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und wirst ihm ein guter Lehrmeister sein, davon bin ich überzeugt! Er wird später die Elfen in diesem Landesteil führen, ihr neuer Oberster sein.« Jetzt schweigen beide. Cian ist etwas verlegen, weil Kayleigh offenbar mehr von seinen Fähigkeiten hält, als er selbst. Er hüstelt verlegen.

      »Es ist nur so, dass in Finn möglicherweise große Talente schlummern, diese aber noch nicht zu erkennen sind. Er ist von vielen Selbstzweifeln geplagt, weshalb er beim Ausüben eines Zauberspruchs von dessen Resultat nicht überzeugt ist. Es ist aber nicht so, dass er es nicht ernsthaft versucht. Er übt die Sprüche ununterbrochen, so, als ob er sich und mir sein Talent beweisen müsse.«

      Die Unterhaltung zwischen Kayleigh und Cian ruht nach dem Informationsaustausch über Finn. Beide sind in Gedanken versunken.

      »Es könnte sein«, unterbricht die Elfe die Stille, »dass der Tod des Onkels die Ursache für Finns Unsicherheit ist. Daraus resultierten die häufige Abwesenheit der Eltern und die Trauer der Großeltern. Alles zusammen wird die Entwicklung eines gesunden Selbstbewusstseins beeinträchtigt haben. Sobald er aber positive Erfahrungen seines Könnens erfährt, egal ob magisches oder nicht, wird sich das schnell geben. Die Anlagen eines Führers und große Zauberfähigkeiten schlummern nur in ihm, davon bist du doch auch überzeugt, stimmt’s?«

      »Hast du mir das angemerkt? Du kennst mich wirklich gut. Ja, das denke ich. Aber lediglich mehrere Zaubersprüche perfekt zu beherrschen, wird das nicht bewirken. Obwohl ihm die Anwendung fast aller Zauber schwerfällt, übt er ununterbrochen und trotzdem misslingen sie sehr oft. Finn vergisst darüber sogar, dass er sich auch Zeit für die Nahrungsaufnahme nehmen muss. Ich habe ihn deshalb zu den Elfen der Mitte geschickt, damit er eine Unterbrechung in den permanenten Übungen hat. Ich dachte, es würde ihm guttun, einmal die Heimat wiederzusehen. Er ist seit Beginn seiner Ausbildung immer bei mir gewesen, darum ist eine Pause angebracht.«

      Kayleigh nickt zustimmend, entgegnet aber nichts. Cian grübelt und murmelt nach einiger Zeit:

      »Irgendetwas wollte ich noch. Was war das nur?«

      »Kannst du bitte lauter reden? Mein Gehör ist nicht mehr so gut wie früher.«

      »Ich wollte etwas klären, dich um Rat fragen«, erwidert der alte Elf mit kräftigerer Stimme. »Es ist zum Verrücktwerden. Warum fällt mir das nicht ein?« Er haut mit geballten Fäusten auf die Armlehnen des hohen Sessels. »Alt werden hat so seine Tücken. Mein Gedächtnis ist immer häufiger lückenhaft, besonders dann, wenn es um jüngere Ereignisse geht. Weit zurückliegende sind dagegen bis ins kleinste Detail präsent. Es war … Ja was?«

      »Mein lieber Freund. Manchmal ist es besser, einen Gedanken, der sich widerspenstig verhält, nicht zu angestrengt aufrufen zu wollen. Dann wird er plötzlich von selbst nach oben drängen. Lass uns etwas anderes machen. Wie wäre es mit einem Spaziergang um die Festung herum. Es gibt dort eine sonnige Wiese, auf der eine große Linde steht. Ich habe in ihren Ästen schon öfters einen Kolkraben bemerkt. Vielleicht besitzt er dort ein Nest, obwohl die Brutzeit längst vorüber ist.«

      »Warte mal. Ein Rabenvogel und ein Nest, die sagen mir etwas. Ha, genau. Da war doch eine Elster«, grübelt er. Aufgeregt suchen die Finger in den verschieden Taschen der Kleidung, dann blickt er auf seine linke Hand. Am Ringfinger blitzt es bläulich im flackernden Schein des Kaminfeuers.

      »Ich werde wirklich senil!«, stellt er traurig fest. »Ich habe diesen Ring im Versteck einer Elster gefunden.« Mit der rechten Hand dreht er ein paarmal an dem Ring und zieht ihn schließlich von seinem kleinen Finger. Erneut blitzt das Bild eines kleinen, blauen Drachen in seinem Kopf auf. »Das ist doch vorhin, beim Aufstecken auch passiert. Es muss etwas bedeuten!« Er reicht den Ring zu Kayleigh hinüber, die ihn fragend anschaut.

      »Was ist vorhin auch geschehen?« Während Cian ihr von der Erscheinung berichtet, betrachtet sie aufmerksam den Ring. Sie dreht ihn hin und her, lässt im Feuerschein die kleinen Augen aufleuchten und legt das Artefakt schließlich auf ein Tischchen, das zwischen ihnen steht.

