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ihm die Röte ins Gesicht stieg und hänselten ihn.

      „Ja!!? Wie könnte ich, wo es doch so köstlich bis in mein Zimmer duftet!“, sagte sie so gelassen wie möglich, doch war ihre Aufregung nicht zu übersehen.

      Sie war rot bis über beide Ohren und es kostete ihr Mühe, natürlich zu bleiben.

      Sherif war Mitte zwanzig, mit seinen dunklen Augen wirkte er intelligent, er sah freundlich aus und hatte gute Manieren. Er trug eine abgewetzte Jeans und ein weißes T-Shirt, wodurch seine Bräune noch unterstrichen wurde.

      Mit einer freundschaftlichen Geste fasste er sie an der Hand und manövrierte sie über die Terrasse.

      Sie tauchten ein in die Menge. Es war eine bunt zusammengewürfelte Gruppe lässig gekleideter junger Menschen ihres Alters, mit rutschenden Hosen und neumodischen Undercut-Frisuren, die in ausgelassener Stimmung und guter Laune bei Tanz, Musik und Essen zusammengedrängt standen, einander umarmten, Selfies machten und mit zusammensteckten Köpfen Youtube-Videos anschauten, kommentierten, lachten und lebhaft und ungezwungen diskutierten.

      Laura wunderte sich, wie offen und unbeschwert locker sie alle waren, voller enthusiastischer Zukunftspläne und vor neuen Ideen und Selbstvertrauen strotzend, als könnte ihnen nichts und niemand etwas anhaben.

      Nur einer saß verdächtig still und vollkommen abseits, wie von seiner Umwelt abgeschnitten, allein in einer unauffälligen Ecke vor dem eingeschalteten kleinen Fernseher. Mit seinem strengen Gesicht saß er da in schlecht sitzender Kleidung. Unter seinem abgetragenen beigen Mantel lugte ein verwaschenes Gewand hervor, dazu trug er abgelatschte Sandalen.

      Er wirkte fehl am Platz.

      Er schien etwas in sich zu tragen, das ihn auffraß und innerlich zerriss. Sein Gesicht trug Spuren eines inneren Traumas.

      „Das ist Ramzi!“, sagte Sherif im Flüsterton. Eine Sekunde lang dachte Laura, Sherif würde noch etwas sagen, doch er bremste sich, als hätte er sich die Zunge verbrannt.

      Ein merkwürdiges Gefühl stieg in ihr hoch. Sie glaubte den Jungen mit dem zerschlissenen Mantel schon irgendwo gesehen zu haben.

      Zu ihrer Überraschung erinnerte sie sich plötzlich, war das nicht der Junge, der am Freitagsgebet Spenden gesammelt hatte?

      Es ist erstaunlich, wie ein Erlebnis von wenigen Augenblicken im Gedächtnis hängenbleibt.

      Gedankenversunken wechselte Ramzi von einem Sender zum nächsten.

      Die Bilder kamen zeitversetzt. Das, was man sah, war nicht identisch mit dem, was man hörte.

      „Der Irak hat es schon wieder in die Nachrichten geschafft“, bemerkte Sherif kurz.

      Die Nachrichten lauteten so düster. Laura sah beiläufig in die Luft gesprengte Häuser, Feuerflammen und Aschenflocken, Menschen in Furcht, tote Kinder, schreiende Väter, brüllende Brüder, weinende Mütter. Ungezügelte Jugendliche zerrissen die amerikanische Flagge. Andere steckten sie an. Ein amerikanischer Regierungssprecher gab in zerkautem Amerikanisch mit eiskalter Miene ein Statement über einen erfolgreichen Luftangriff.

      Der Junge mit dem abgetragenen beigen Mantel richtete die Fernbedienung auf den Bildschirm, drückte auf Aus und schaute zu, wie der amerikanische Politiker ruckartig verschwand. Dann stand er auf und ging mit starrem Blick niedergeschlagen in sein Zimmer, das sich in der letzten Ecke der Terrasse befand.

      Er sah aus, wie jemand, der sich an etwas zurückerinnert, an das man sich nicht gern erinnert und das einen immer wieder aus der Fassung bringt.

      Bevor er in sein Zimmer verschwand, fasste ihn sein bärtiger Zimmernachbar am Ellbogen und führte ein angeregtes Gespräch mit ihm, während er rasche finstere Blicke in die feiernde Runde warf. Im Halbdunkeln stand er im Türrahmen seines Zimmers und sah mit seinem langen Bart unsäglich streng aus.

      „Sifou! Unser durchtriebener Chefideologe, der wieder seine Gehirnwäsche verpasst!“, flüsterte Sherif.

      „Das verheißt nichts Gutes“, dachte sie.

