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Straße nach Paris. Auf Wiedersehen; ich empfehle Euch mein Glück.«

      »Oh! er ist ein Narr, dieser Canolles!«»Ein Narr! warum?« fragte Nanon.

      »Reist man so ohne allen Grund um Mitternacht ab?«

      »In der Tat,« sagte Nanon mit sich selbst sprechend.

      »Sprecht, erklärt mir diese Abreise!«

      »Ei, mein Gott! Monseigneur,« erwiderte Nanon mit einem reizenden Lächeln, »nichts ist leichter.«

      »Sie nennt ihn auch Monseigneur!« murmelte Biscarros. »Offenbar ein Prinz.«

      »Sprecht, sprecht!«

      »Wie, Ihr könnt es Euch nicht denken?«

      »Wohl, Canolles ist siebenundzwanzig Jahre alt; er ist jung, schön, leichtsinnig. Welcher Torheit glaubt Ihr, daß er den Vorzug gönnt? Der Liebe. Er hat wohl an dem Gasthause des Biscarros eine hübsche Reisende vorüberkommen gesehen, und ist ihr dann wahrscheinlich gefolgt.«

      Diese Vermutung Nanons wurde vom Wirt bestätigt, der redselig von einem in seinem Gasthause eingekehrten kleinen Kavalier erzählte, der so fein und zierlich gewesen sei und abends Furcht gehabt habe, so daß er sich bald gedacht habe, der Kavalier sei eine Dame.

      »Fahrt fort,« sagte Nanon mit gezwungener Miene, »das ist reizend. Ohne Zweifel erwartete der junge Edelmann Herrn von Canolles?«

      »Nein, nein, er erwartete zum Abendessen einen großen Herrn mit einem Schnurrbart und schien sogar nicht gut auf Herrn von Canolles zu sprechen, als er mit ihm zu Nacht speisen wollte; aber der wackere Edelmann ließ sich durch eine solche Kleinigkeit nicht aus der Fassung bringen. Das ist ein unternehmender Kamerad, wie es scheint, und nach der Abreise des Großen, der rechts abgegangen war, eilte er dem Kleinen nach, der sich nach links gewendet hatte.«

      »Aber woher wißt Ihr denn so sicher,« sagte Nanon, von Eifersucht gefoltert, »daß dieser kleine Edelmann eine Frau war, daß Herr von Canolles in sie verliebt ist, und nicht vielmehr aus Langweile und Laune auf der Landstraße umherzieht?«»Nun,« sagte Biscarros, »ich begegnete auf der Treppe Herrn von Canolles; in der linken Hand hielt er seine Kerze, in der rechten einen kleinen Handschuh, den er leidenschaftlich betrachtete und beroch.«

      »Oh! oh! oh! rief der Herzog, der bei den Worten des Wirtes um so heiterer wurde, je mehr er für sich zu fürchten aufhörte.

      »Einen Handschuh!« wiederholte Nanon, indem sie sich zu erinnern suchte, ob sie nicht ein solches Pfand im Besitze ihres Ritters gelassen hätte, »einen Handschuh von dieser Art?«

      Und sie zeigte dem Wirt einen von ihren Handschuhen.

      »Nein,« sagte Biscairos, »einen Männerhandschuh.«

      »Einen Männerhandschuh! Herr von Canolles betrachtete und beroch einen Männerhandschuh! Ihr seid ein Narr!«

      »Nein, denn es war ein Handschuh von dem kleinen Edelmann, von dem hübschen, blonden Kavalier, der nicht aß, nicht trank und bei Nacht Furcht hatte; ein ganz kleiner Handschuh, in den Madames Hand kaum hineingekommen wäre, obgleich Madame gewiß eine sehr schöne Hand hat'«

      Nanon stieß einen halblauten dumpfen Schrei aus, als wäre sie von einem unsichtbaren Pfeile getroffen worden.

      »Ich hoffe,« sagte sie mit einer heftigen Anstrengung, »Ihr seid nun hinreichend unterrichtet, Monseigneur, und wißt alles, was Ihr zu wissen wünscht.«

      Während aber der Herzog noch ein paar Worte mit Meister Biscarros wechselte und ihm zum Lohn für seine ihn so befriedigende Erzählung noch sechs Louisdor gab, hatte Nanon Zeit, alles zu überdenken.

