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Kleine Novellen. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Kleine Novellen
Год выпуска 0
isbn 9783754180532
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
In wenig mehr als vierzehn Tagen war seine Abneigung gegen eine zweite Heirat ein überwundenes Gefühl geworden. Er verweilte aus Dankbarkeit gegen seine guten Freunde noch bis zum Montagmorgen im Landhause, und dann begleitete er Herrn Atherton nach London. Geschäfte bei dem Marineministerium dienten ihm als Entschuldigung. Aber er täuschte damit niemand. Er war augenscheinlich auf dem Wege zu Fräulein Restall.
»Legen Sie Ihre Geschäfte in meine Hand« sagte der Rechtsanwalt auf dem Wege zur Stadt, »und gehen Sie zu Ihrem Vergnügen auf das Festland. Ich kann Sie nicht tadeln, dass Sie sich in Fräulein Restall verliebt haben; ich hätte die Gefahr vorhersehen und warten müssen, bis sie uns verlassen hatte, ehe ich Sie in mein Haus einlud. Aber ich möchte Sie wenigstens warnen, die Sache nicht weiter zu treiben. Wenn Sie auch ein Einkommen von achttausend Pfund anstatt von achthundert jährlich hätten, würde es Herr Restall doch für eine Anmaßung von Ihrer Seite halten, nach der Hand seiner Tochter zu trachten, wenn Sie nicht auch einen Titel mit in den Kauf zu geben hätten. Betrachten Sie es im wahren Lichte, mein lieber Junge, und Sie werden es mir eines Tages danken, deutlich mit Ihnen gesprochen zu haben.«
Cosway versprach, »es im wahren Lichte zu betrachten.«
Diese Betrachtung führte ihn, von seinem Standpunkte aus, zu einer Verlegung seines Wohnsitzes. Er verließ seinen Gasthof und nahm eine Wohnung in einer Nebenstraße, die dem Palaste des Herrn Restall in Kensington am nächsten gelegen war.
An demselben Abend wandte er sich, gestützt auf eine vorausgegangene Verabredung, wegen eines Briefes an das benachbarte Postamt und erhielt einen solchen, der an E. C. — die Anfangsbuchstaben von Edwin Cosmay — adressiert war. »Bitte, sei vorsichtig« schrieb ihm Fräulein Restall, »ich habe versucht, dir eine Eintrittskarte für unsere Gartengesellschaft zu verschaffen, aber das gehässige Geschöpf, die Margery, hat offenbar mit meinem Vater gesprochen; es ist mir nicht eine einzige Karte anvertraut worden. Ertrage es wie ich, geduldig, mein Teurer, und lass mich hören, ob es dir gelungen ist, eine Wohnung in unserer Nähe zu bekommen.«
Cosway fügte sich nicht sehr geduldig diesem ersten Missgeschick, sondern sandte seine Antwort, die an A.R. — die Anfangsbuchstaben von Adele Restall — adressiert war, zum Postamt. Am nächsten Tage schon fragte der ungeduldige Liebhaber bei der Post nach einem weiteren Briefe. Dieser war auch eingetroffen, aber seine Adresse war nicht von Adeles Hand geschrieben. War ihre Korrespondenz entdeckt worden? Er öffnete den Brief in der Straße und las mit Staunen folgende Zeilen:
»Werter Herr Cosway!
Mein Herz hat Mitgefühl mit zwei treuen Liebenden, trotz meines Alters und trotz meiner Pflicht. Ich füge eine Einladung zu der morgen stattfindenden Gartengesellschaft bei. Bitte verraten Sie mich nicht und erweisen Sie Adele keine zu auffällige Aufmerksamkeit. Vorsicht ist leicht zu beobachten, denn es werden zwölfhundert Gäste da sein.
Dem äußeren Scheine zum Trotz
Ihre Freundin
Louise Margery.«
Wie abscheulich ungerecht hatten sie doch alle diese ausgezeichnete Frau beurteilt! Cosway begab sich als dankbarer und glücklicher Mann zur Gesellschaft. Die ersten ihm bekannten Personen, die er unter der Menge der Fremden erkannte, waren die Athertons. Sie waren so erstaunt wie möglich, ihn zu sehen. Aber die Rücksicht auf Frau Margery verbot ihm, sich in irgendwelche Erklärungen einzulassen.
Wo war denn nun diese beste und treueste Freundin? Mit einiger Mühe gelang es ihm, sie aufzufinden. War es unschicklich, ihre Hand zu ergreifen und sie herzlich zu drücken? Die Folge dieser Dankesbezeugung war, gelinde gesagt, geradezu verblüffend. Frau Margery benahm sich wie die Athertons. Sie war erstaunt, ihn zu sehen, und stellte genau dieselbe Frage:
»Wie gelangten Sie hierher?«
Cosway konnte nur annehmen, dass sie scherze.