      „Spitzname?“ Es muss ja wohl einer sein, denn sie kannte keinen arabischen Namen, der so klang. Hinter seinem Rücken hatten die Nachbarn ihn Sifou getauft. Sherif selbst hasste die Wendung, aber auf Saif passte sie. So heißt er in Wirklichkeit. Sifou, der endlos Wahnsinnige, der vor nichts zurückschreckte, war nur ein Spitzname, den man ihm gab wegen seiner Wutanfälle, seiner gefährlichen Stimmungsschwankungen und seinem bizarren Benehmen. Sifou war ein Mensch emotionaler Extreme. Viele meinten, dass er an einem Wahn litt. Seine ganze Welt, seine ganze Person ist ein einziges verdammtes Geheimnis. Undurchschaubar.

      Es war unmöglich zu erkennen, was in seinem Geist vorging.

      Seine Stimme wurde plötzlich scharf und ihn packte Zorn.

      „Brennholz der Hölle und Satansbraten, Sodom und Gomorrha, Sittenlose Bagage!“, schimpfte er, die anderen nicht aus den Augen lassend, bevor er in seinem Zimmer verschwand und die Tür zuknallte.

      Sherif blickte ihm wortlos nach. Er schüttelte bloß den Kopf. Laura konnte wegen der Akustik kein Wort aus dem Gespräch auffangen, aber sie konnte sehen, wie ein Schatten über Sherifs Gesicht glitt, es leicht verfinstern und alle Belustigung für einen Moment aus seinem Gesicht schwinden ließ. Was führten Saif und Ramzi im Schilde? Das hätte Sherif Laura gern ausführlich erklärt, aber er hielt lieber den Mund.

      Als Laura sich den Feiernden auf Arabisch vorstellte, sahen sie sie mit erstaunter Neugier an. Kontaktfreudig zogen sie sie sofort ungezwungen in die Gruppe, umschwärmten sie und überschütteten sie mit unzähligen Fragen und viel Aufmerksamkeit. Im Halbkreis standen sie um sie herum und machten ihr Komplimente: Aus ihrem Mund klänge Arabisch besonders schön, melodiös wie ein Vogelzwitschern, ein Bulbul, eine Nachtigall also, wohltönender als manch pseudoblonde Fernsehsprecherin, von denen heutigentags die arabischen Sender wimmeln und die so vorlesen als hätten sie ihre Zunge samt Manuskript verschluckt.

      „Wann wirst du eine Arabisch-Schule für unsere Abgeordneten aufmachen“, fragte ein Junge scherzend.

      Laura lächelte etwas verlegen und zeigte ihr Grübchen auf der linken Seite. Sie hatte gelesen, dass Ägypter schöne Worte lieben und umso großzügiger damit umgehen, wenn sie mit Gästen sprechen. Sherif meinte zwar, das sei ein ernstgemeintes Kompliment.

      Die lockere Stimmung gefiel ihr besonders gut und die honigsüßen Lobsprüche erleichterten ihr den Umgang. Offenherzig, animiert durch die lockere Atmosphäre, glitten ihr die Worte leicht über die Lippen.

      Sie saßen ungezwungen auf der Terrasse, erzählten unbefangen voneinander und bestürmten sie mit neugierigen Fragen, die Laura gerne beantwortete.

      Auch Saadiya und Onkel Hany zogen sich einen Stuhl an den Tisch und hörten aufmerksam zu, wie Laura von ihrer Heimatstadt, ihrer Liebe zur Archäologie und Völkerkunde erzählte.

      „Ich stand vor drei Optionen, entweder später eine Priesterin werden, einen Fahrradladen aufmachen, oder in die weite Welt flüchten. Da ich mich weit weg sehnte, ging ich der letzten Option nach, und ich bereue es nicht. Es war von Anfang an eine Sache des Herzens; ich wollte immer Entdeckungsreisende werden. Es gibt so viel auf der Welt zu entdecken, dass dafür zwei Leben nicht reichen. Die ganze Erdkugel ist eine Fundgrube und wir Menschen sind Grabungsarbeiter.“ Ein Satz, den alle schön fanden.

      Saadiya fragte Laura besorgt, ob sie Eltern hätte, ob sie noch am Leben seien und was sie davon hielten, dass ihre so hübsche blonde Tochter in so jungen Jahren alleine reiste.

      „An dem Tag, an dem euer Onkel Hany mich geheiratet hatte“, erzählte Saadiya voller Genugtuung, „konnte ich zum ersten Mal, den Fuß vor die Tür setzen. Davor hätten mir meine Eltern die Beine zerschmettert, wenn ich jemals bloß daran gedacht hätte, einen kleinen Mörser aus dem Nachbarhaus zu holen, geschweige denn einen Krug Wasser vom Nil“, sagte sie fröhlich. Was von den anderen natürlich allusorisch verstanden wurde und ein brummiges Lachen hervorrief. Als Saadiya die Zweideutigkeit dieser Vorstellung bewusst wurde, wurde sie unwillkürlich rot.

      „So

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