schaue mir die Treppe an. Von unten. Schaue mir Gudrun an. Schaue mir nochmal die Treppe an. Wird nicht besser mit der Zeit, also lass ich das mit dem anschauen und mache mich auf die Suche nach einem Fahrstuhl. Und – wie toll ist das denn? – sowas gibt es tatsächlich. Finden die anderen Fahrradfahrer auch toll. Und stehen Schlange vor der einzigen Kabine. Die gerade mit einer mitteljungen Dame in Armani und Dior und einem Hauch von Handtäschlein nach oben entschwebt. Da wartet man doch gerne. Irgendwann schwebt aber der Fahrstuhl wieder nach unten. Und nun stellt sich heraus, dass in dieses tolle Gefährt, welches zur Erleichterung des Transportes von Fahrrädern und Rollstühlen erbaut wurde, genau folgendes hinein passt: Entweder ein halbes Fahrrad oder ein ganzer Rollstuhl, aber ohne Person, die selbigen schiebt (was zu einem lustigen Wettrennen des Fahrstuhls mit einem schwitzenden, die Treppe hinauf hastenden Zivildienstleistenden führt) oder eine Dame mit Handtäschlein. Eine nur bedingt praktische Sache, besonders, wenn man es eilig hat. Was auf einem Bahnhof ja gelegentlich vorkommen soll.

      Jetzt stellt es sich als Glücksfall heraus, dass

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