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stand fertig vorbereitet auf den Rechnern der regionalen Schulverwaltung zur Verfügung, mit allen Materialien. Ausrüstung, Sportgeräte oder Lehrmaterial wurden zuverlässig geliefert. Die wenigen Lehrer, die sie einstellte, waren sofort bereit, in einer kleinen, autonomen Schule zu arbeiten und mit dem Konzept ‚halbe Zeit Unterricht, halbe Zeit auf der Farm mitmachen‘ kamen sie ausgezeichnet klar.

      So war eine eindrucksvolle Klassengemeinschaft entstanden, die mit Leichtigkeit durch die formalen Proben gesegelt war, und nebenbei vom Leben mehr mitbekommen hat, als die meisten anderen Kinder in ihrer gesamten Jugend. Mia, Felix und drei weitere waren später auf die Wiener Philosophieschule gegangen. Sie waren ihre Vorzeigekinder.

      Eva ging hinüber zum Jugendhaus, wo einige Ältere aus der jungen Generation heute wohnten. Mia war normalerweise freitags hier. Tatsächlich stand da auch ihr Fahrrad, Eva hatte allerdings keine Ahnung, ob sie es noch benutzte. Es war ein altes Fahrrad, ohne Motor, gebaut für schlechte Wege. Mia hatte früher alles damit gemacht, sie war auch um den See und bis nach Wien damit gefahren. Ohne Schutzkleidung. So war Mia.

      Eva trat ein, konnte aber nichts hören. Im unteren Flur empfing sie eine Mischung aus Sommerwärme und Kühle, die alten Gemäuern innewohnte, und die altmodisch getünchten Wände standen mit einer rührenden Unschuld um die Türen. Türen, die in Höhlen führten, wie sie es früher oft genannt hatte, weil hinter jeder Türe eine Überraschung wartete, eine Jugendgruppe, die irgendetwas tat, oft auch Dinge, bei denen Erwachsene besser nicht dabei waren.

      Doch heute war Stille. Es war draußen warm, doch das war kein Grund: Die Jugend kannte noch nicht den Zwang hinauszugehen, nur weil es draußen schön war, zu offen stand ihnen die Welt, und unendlich weit weg waren die Zwänge des Lebens. Sie beneidete sie darum.

      Sie ging alleine den Gang entlang und erinnerte sich. An Freude und Leid, an Leidenschaft und an Spaß. Eine Szene nach der anderen zog wie ein Lufthauch durch ihren Kopf und sie versank immer tiefer in den früheren Erlebnissen. Plötzlich hörte sie ein Kichern, nein, kein Kichern, eine Art leises Jauchzen, vermischt mit Grunzen. Leise, unterbrochen, immer wieder aufflackernd. Sie verfolgte das Geräusch, bis es stärker wurde, und schließlich wurde ihr klar, was es war. Diskret machte sie sich wieder davon und setzte sich vor dem Haus in die Sonne.

      Eine knappe halbe Stunde später trat Mia aus der Türe. Sie wirkte gelöst und frisch, ein wenig berauscht und wach zugleich. Ihre Kleidung wirkte leicht unordentlich, aber das tat sie oft. Sie wirkte sehr weiblich.

      „Eva“, rief sie fröhlich. „Hallo!“

      „Hallo Mia“, antwortete Eva freundlich und ihr war klar, dass sie keinen Grund nennen konnte, warum sie hier saß, also sagte sie erst einmal nichts.

      „Dass Du hier sitzt“, Mia kam auf sie zu, „die anderen sind alle am See und bereiten das Fest vor.“

      Eva hatte sichtlich keine Ahnung, von welchem Fest Mia sprach.

      „Das Sonnwendfest, Eva, heute ist Mittsommer.“

      „Ach ja?“

      Es kam ihr so weit weg vor, als sie mit den Jugendlichen gemeinsam auf das Mittsommerfest gefiebert hatte. Sie hatten sich immer darüber amüsiert, dass Mittsommer am Sommeranfang ist und meistens auch noch verregnet. Doch die wenigen Male als das Wetter gut war, war es auch immer ein sehr schönes Fest gewesen. Sie hatten ein Feuer gemacht, dazu Musik, ausgelassene Spiele im langen Abendlicht, und anschließend wurden im Feuer Kartoffeln gebraten. Die Kartoffeln hatten immer verbrannt geschmeckt, und wenn sie Pech hatten, waren ihre Schuhe gleich mit verbrannt.

      Doch das war jetzt alles sehr weit weg.

      „Ich habe das total vergessen“, lächele sie Mia an und blickte fahrig um sich.

      Dass ihr Vorbild Eva so jämmerlich dasaß, verunsicherte Mia.

      „Es tut mir so leid für Dich“, versuchte sie die Situation aufzufangen. „Das mit Jasiri kann ich selber immer noch nicht glauben. Er war immer so lustig, wenn er da war.“

      „Ihr wisst es also schon“, antwortete Eva schwach lächelnd. Mia nickte.

