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      An einer Stelle im Roman heißt es: „...er fühlte sein Leben von einem harten dunklen Griff durchstoßen. Aber er glaubte, er sei die Hand Gottes; und darum musste sie ertragen sein.“ So ähnlich dachte auch Klepper über seine Situation. Derartige Sätze findet man in seinem Tagebuch zuhauf wie: „Mir kann nur noch Gott helfen“, oder „Es konnte nur Gottes Befehl sein“.

      Manchmal dachte der König, Gott müsse ihm in all den Leiden, Widerständen und Wirren der Arbeit ein sichtbares Zeichen geben, das ihm half.“ „Aber dies eben ist Gottes Zeichen“ – der König entsann sich eines Wortes des toten Roloff-, „dass er seine Knechte durchhalten, wagen und erdulden lässt im Aussichtslosen und im Unerkennbaren.“ Vielleicht liegt das Zeichen Gottes darin, dass er kein Zeichen gibt. Diese Überlegung stellt auch Klepper in seinem Tagebuch an und er lässt den König ebenso denken.

      Die Herrschaft von Gottes Gnaden kann nach Kleppers Ansicht nicht bestritten werden, sofern sich ihr Träger seiner Rolle als Diener Gottes voll bewusst ist. Denn allein der Glaube, nicht der Glanz seiner Machtentfaltung verschafft dem Herrscher seine hervorragende Würde.

      Klepper hat hier eine Gestalt der Vergangenheit vergegenwärtigt, um an ihr anschaubar zu machen, was Glauben konkret bedeutet, aber auch was politische Verantwortung vor Gott bedeutet. Er hält seiner Zeit einen Spiegel vor.

      „Herr, lass uns wieder einen König sehen,

      bevor die Welt die Könige vergisst.

      Denn sonst vermögen wir nicht zu verstehen,

      nach welchem Maß man deine Ordnung misst.“

      So lautet der Beginn eines Gedichtzyklus' aus den Vorarbeiten zum „Vater“.

      „Bald wird sich das Jahrtausend wieder neigen,

      und Gottes neue Stunde bricht herein.

      Wird dann der König seinen Thron besteigen

      und deine Ordnung bei den Völkern sein? …

      Die Völker stehen ganz erstarrt in Waffen,

      und der gilt viel, der neuen Tod erdenkt.

      Auch wenn sie Sicheln zu den Schwertern schaffen,

      bleibt dennoch nur der Untergang verhängt...

      Nur wer das Kreuz sieht, hat von fern verstanden

      die Heiligkeit im irdischen Gericht.

      Wenn Könige dein Golgatha nicht fanden,

      so fanden sie auch ihre Throne nicht.“

      Rita Thalmann schreibt hierzu in „Jochen Klepper: Ein Leben zwischen Idyllen und Katastrophen“, dass Klepper in den Jahren zwischen 1935 und 1937 zu der Überzeugung gelangt sei, „dass für Deutschland und auch die anderen Völker Europas nur ein durch Leiden und Sühne für vergangene Irrtümer geläutertes Königtum die verlorene göttliche Ordnung zu verkörpern vermag, obwohl er weiß, dass die noch bestehenden Monarchien in Europa diesem Ideal nur wenig entsprechen.

      Offensichtlich hing Klepper an Kaiser- und Königtum. Er korrespondierte mit dem ehemaligen Kaiser Wilhelm II. und war stolz auf Antworten aus dem Hause Doorn. Am 27. Januar 1939 schreibt er in sein Tagebuch: „...80. Geburtstag des Kaisers. Ein halbes Jahrhundert wäre er nun Kaiser. – Es geht einem durch und durch.“

      Klepper war kein Mann der Demokratie. Mit Kritik hatte er nichts im Sinn, er war auch kein Mann des Widerstands, wäre er nicht zufällig mit einer Jüdin verheiratet gewesen, hätte er im 3. Reich sicher nicht, vermuten viele seiner Biografen, allzu viel auszustehen gehabt; für ihn waren Nation, Vaterland, Heimat unantastbare Begriffe, lange Zeit aber auch die Obrigkeit.

