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was der große Mann dort vorhat. Das Tier klappert mehrfach mit den Augendeckeln. Sollte sein Versteck entdeckt worden sein? Cian bückt sich und stochert vorsichtig in dem kleinen Laubhaufen herum. Verblüfft zieht der Elf die Luft ein. Was er sieht, will er fast nicht wahrhaben. Vor ihm liegt ein Ring, ein sehr alter Silberring. Er hebt ihn auf und betrachtet ihn, wobei sich das Sonnenlicht in zwei geschliffenen, blauen Steinen spiegelt. Sie leuchten und glitzern hell, als er den Ring bewegt. Könnte der Blitz dadurch verursacht worden sein? Möglich wäre das schon. Er wendet sich in Richtung der Elster und deutet eine Verbeugung an.

      »Ich danke dir, mein kleiner Freund. Dieses Artefakt scheint mir etwas Besonderes zu sein. Ich werde es in Ehren halten.« Er steckt das Schmuckstück in eine Tasche und zaubert stattdessen ein Stück Fleischwurst herbei, das er mit Laub und einigen Grashalmen zudeckt. Langsam bewegt er sich zurück in Richtung der Steintreppe, die zu seinem Turm hinaufführt. Hier dreht er sich um und blickt zurück. Der schwarz-weiße Vogel hopst zu dem Versteck. Das Tier scheint es zu begutachten. Wurde hier etwas geändert? Vorsichtig senkt es den Kopf und zerrt mit dem Schnabel die Abdeckung beiseite. Im nächsten Moment hackt die Elster in die Wurst und schnappt sich einen Teil davon. Der Handel ist offenbar akzeptiert worden.

      Cian läuft an der Treppe vorbei. Schon bald kommt er zu einem optimal in einem Steinhaufen versteckten und gegen Feuchtigkeit geschützten Verschlag, in dem er Holzscheite lagert. Er nimmt einen Arm voll auf und schließt das Gatter. Sofort flirrt die Luft und er steht in seinem Wohnraum. Zwei der Holzstücke legt er auf die restliche Glut im Kamin, die anderen stapelt der Elf neben der Feuerstelle. Das mittlerweile heftige Verlangen des Magens nach Nahrung missachtend, tritt er an die Bücherregale. Er ist voller Wissbegierde, was es mit dem Ring auf sich hat, der eine Schlange oder einen Drachen darstellt. Wem wird er gehören, und wo hat die Elster ihn entwendet?

      Cian versucht zu klären, was der silberne Ring mit den zwei blauen Steinchen auf sich hat, der wie eine Schlange oder ein Drache wirkt. Nach dem Durchblättern des dritten Buches stellt er fest, dass er nicht voll konzentriert bei der Suche ist. Sein Traum lenkt ihn immer wieder ab. Also entschließt er sich, nun doch etwas zu essen, nimmt sich ein großes Stück Käse und verzehrt es. Dazu trinkt er einen Fencheltee und isst anschließend einen Apfel.

      Cian läuft trotz des beruhigend wirkenden Tees erneut ruhelos in seiner Wohnung hin und her. Er weiß, er hat in der Nacht etwas gesehen, was ihn sehr aufgewühlt haben muss. Deshalb ist er auch schweißgebadet aufgewacht. Was es ist, will ihm aber partout nicht einfallen. Er legt sich erneut hin, schließt die Augen und versucht einzuschlafen. Doch er kann seine sich im Kreis drehenden Gedanken nicht stoppen. Schon nach kurzer Zeit springt er ungeduldig auf, stopft sich eine Pfeife, entzündet sie und pafft aufgeregt. Anders als sonst gelingt es ihm nicht, sich dadurch zu entspannen. Innerhalb kurzer Zeit ist die Pfeife aufgeraucht, wofür er in anderer Verfassung eine, manchmal sogar eineinhalb Stunden benötigt haben würde, wäre er eben nicht so aufgewühlt. Er springt zum Fenster, öffnet es und lässt frische Luft hinein. Der süßliche Duft des Tabakrauchs ist ihm mit einem Mal unangenehm. Nach draußen blickend lenkt das Krächzen einer Elster seinen Blick zuerst auf sie und dann seine Gedanken in eine andere Richtung.

      »Da war doch etwas mit einer Elster«, grübelt er. »Irgendetwas, was ich entdeckte. – Das ist doch nicht zu fassen! Es ist zum Verrücktwerden. Warum fällt mir auch das nicht … Ha, der Ring. Genau. Den habe ich heute Mittag gefunden und in meine Tasche gesteckt.« Aufgeregt suchen seine Finger nach diesem Schmuckstück. »Wo habe ich den denn … Ich könnte ihn in meiner Leseecke liegengelassen haben, als ich in den Büchern nach Hinweisen suchte. Genau.« Er läuft dorthin und hält das silberne Artefakt innerlich jubelnd kurz darauf zwischen Zeigefinger und Daumen. Er weiß nicht so recht, warum ihn der Anblick derart mit Stolz erfüllt. Weil er den Ring nicht vergessen und schnell gefunden hat? Vermutlich deshalb, weil er sich genau erinnert hat, wo er ihn zuletzt betrachtete und er also nicht senil ist! »Das war jetzt einfacher, als das Geschehen aus meiner Traumsequenz aufzurufen! – Hm. Was habe ich nur im Traum gesehen, und wer kam darin vor?« Der alte Elf weiß, dass seine hellseherischen Fähigkeiten nicht besonders ausgeprägt sind. Trotzdem hat er hin und wieder Sequenzen gesehen, die sich letztendlich als wahr herausgestellt haben. Ist er darum so verzweifelt bemüht, Klarheit über seinen Traum zu bekommen? Erst wenn er dessen Ereignisse kennt, wird er sie bewerten können. Er atmet tief ein und aus, hebt die Schultern und versucht, sich erneut auf den Ring zu konzentrieren.