      „Es ist alles so unwirklich, wir wissen ja gar nichts.“ Eine Träne schoss Eva hoch. „Aber Trauer ist es nicht, warum ich da bin.“ Dieser Satz kostete Kraft.

      Sie blickte über Mia hinweg auf einen Aprikosenbaum, an dem sich einige Käfer tummelten. Das hatte es vor einigen Jahren auch hier noch nicht gegeben. Sie sammelte sich.

      „Ohne ihn ist die Farm in Gefahr“, sie blickte Mia an, „Jasiri war der Haken, an dem alles hing. Der alles am Laufen gehalten hatte.“

      Sie kam ins Stocken, wusste nicht, wie sie es erklären konnte. Aber da Mia sie nun aufmerksam anschaute, musste sie wohl weitermachen. Und sie erklärte die ganze Geschichte vom illegalen Anbau und dem Schmuggel der Setzlinge.

      Mia wusste schon vieles, hatte sich aber nie eingehender damit befasst. Sie vertraute darauf, dass Jasiri, Eva und all die anderen dieses großartige Werk beherrschten und vermehrten. Sie begriff daher immer noch nicht, worin das Problem liegen könnte.

      Als Eva schließlich zum Ende kam, verstummte sie für einen Moment und sah Mia an. „Das bedeutet, wir sind vom Nachschub abgeschnitten.“

      Mia schaute Eva an, während dieser Tränen in die Augen stiegen.

      „Und das heißt“, sie schniefte, „dass wir nach der diesjährigen Ernte nichts mehr anpflanzen können, dass die nächste Ernte ausfallen wird, und dass wir uns selber zusehen können, wie wir Pleite gehen. Uns gehört ja nicht einmal das Land. Es gehört der Region Wien. Und die fördern uns ja auch, aber wenn wir nicht zahlen können, dann können sie uns auch nicht einfach hier weitermachen lassen.“

      Sie starrte in die Luft, die Nase und die Augen gerötet, und blickte verzweifelt zu Mia hinüber, die immer noch so da saß wie bisher.

      „Und das bedeutet, hier geht alles zu Ende. ESCO übernimmt den Grund wieder und macht Industrieäcker daraus.“ Sie strich verzweifelt über einen Aprikosenzweig. „Ihr müsst alle fort. Alle, die hier leben, müssen sich eine neue Existenz suchen, die sie kaum kriegen werden, als ehemalige Mitarbeiter unserer Farm. Die Kinder müssen in die normale Funktionsausbildung, wo sie zu Robotern gemacht werden, ihr Geist wird gebrochen und sie bekommen künstliches Essen, das sie zu dem züchtet, was die Entwicklungsprogramme für sie ausgerechnet haben.

      Ich habe gestern meine Schwester besucht. Wie die leben ist“, sie suchte nach Worten, „schrecklich!“ Nun brachen die Tränen durch. Eva musste sich schütteln vor Schluchzen: „Es geht alles zu Ende, weil wir es nicht schaffen ohne Jasiri.“

      Mia nahm ihre Hand, um sie zu trösten − und Eva ließ sie, obwohl es doch früher immer sie gewesen war, die Mia getröstet hatte. Doch sie fühlte sich so schwach und elend, nachdem sie alles gesagt hatte, was bisher noch unausgesprochen in ihrem Kopf und vermutlich auch in dem des Verwalters festgehalten gewesen war. Und die Wärme von Mias Hand tat ihr gut, auch wenn es sommerlich heiß war.

      „Das kann nicht sein“, erklärte Mia mit einem Mal bestimmt, „wir finden einen Weg“. Energisch stand sie auf und ging im Kreis über den Kies, während sie die Nachricht verarbeitete.

      „Du bist mit Jasiri verheiratet, Du bist seine Erbin. Du bist die neue Chefin. Es wäre doch gelacht, wenn es nicht gelänge, das Erbe anzutreten, hier weiterzumachen.“

      „Ich habe mit allen gesprochen, aber keiner weiß eine Antwort. Keiner war je in seinem Dorf oder weiß überhaupt, wo genau es ist. Jasiri hat es auch mir nie erzählt, er wollte das nicht. Er meinte, diese Welten passen nicht zusammen. Ich glaube es lag an mir. Sie hassen mich, weil wir verheiratet waren, das muss für sie sein wie ein Verbrechen.“

      „Ja, die Afrikaner erkennen die Ehe nicht an. An sich ein sehr fortschrittlicher Gedanke, aber in unserem Fall eher ein Problem“, bestätigte Mia nachdenklich. „Aber Probleme sind dazu da, dass sie gelöst werden.“

      Sie überlegte. „Wieso, glaubst du, hat Jasiri Dir so wenig erzählt? Ihr habt euch doch vertraut.“

      „Ja, das haben wir.“ Eva beruhigte sich allmählich,

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