      Am 6. August 1937 findet sich im Tagebuch folgende Bemerkung: „...im übrigen hat Römer 13 gültig zu bleiben.“ Diese Stelle aus dem Römerbrief lautet: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott, wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.“ (Römer 13,1,) Und an anderer Stelle vom 6.08.1937 in seinem Tagebuch: „Es bleibt bei Römer 13, dem Gehorsam gegen eine mir auch noch so entgegengesetzte Obrigkeit,

      Aber am 15. Dezember 1938 zeigt ein Tagebucheintrag eine deutliche Distanz zum unbedingten Obrigkeitsdenken: „Ihlenfelds und meine Einstellung wieder völlig gleich. Auch ihm ist nun die Obrigkeit zertrümmert.“

      Im „Vater“ wird auch ein Loblied auf preußische Tugenden gesungen, wie Pflichterfüllung, Genügsamkeit, Gottesfurcht und Staatstreue. Klepper erweist sich in diesem Roman als Verehrer eines vom soldatischen Pflichtgefühl geprägten Preußens. Klepper und seine Frau haben sich, obwohl sie aus Schlesien nach Berlin gezogen sind, als Preußen gefühlt.

      * * *

      Beginn des Romans „Der Vater“

       Beginn des Romans „Der Vater“ – Roman eines Königs

      Könige müssen mehr leiden können

      als andere Menschen

      Friedrich Wilhelm I

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      Der Vater: Preußenkönig Friedrich Wilhelm I.

      Von Atelier / Werkstatt von Antoine Pesne - 1. Unbekannt 2. The Bridgeman Art Library, Object 384437, Gemeinfrei,

       https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1153850

       Zeittafel

      1688: Geburt Friedrich Wilhelms, des späteren „Soldatenkönigs“ (Sohn des Kurprinzen Friedrich von Brandenburg, des nachmaligen ersten preußischen Königs, und seiner Gemahlin Sophie Charlotte)

      1706: Vermählung Friedrich Wilhelms mit Sophie Dorothea von Hannover

      1713: Thronbesteigung als Friedrich Wilhelm I. von Preußen

      1740: Tod des Königs und Thronbesteigung seines Sohnes Friedrich als Friedrich II. (Friedrich der Große)

      Seine 14 Kinder: Prinz Friedrich (* 1707 † 1708), Prinzessin Wilhelmine, die spätere Markgräfin von Bayreuth (* 1709 † 1758), Prinz Friedrich Wilhelm (* 1710 † 1711), Kronprinz Friedrich, der spätere König Friedrich II. (* 1712 † 1786), Prinzessin Charlotte (* 1713 † 1714), Prinzessin Friederike Luise (* 1714 † 1784), Prinzessin Philippine Charlotte, die spätere Herzogin von Braunschweig (* 1716 † 1801), Prinz Karl (* 1717 † 1719), Prinzessin Sofia, die spätere Markgräfin von Brandenburg-Schwedt (*1719 † 1734), Prinzessin Ulrike, die spätere Königin von Schweden (*1720 † 1782), Prinz August Wilhelm (* 1722 † 1758), Prinzessin Amalie (* 1723 † 1787 als Äbtissin in Quedlinburg), Prinz Heinrich, später einer der fähigsten Generale seines königlichen Bruders (* 1726 † 1802), Prinz Ferdinand (* 1730 † 1755)

      * * *

      Teil eins – König Midas

       Teil eins – König Midas

      Den Königen ist Unrecht tun ein Gräuel;

      denn durch Gerechtigkeit wird der Thron befestigt.

      Die Bibel

      Es ging um den Taufspruch für den Knaben, der als erster im Brandenburgischen Hause unter der Würde des königlichen Purpurs geboren war. Keinem der Herren war es zweifelhaft. Bis in die letzte Einzelheit war die Zeremonie vom königlichen Großvater selbst vorbereitet. Nur das Bibelwort, das über das Leben des hohen Kindes gestellt werden sollte, war noch ungewiss. König Friedrich hatte dem Hofmarschall sehr feierlich, doch mit einem huldreichen Lächeln einen Brief übergeben. „Eine Überraschung für Seine Königliche Hoheit“, hatte er hinzugefügt. Der Hofmarschall sagte es seinen Kammerjunkern wie ein köstliches Geheimnis weiter, und schon eilten sie zu den Gemächern des jungen

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