      »Ich denke, der Ring stellt einen Drachen dar, was auch zu dem Bild passt, dass du gesehen hast. Eine magische Kraft steckt in ihm, das steht für mich fest. Ich habe aber noch nie von diesem Ring gehört oder über ihn gelesen.«

      »Ich konnte auch nichts in meinen Büchern finden. Ich wollte gerade in »Magische Artefakte« nachsehen, als du mich kontaktiertest. Das Buch war meine letzte Hoffnung.«

      »Ich kenne das Buch in- und auswendig, darin steht nichts über diesen Ring geschrieben. Ich habe eine Idee, wie wir vielleicht etwas über seine Eigenschaften erfahren könnten. Wir sollten uns aber vorsorglich schützen, da ich die Reaktion auf den Versuch nicht vorhersagen kann. Sgiath. Protego.« Nachdem Cian seinerseits ebenso verfahren ist, erheben sie sich. Beide blicken sich kurz an, dann richtet Kayleigh beide Hände auf den Ring. »Aperio!«, fordert sie mit kraftvoller Stimme, dann erneut und schließlich ein drittes Mal.

      Und wirklich, jetzt geschieht etwas Unvorstellbares. Die Ringform bewegt sich, der Kopf öffnet sein Maul und der Schwanz wird herausgezogen. Die Schwingen werden ausgebreitet und die Gestalt beginnt zu glänzen, wird heller und heller, bis sie schließlich in einem unerträglich strahlendem Blau leuchtet. Der Lindwurm erhebt sich in die Luft, dreht den Kopf mit böse blickenden Augen zu den Elfen und stößt urplötzlich seinen Feueratem in ihre Richtung. Hell leuchten die Schutzglocken auf und flackern bereits nach kurzer Zeit. Kayleigh und Cian stürzen zu Boden.

      Es dauert lange, bis sich die Elfe regt. Benommen schüttelt sie den Kopf und blickt ungläubig zu Cian, der ausgestreckt neben ihr am Boden liegt. Sie muss zu ihm, will helfen, doch sobald sie sich aufzurichten versucht, wird ihr erneut schwarz vor Augen. Kayleigh atmet mehrmals langsam ein und aus und schiebt sich dann über den Boden auf ihren alten Gefährten zu.

      »Cian, mein Freund. Wie kann ich …?« Sie richtet sich trotz der sofort wiedereinsetzenden Schwärze etwas auf und hält ihre Hände über den unbeweglich vor ihr liegenden Elf.

      »Beatha! Beatha! BEATHA!«, ruft sie verzweifelt. Ihre Augen sind geschlossen, da sie von Dunkelheit umgeben zu sein scheint. Ihre Arme und Hände zittern, aber ein goldenes Gleißen fließt von ihnen zur ausgestreckten Gestalt. Schon nach wenigen Augenblicken erlischt es wieder, Kayleigh ist einfach zu schwach. Doch so gering die Übertragung von Lebensenergie auch war, sie reicht. Mit einem tiefen Atemzug, der an den eines fast Ertrunkenen erinnert, kommt Cian zu sich. Er schüttelt den Kopf, öffnet die Augen und blickt verwundert Richtung Decke. Der Blick klärt sich und fällt erstaunt auf die Elfe, deren Arme auf seinem Oberkörper ruhen.

      »Kayleigh, meine Liebe. Was ist geschehen.« Er sieht ihre geschlossenen Lider, hinter denen die Augäpfel hin und her zucken. Jetzt richtet er vorsichtig den Oberkörper auf, breitet nun seinerseits die Hände über die Elfe und murmelt: »Beatha!« Sofort gleißt goldenes Licht hinüber. Er bemerkt, dass er das nicht lange schaffen wird und unterbricht es rechtzeitig, bevor er zusammenbricht.

      »Ich … ich danke dir!«, murmelt Kayleigh so leise, dass er es kaum wahrnehmen kann. Ihre Augenlider sind noch immer geschlossen, aber die Bewegung der Augen hat aufgehört. Der Elf streckt sich neben ihr aus und entgegnet:

      »Ich danke dir! Vermutlich hast du das Gleiche kurz vorher bei mir gemacht oder wieso solltest du sonst mit deinen Armen auf mir liegen?«

      »Ich wollte dich nur bewegen, sehen, was mit dir ist, da wurde mir schwarz vor Augen.«

      »Du hast auch schon besser geflunkert! Jetzt sollten wir uns etwas erholen. Was ist das für ein dämonisches Wesen? Es scheint mir nicht einfach nur ein magisches Artefakt zu sein. Es lebt irgendwie. Das ist zumindest mein Eindruck.«

      Beide schweigen und lassen das soeben Erlebte auf sich wirken.

      »Wir müssen feststellen, wo dieses Ungeheuer geblieben ist«, beginnt Kayleigh, dann zieht sie die Luft scharf ein und reißt die Augen auf. »Der Drache erinnert mich an das Wesen, das uns im Kampf um die Königsburg vor zwanzig Jahren so sehr in Bedrängnis

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