      Bei ihrer großen Liebe zu Herrn von Canolles fühlte sie sich bald geneigt, ihn vor ihren eigenen Augen zu rechtfertigen. Sie dachte daran, wie enttäuschend für ihn die Lage im Goldenen Kalb gelesen sein müsse. Sie war so verliebt, daß sie das Benehmen des Barons einem Anfalle von Eifersucht zuschrieb und sich beinahe Glück wünschte, so sehr von ihm geliebt zu werden, daß sie dadurch eine kleine Rache von seiner Seite hervorgerufen habe. Aber vor allem mußte das Übel an der Wurzel abgeschnitten werden; sie mußte den Fortschritt dieser kaum entstehenden Liebe hemmen.

      Sich mit ihrer ganzen Energie bewaffnend, wandte sie sich an den Herzog und sagte: »Welch ein Unglück, Monseigneur, daß die Unbesonnenheit des närrischen Canolles ihn einer Ehre beraubt, wie Ihr sie ihm angedeihen lassen wolltet! Wenn er erschien, so war seine Zukunft gesichert; durch seine Abwesenheit verliert er sie vielleicht ganz und gar.«

      »Was ist zu tun, mein Herzchen?« erwiderte Herr von Epernon. »Die Jugend ist das Alter des Vergnügens; er ist jung und belustigt sich.«

      »Aber ich,« versetzte Nanon, »ich, die vernünftiger ist als er, wäre der Meinung, man sollte diese unzeitige Freude ein wenig stören.«

      »Ah, die zänkische Schwester!« rief der Herzog.

      »Er wird mir vielleicht im Augenblick grollen,« fuhr Nanon fort, »aber sicherlich später Dank wissen.«

      »Nun, laßt hören, habt Ihr einen Plan? Mir ist es ganz lieb: Wenn Ihr einen habt, so nehme ich ihn an.«

      »Wie wäre es, wenn Ihr ihn zur Königin schickt, um eine dringende Nachricht zu überbringen?«

      »Wenn er aber noch nicht zurückgekommen ist?« – »Laßt ihm nachsetzen, und da er sich auf der Straße nach Paris befindet, so hat er ja schon ein Stück des Weges zurückgelegt.«

      »Ihr habt bei Gott recht.«

      »Beauftragt mich hiermit, und Canolles hat den Befehl schon an diesem Abend oder spätestens morgen, dafür stehe ich Euch.«

      »Aber wen werdet Ihr schicken?« – »Braucht Ihr Courtauvaux?« – »Ich? Nein.«

      »Gebt ihn mir, und ich schicke ihn mit meinen Instruktionen ab. Wir wollen aber keine Zeit verlieren. Schreibt Euren Befehl, Herzog, und stellt Courtauvaux zu meiner Verfügung.«

      Der Herzog nahm eine Feder und schrieb auf ein Stück Papier nur die zwei Worte: »Bordeaux – nein!« und unterzeichnete.

      Nanon aber schrieb vor den Augen des Herzogs dazu: »Mein lieber Baron, beifolgende Depesche ist, wie Ihr seht, für Ihre Majestät die Königin bestimmt. Bei Eurem Leben überbringt sie auf der Stelle. Es handelt sich um das Wohl des Königreiches.

      Eure gute Schwester Nanon.«

      Nanon hatte kaum dieses Billett vollendet, als man das Geräusch eiliger Schritte unten an der Treppe vernahm, und Courtauvaux öffnete, rasch heraufsteigend, die Tür mit dem freudigen Gesichte eines Menschen, der eine Nachricht bringt, von der er weiß, daß sie ungeduldig erwartet wird.

      »Hier ist Herr von Canolles, den ich nur hundert Schritte von diesem Hause getroffen habe,« sagte er.

      Der Herzog stieß einen Ausruf wohlgefälligen Erstaunens aus. Nanon erbleichte, murmelte: »Es steht also geschrieben, daß ich ihm nicht ausweichen kann,« und lief nach der Tür.

      In diesem Augenblick erschien auf der Schwelle eine neue Person, gekleidet in ein prachtvolles Gewand, ihren Hut in der Hand haltend und auf das anmutigste lächelnd.

       Fünftes Kapitel

      Hätte der Blitz zu Nanons Füßen eingeschlagen, so hätte sie nicht verblüffter sein können, als über diese unerwartete Erscheinung, und es hätte ihr keinen schmerzlicheren Ausruf entrissen, als der war, der unwillkürlich ihrem Munde entfuhr. »Er!« rief sie.

      »Allerdings, mein gutes Schwesterchen,« antwortete eine freundliche Stimme. »Doch um Vergebung,« fuhr der Eigentümer dieser Stimme fort, als er den Herzog von Epernon erblickte, »um Vergebung, ich belästige Euch vielleicht?«

      Und er verbeugte sich bis auf den Boden vor dem Gouverneur von Guienne, der ihn mit einer wohlwollenden Gebärde empfing.

      »Cauvignac,« murmelte Nanon, aber so leise,

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