      »Wem mag der gehören und wo hat die Elster ihn entwendet? Es ist ein alter, sehr alter Silberring. Das Metall ist schwarz angelaufen, da es offenbar lange Zeit nicht geputzt worden ist. Nur die blauen Steine haben draußen das Sonnenlicht reflektiert. Hm. Schlange oder Drache, was stellst du dar? Ich habe doch …« Er tritt erneut zu den Bücherregalen und sucht ein bestimmtes Buch. Zwischendurch murmelt er vor sich hin, was natürlich niemanden stört. Cian lächelt. »Ich bin allein hier. Finn besucht mich ja manchmal und sollte eigentlich in den nächsten Ta... Finn? Hatte mein Traum mit ihm zu tun?« Der alte Elf schüttelt den Kopf. Seine langen, silbergrauen Haare wehen umher. Die Furchen in seinem Antlitz werden tiefer, so sehr bemüht er sich. Aber auch jetzt kann er die Bilder der Nacht nicht heraufbeschwören. »Du musst dich auf eine Sache konzentrieren. Ring oder Traum? Reiß dich zusammen!«

      Und plötzlich blitzt ein Name in seinem Kopf auf: »Kayleigh!« Sofort sieht er die stolze, hoch aufgerichtete Gestalt der obersten Elfe aus dem geheimen Wald im Norden vor sich. Will sie einen gedanklichen Kontakt mit ihm herstellen? Cian schließt die Augen und öffnet seinen Geist. Obwohl sie unterschiedlichen Elfenvölkern angehören, mussten beide nie einen Elfenstein zur Aufnahme einer Verbindung nutzen.

      »Cian, mein Freund«, vernimmt er tatsächlich die Stimme der Elfe in seinem Kopf. »Ich muss dringend mit dir sprechen. Genauer gesagt, ich benötige deinen Rat. Kannst du kommen, oder darf ich dich in der alten Königsburg, also in ihren Resten, besuchen?«

      »Kayleigh! Ich freue mich, von dir zu hören. Ich komme gerne, denn mein Zuhause ist für einen Besuch nicht so geeignet. Ich muss nur einige Vorkehrungen für meine Abwesenheit treffen, dann bin ich gleich bei dir.« Sie trennen die Verbindung und Cian überlegt. Was wollte er gerade suchen? Ach ja, den Wälzer über magische Artefakte. Aber in Serengard, der Burg der Nordelfen im geheimen Wald, wird das Buch sicher auch zu finden sein. Außerdem kann ihm Kayleigh vermutlich sogar ohne darin nachzuschauen sagen, was es mit dem Ring auf sich hat.

      Der Elf tritt von dem Regal zurück und lässt seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Das Feuer löscht er mit einer Handbewegung, genauso wie die wenigen Kerzen, die er entzündet hatte. Er schließt das geöffnete Fenster und murmelt zur Erneuerung den Tarnzauber, der den Turm als einsturzgefährdete Ruine erscheinen lässt. Der wirkt für einen längeren Zeitraum, also ist der Turm sogar in seiner Abwesenheit geschützt. Er atmet einmal tief durch, überlegt kurz, ob er auch nichts vergessen hat. Ach ja, sein Umhang hängt dort am Haken, der muss natürlich mit. Schnell schnappt er sich diesen und wickelt sich hinein. Er will bereits den magischen Sprung nutzen, als er sich mit der flachen Hand vor die Stirn schlägt.

      »Du wirst doch wohl senil. Du willst etwas über den Ring erfahren und vergisst, ihn mitzunehmen?« Er tritt in seine Leseecke und tatsächlich, dort hat er das Artefakt liegen lassen, als er aufstand, um nach dem Buch zu suchen. Schnell greift er danach und überlegt kurz, den Ring in eine seiner Taschen zu stecken. Dann schüttelt er grinsend den Kopf. »Kommt nicht in Frage, dort könnte ich ihn noch verlieren. Ich stecke ihn lieber an, wenn er denn auf einen meiner Finger passt!« Mit der rechten Hand hält er ihn prüfend vor die verschiedenen Finger der linken Hand. Der mittlere ist zu dick. Der Ringfinger könnte passen, doch auch der ist nicht geeignet. Nach kurzem Zögern steckt er ihn auf den kleinen Finger. Ja, dort passt er gut. Ein warmes Gefühl der Zufriedenheit durchfährt ihn. Kurz blitzt das Bild eines kleinen, blauen Drachen in seinem Kopf auf. »Was ist das jetzt? Hat das etwas zu bedeuten, oder beginne ich Erscheinungen zu haben? – Ich muss Kayleigh fragen. Sie kann mir vielleicht raten, was ich mit dem Ring anfangen soll.« Cian blickt noch einmal prüfend um sich. Nein, jetzt hat er nichts vergessen. Ganz sicher! »Portaro!« Die Luft flirrt, dann ist der Raum

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