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und dieser schwang sich in den

      Sattel. Mechanisch schob er den Jagdbogen in die richtige Position und

      prüfte, ob die Pfeile richtig im Köcher saßen. Sie durften sich beim Ritt nicht

      lösen, mussten aber jederzeit griffbereit sein.

      »Wahre die richtige Form, Nedeam«, ermahnte sie ihn. »Das Du ist nur in

      der Familie erlaubt, jedem anderen gebührt die höfliche Anrede. Achte stets

      darauf, guter Herr oder gute Frau zu sagen, damit man dich nicht für

      ungehobelt hält.«

      »Ich weiß, Mutter«, versicherte Nedeam.

      »Sollte dir der Heiler begegnen, so nenne ihn Hoher Herr.«

      »Was auch für den Ersten Schwertmann gilt«, warf Balwin lächelnd ein.

      »Ach,

      Meowyn, Weib, er weiß doch wohl, wie er sich zu benehmen hat.«

      »Ja, das tue ich«, bestätigte Nedeam und reckte sich im Sattel.

      Balwin grinste beifällig. »Schneller Ritt und scharfer Tod.«

      Nedeam sah seinen Vater zustimmend an, doch Meowyn legte ihre Hand

      auf Balwins Arm. »Noch ist dein Sohn kein Pferdelord, Balwin.« Sie sah

      Nedeam aufmunternd an. »Auch wenn er jetzt fast schon so aussieht.«

      Der Zwölfjährige reckte sich stolz und strahlte glücklich. In diesem

      Augenblick war es ihm gleichgültig, dass die Farbe seines Umhangs noch

      Braun war und nicht das Grün der Pferdelords aufwies. So verabschiedete er

      sich von seinen Eltern, zog Stirnfleck herum und trabte von dem kleinen

      Gehöft in Richtung auf die große Stadt Eternas und seinem Abenteuer

      entgegen.

      Balwin legte den Arm um seine Frau Meowyn und zog sie zärtlich an sich.

      »Keine Sorge, Weib. Er reitet ins Innere der Mark. Dort ist er sicher.«

      Meowyn seufzte leise. »Die toten Wolltiere beunruhigen dich mehr, als du

      eingestehst.«

      Balwin erwiderte nichts. Aber das brauchte er auch nicht.

      Kapitel 4

      Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Felsen warfen das Licht seltsam

      gleißend zurück, sodass es unangenehm rasch blendete. Trotzdem war es

      nicht heiß, denn der stete Wind der Hochmark brachte eine Linderung, die

      Kormund als angenehm empfand. Sie ritten über einen der zahlreichen Pässe

      der Hochmark in die Ebene von Eternas ein, und das Bild der Landschaft

      verwandelte sich vor ihren Augen in ein saftiges Grün. Die Ebene, die in der

      Mitte von einem Gebirgsfluss geteilt wurde, zog sich zwischen steil

      aufragenden Bergen entlang, und wer die Fruchtbarkeit ihrer Weiden sah,

      erkannte rasch, warum es sich hier gut leben ließ. Obwohl die Wolltierherden

      die Weiden rasch abgrasten, wuchs ihr Gras schnell genug nach. Außerdem

      war nahezu die gesamte Ebene von einem dichten Ring seltener

      Gebirgswälder umgeben, die unter dem strengen Schutz des Pferdefürsten

      Garodem standen. Um die Stadt selbst zog sich ein leuchtend gelber Gürtel

      aus Getreidefeldern, deren Ernte kurz bevorstand. Man sah zahlreiche Männer

      und Frauen, die sich zwischen den hoch aufragenden Halmen bewegten. Die

      Ähren standen voll, und es würde wieder eine gute Ernte geben, denn der

      Boden Eternas’ war fruchtbar.

      Eternas war eine offene Stadt ohne Befestigungsanlagen, denn noch nie

      hatte sich ein ernsthafter Feind bis hierher vorgewagt, und die Häuser der

      Stadt wirkten durch ihre zwei- und dreigeschossige Bauweise und ihre

      zahlreichen Schrägen und Winkel nahezu verspielt. An fast jedem Dachgiebel

      waren die gekreuzten Pferdeköpfe, das Symbol des Landes der Pferdelords,

      ausgearbeitet, und oft waren diese Verzierungen aus blankem Metall

      geschmiedet. Der Reichtum der Hochmark zeigte sich in seinem

      verschwenderisch wirkenden Umgang mit Metallen, und viele der Türen und

      der Fensterrahmen waren aus geschmiedetem Eisen. Holz hingegen war

      seltener zu sehen, und je mehr des kostbaren Rohstoffes an einem Haus

      verarbeitet war, desto höher war die gesellschaftliche Stellung seines

      Bewohners einzuschätzen. Ja, Stein und Metall dominierten das Bild von

      Eternas, aber dennoch wirkte die Stadt nicht kalt. Pflanzen und Blumen

      zierten fast jedes Haus, und die Freundlichkeit der Bewohner tat ein Übriges.

      »Reitet langsam und blickt immer freundlich«, ermahnte Kormund seine

      Männer. »Es gibt keinen Grund, die Leute zu beunruhigen.«

      Er führte seine Schar die Hauptstraße entlang und wirkte dabei

      vollkommen entspannt. Der Scharführer achtete darauf, dass sein grüner

      Umhang die leere Scheide seines Schwertes verdeckte. Denn nachdem sich

      kein Pferdelord jemals ohne triftigen Grund von seiner Klinge trennte, würde

      es Fragen geben, sobald jemand die leere Lederhülle zu sehen bekäme.

      Niemand sah ihm seine sorgenvollen Gedanken an, die immer mehr

      zunahmen, je näher sie der Burg Eternas kamen, welche sich hinter der Stadt

      erhob. Kormund kannte die Stadt des Pferdekönigs, deren überwiegend

      hölzerne Bauten sich auf einem kegelförmigen Berg in einer ganz ähnlichen

      Ebene erhoben, und er hatte auch dessen Fluchtburg gesehen, die in die

      gewaltige Spalte eines steilen Berges hineingebaut worden war. Aber die

      Burg Eternas war anders.

      Massiv und aus kantigen Felsquadern errichtet, ragte sie in stumpfem Grau

      am Ende der Stadt auf. Ihre hohen und mit Zinnen bewehrten Mauern wurden

      nur noch von den beiden Ecktürmen und dem Hauptturm überragt. Und selbst

      von der unteren Stadt aus konnte man die schlanke Nadel aufragen sehen, an

      deren Spitze sich das Signalfeuer befand. Ein Feuer, das nur im Falle der

      Gefahr entzündet wurde. Es gab eine ganze Kette ähnlicher Feuer, die bis

      zum fernen Königshaus der Pferdelords führte. Und Kormund wusste, dass

      die Kette sogar noch weiter, bis zur weißen Stadt der alten Könige reichte.

      Er war stolz auf seine Männer, die sich ihre Sorge ebenfalls nicht

      anmerken

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