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das elfische Volk vor so vielen Menschenaltern und

      dem Bruchteil eines elfischen Lebens schon einmal begegnet war.

      Elodarion strich mit der Hand über den Handlauf des Balkons, so als wolle

      er sich vergewissern, dass dieser Bestand haben und mit ihm das Haus

      Elodarions unbeschadet der dunklen Macht widerstehen würde. Er spürte, wie

      seine Gefährtin hinter ihn trat. »Schon einmal haben wir es gespürt«, sagte er

      leise. »Das Wachsen der Dunklen Macht. Und lange haben wir ihm

      zugesehen.«

      »Und schon einmal wurde sie besiegt.« Seine Gefährtin trat neben ihn, und

      ihre Gestalt wirkte vollendet und anmutig. Nach all den gemeinsam

      verbrachten Jahren waren sie einander zutiefst verbunden, gleichsam als seien

      sie ein einziges Wesen, und sie verspürten die gleiche Sorge.

      »Damals waren die Stämme der Menschenwesen kraftvoll und zahlreich.

      Heute gibt es deren nur noch wenige. So viele fielen zurück in die Barbarei

      und entzweiten sich. Der alte Bund ist zerfallen und existiert nicht mehr. Das

      Streben nach Macht und Glück erfüllt die Menschen, und in ihrer Gier danach

      kennen sie kein Maß mehr.«

      Sie legte ihre Hand auf die seine, und für einen Moment gaben sie sich

      stumm ihrer Verbundenheit hin. »Sie haben so wenig Zeit, ein Maß zu

      finden«, sagte Eolyn schließlich leise. Eolyn, Tau, der den Morgen streichelt.

      Für Elodarion konnte es keinen zutreffenderen Namen für seine Gefährtin

      geben.

      »Das Bündnis konnte einst die Dunkle Macht bezwingen. Nun ist diese

      erneut erstarkt und stärker als je zuvor. Die Macht breitet sich aus, und eines

      Mondes wird sie auch die Häuser des Elfenvolkes erreichen.«

      Eolyn lächelte sanft. »Unsere Häuser mögen dann schon weit jenseits der

      Meere stehen.«

      »Nein.« Elodarion schüttelte langsam den Kopf. »Du weißt, dass dies ein

      Trugschluss ist. Eines Tages wird die Dunkle Macht selbst über die Meere

      hinweg reichen. Wir müssen ihr entgegentreten. Jetzt, solange wir noch die

      Kraft dazu finden und es noch Menschenwesen gibt, mit denen wir den Bund

      erneuern können.«

      »Werden die Menschenwesen dies auch tun? Spüren sie denn die Drohung,

      die von der Dunklen Macht ausgeht, und werden sie sich ihr widersetzen oder

      aber sich ihr hingeben?« Eolyn sah ihren Gefährten zweifelnd an. »Nur

      gemeinsam mit den Menschenwesen werden wir der Dunklen Macht erneut

      widerstehen können. Doch die meisten Stämme der Menschenwesen sind

      zerfallen, und nur wenige haben sich einen Teil ihrer einstigen Macht

      bewahrt.«

      »Der Rat hat beschlossen, den alten Bund mit den Menschenwesen zu

      erneuern.« Elodarion wies mit einer weit ausholenden Geste über den Wald.

      »Die Häuser des Waldes und der See haben ihre Männer versammelt, und die

      Bogenschützen des elfischen Volkes werden in den Kampf ziehen. Das

      Schicksal wird zeigen, ob wir dies erneut in der Gemeinschaft eines Bundes

      tun werden.« Er blickte Eolyn ernst an und umschloss ihre Hand. »Lotaras

      und Leoryn sind erwählt worden, Kontakt zu den Königen der

      Menschenstämme aufzunehmen und den Bund zu erneuern.«

      »Lotaras und Leoryn?« Für einen Augenblick zeigte sich Sorge im Gesicht

      Eolyns. »Sie währen erst fünfhundert Jahre und haben bislang noch nie

      Kontakt zu den Menschenwesen gehabt.«

      Elodarion lächelte. »Ich spüre deine Sorge wohl, Eolyn. Doch sie wissen,

      was auch wir wissen, sind im Gegensatz zu uns aber nicht voreingenommen,

      da sie die alten Könige der Menschen nicht kannten. Sie werden den neuen

      Herrschern unbelastet entgegentreten. Jene Menschenwesen, die unser Volk

      noch kennen, wissen um die besondere Bedeutung der Kinder für unsere

      Häuser. Wenn wir unsere Kinder folglich als Botschafter zu ihnen entsenden,

      werden sie diesen Umstand als besondere Ehre werten. Und habe keine Sorge.

      Auf dem Weg nach Süden und später nach Osten werden sie von den

      Bogenschützen unserer Häuser begleitet.«

      Eolyn blickte nachdenklich nach Osten, als könne auch sie durch die

      Bäume des Waldes hindurch den Ort der Gefahr erblicken, und die Luft

      schien ihr plötzlich schwer und kühl.

      Kapitel 2

      Zunächst sah es danach aus, als habe sich einer der zahllosen Gesteinsbrocken

      von den steilen Hängen des Pfades gelöst. Aus der Ferne war jedenfalls nur

      das typische ungleichmäßige Grau eines großen Steines mit seinen grünen

      Stellen zu erkennen, die vom Moosbewuchs herrührten. Aber als die fünf

      Reiter langsam näher kamen, wurden zusätzlich auch bräunliche Flecken

      sichtbar, und die Pferde spürten noch vor den Männern, dass dies kein

      gewöhnlicher Felsen war. Kormunds grauer Hengst schnaubte leise, und der

      stämmige Mann beugte sich ein wenig vor, um den Hals seines Tieres

      beruhigend zu tätscheln. Reiter und Pferd nahmen jetzt beide den leichten

      Geruch von Kupfer wahr. Den Geruch von vergossenem Blut.

      »Ganz ruhig, mein Alter«, sagte Kormund leise. »Ich weiß ja, was du

      meinst.«

      Der kräftige Reiter hielt den Blick aufmerksam auf den zweifelhaften

      Felsen und die umgebenden Hänge gerichtet und hob dann seine rechte Hand

      leicht an. Er hörte das leise Pochen der Hufe, als die anderen vier Reiter

      rechts und links von ihm zur Kampfformation ausschwärmten. Wobei Parem,

      der noch unerfahren war, sein Pferd zu weit vortrieb, doch ein missbilligender

      Blick seines benachbarten Reiters ließ ihn errötend seine Position korrigieren.

      Nichts war zu hören, außer dem steten Wind, der hier über die Hänge der

      Hochmark strich, und dem gelegentlichen Knarren des ledernen Sattelzeugs.

      Der Wind der Hochmark ließ auch die langen grünen Umhänge der Reiter

      unruhig

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