»Wer sollte dies, teure Frau, besser als Sie selbst wissen?« erwiderte er.
»Ich verstehe Sie nicht« antwortete Frau Margery gereizt.
Nachdem er einen Augenblick nachgedacht, geriet er auf eine Lösung des Geheimnisses. Besucher waren in der Nähe, und Frau Margery hatte ihren besonderen Gebrauch von Herrn Restalls Eintrittskarte gemacht. Sie mochte wichtige Gründe haben, äußerst vorsichtig zu sein. Cosway blickte sie bedeutungsvoll an.
»Das geringste, was ich tun kann, ist verschwiegen zu sein« flüsterte er ihr zu — und verließ sie.
Er wandte sich einem Seitengange zu, und dort traf er endlich Adele! Es schien wirklich ein Verhängnis zu sein. Sie war erstaunt, und auch sie fragte: »Wie gelangtest du hierher?« Diesmal waren keine zudringlichen Besucher in der Nähe. »Meine Teuere!« wandte Cosway ein, »Frau Margery muss es dir doch gesagt haben, als sie mir eine Einladung schickte.« Adele erblasste. »Frau Margery?« wiederholte sie. »Frau Margery hat mir nichts gesagt; sie verabscheut dich. Wir müssen dies aufklären. Nein! Jetzt nicht — ich muss für unsere Gäste sorgen. Erwarte einen Brief von mir, und, um des Himmels willen, Edwin, bleibe meinem Vater aus dem Wege. Einer der Eingeladenen, den er ganz besonders zu sehen wünschte, hat sich entschuldigt — und er ist darüber schrecklich ärgerlich."
Sie verließ ihn, ehe noch Cosway erklären konnte, dass er und Herr Restall sich bis jetzt noch nicht gesehen hätten. Er schritt bis zum äußersten Ende des Gartens, von einem unbestimmten Argwohn beunruhigt und verletzt von der Kälte, mit der ihn Adele empfangen hatte. Als er das Gebüsch betrat, das an dieser Stelle den Garten anscheinend vor der außen vorüberführenden Straße verbergen sollte, bemerkte er plötzlich unter den Bäumen einen hübschen kleinen Pavillon. Ein kräftiger Herr in reiferen Jahren saß hier allein in dieser Einsamkeit. Stirnrunzelnd blickte er in die Höhe. Cosway entschuldigte sich, ihn gestört zu haben, und fing aus Höflichkeit eine Unterhaltung mit ihm an.
»Eine prächtige Gesellschaft heute, mein Herr.«
Der korpulente Herr antwortete in einem unartikulierten Tone, der so etwas zwischen Grunzen und Husten war.
»Und ein prächtiges Haus und Gelände« fuhr Cosway fort.
Der kräftige Herr wiederholte den unartikulierten Ton.
Cosway begann dies unterhaltend zu finden. War dieser seltsame alte Mann taubstumm?
»Entschuldigen Sie, dass ich Sie angeredet habe« fuhr Cosway fort. »Ich fühle mich wie ein Fremder hier. Hier sind so viele Leute, die ich nicht kenne.«
Der dicke Herr geriet plötzlich ins Sprechen. Cosway hatte endlich eine gleichgestimmte Faser berührt.
»Es sind sehr viele Leute hier, die ich nicht kenne« sagte er mürrisch. »Sie sind einer von diesen. Wie heißen Sie ?«
»Ich heiße Cosway, mein Herr. Und wie heißen Sie ?«
Der kräftige Herr erhob sich mit wütendem Blicke. Er stieß einen Fluch aus und fügte die unerträgliche Frage hinzu, die schon dreimal von anderen gestellt worden war: »Wie kamen Sie hierher?« Und der Ton dieser Worte war noch beleidigender als der Fluch. »Ihr Alter beschützt Sie, mein Herr« sagte Cosway mit der stolzesten Gemütsruhe. »Es tut mir leid, dass ich einem so groben Menschen meinen Namen nannte.«
»Grob?« schrie der alte Herr-. »Vermutlich wollen Sie meinen Namen ebenfalls wissen? Sie junger Geck, Sie sollen ihn erfahren! Ich heiße Restall.« Er kehrte ihm den Rücken und ging weg. Cosway schlug den einzigen Weg ein, der ihm offen blieb. Er kehrte in seine Wohnung
zurück.
Am nächsten Tage kam kein Brief von Adele. Er ging zur Post. Kein Brief war da. Es