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die Muslime zeigen. Die Christen haben im Namen ihres Gottes selber Schlimmes angestellt.

      „Gott mit uns“ ist der Ruf der martialisch überzeugten Christen, der sie etwa vor etwa tausend Jahren in die Kreuzzüge gegen, man stelle es sich vor, die Muslime, führte. ‚Deus lo vult’ (Gott will es) war der Schlachtruf des Papstes Urban II., der den ersten Kreuzzug in Gang setzte, und viele folgten ihm. Wundert es einen, wenn heutige gutgläubige oder zynische muslimische Terroristen die Christen an ihre Kreuzzüge erinnern und sie als ‚Kreuzzügler’ bezeichnen? „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ würde Jahwe dazu sagen.

      Aber nicht nur das: ‚“Gott mit uns“ war der Wahlspruch des preußischen Königshauses, und bis 1945 zierte der Spruch das Portal vieler deutscher Villen, so wie der Ruf Allahu Akbar die Fahnen verschiedener muslimischer Staaten ziert.

      Während des Dreißigjährigen Krieges wählte der schwedische König Gustav II. für seine Soldaten den Schlachtruf „Gott mit uns“. Der Dreißigjährige Krieg ist in der Geschichte als Religionskrieg berühmt geworden. Auch wenn das nur eine Seite der Geschichte ist – die andere ist die Durchsetzung von Machtinteressen der verschiedenen Kriegsparteien -, zeigt auch dieser Krieg, dass der Mensch in Namen Gottes die schwersten Gräueltaten rechtfertigt.

      Die Wehrmachtsoldaten trugen auf ihren Gurtschnallen auch den Spruch „Gott mit uns“, und vor der Schlacht um Stalingrad während des von Hitler angezettelten zweiten Weltkriegs erinnert ein Seelsorger die deutschen Soldaten an den Spruch auf ihrer Gürtelschnalle.

      Das Elend, das der ‚Gott mit uns’ bei jeder Gelegenheit hinterlassen hat, lässt sich nicht ermessen. Mann muss zugeben: Nichts Neues unter der Sonne.

      Ist dieser blutige Teil der Geschichte der Christen ein Beweis, dass Gott es so gewollt hat? Natürlich nicht. Genauso wenig wie Allah die Morde, die in seinen Namen geschehen, gutheißen kann, vorausgesetzt, der christliche Gott und Allah sind in der Lage, etwas zu wissen oder zu wollen. Aber diese beiden Narrativen sowie die Preisung der Liebe Gottes für die Menschen gehören zum breiten Phänomen der Religion. Beide Seiten – und das sind längst nicht die einzigen, die man erzählen könnte – sind ein Ausdruck der Religiosität Gläubiger Menschen.

      Jedenfalls zeigen diese unterschiedlichen Narrativen, dass religiöse Sprache, wenn sie von Gott redet, nicht eindimensional ist, sondern perspektivisch. Wie ein Januskopf schaut das Gottesbild wenigstens in zwei Richtungen, wenn er sich entscheiden muss, ob er den einen Menschen oder den anderen lieben, das eine oder das andere Volk auserwählen soll. Aber das Gottesgesicht ist viel wendiger als ein Januskopf, er kann sich in alle Richtungen drehen, manchmal sehr schnell.

      Der Verdacht, dass nicht unbedingt Gott, sondern der Mensch die Ursache dieser Ambivalenz Gottes ist, ist berechtigt: Je nach dem, wie der Mensch geartet ist, so ändert sich Gott in seinen und in unseren Augen.

      Wir reden von der religiösen Sprache, von einer Sprache, die vorgibt, über Gott einiges oder gar vieles zu wissen, über ihn reden zu können, Auskünfte über ihm geben zu können. Wenn man die Aussagen der religiösen Sprache vergleicht, stellt man fest, dass sie sehr unterschiedlich ausfallen. Die religiöse Sprache macht verschiedenartige Aussagen über Gott, weil sie die Sprache von Menschen ist, die unterschiedliche Interessen haben.

      Religion – was ist das?

      Viele Definitionen von Religion, die aus früherer Zeit im Gedächtnis geblieben und jetzt auch im Internet auch zu lesen sind, versuchen, das Phänomen der Religion zu beschreiben. So findet man dort unter dem lateinischen Stichwort ‚religio’ folgende Beschreibung: Das lateinische Wort religio enthält negative Aspekte wie Zweifel, Skrupel, Aberglaube sowie positive Geisteshaltungen wie Gottesfurcht und Frömmigkeit. Eine Beschreibung des Phänomens ist aber keine echte Definition. Diese sollte eher das Wesen eines Wortes wiedergeben. Dazu könnte etwa die etymologische Ableitung des zu definierenden Wortes dienen. Aber auch hier sind die Versuche, die Religion zu definieren, sehr ungenau und zaghaft, und man hat den Eindruck, man will unbedingt nur Gutes über die Religion schreiben. So leitet man ‚religio’ vom lateinischen Wort ‚relegere’, was ‚wieder lesen’ oder ‚überdenken’ bedeutet. Wie soll man, von dieser Etymologie ausgehend, den Sinn von ‚Religion’, so wie wir sie erleben und kennen, herausfiltern?

      Der bessere etymologische Bezug von ‚religio’ ist eher das lateinische Wort ‚religare’, was ‚binden, anbinden, sich binden’ bedeutet. Diese Definition enthält sowohl die positive Seite einer Bindung, solange diese Beziehung die Menschen glücklich macht, als auch das negative Empfinden der Bindung, wenn eine Beziehung nicht (mehr) als glückbringend angesehen wird und eher das Gefühl vermittelt, angebunden, angekettet zu sein.

      Im Kleinen Prinzen schreibt Antoine de Saint-Exupéry, wenn zwei Wesen sich nahe kommen, entstehen Bindungen (liens). Solche Bindungen sind typisch bei Liebenden. Ähnliches mag auch in der Religion geschehen. Und dieses Gefühl der Geborgenheit, der Nähe, des Verbundenseins (religiöse Menschen fühlen sich Gott nahe), macht religiöse Menschen glücklich, und sie können selten verstehen, warum andere auf dieses Glücksgefühl verzichten und die Religion kritisieren.

      Eine Reihe von Übersetzungen des lateinischen Wortes ‚religare’ bringen aber auch dessen negative Seite zum Ausdruck: festbinden, festhalten, verknoten. Das Wort ‚angebunden, angekettet’ sein ist vielleicht die beste Wiedergabe der negativen Seite einer Bindung, die angefangen hat, eine Last zu werden. ‚Angekettet, angebunden sein’ beschreibt den Zustand des Gefangenseins und das Gefühl der Unfreiheit. Losbindung bedeutet dann die Befreiung von den Ketten, auch von den Ketten der Religion.

      Kann Religion dem Menschen auch das Gefühl vermitteln, dass er unfrei ist, von Stricken gefangen gehalten wird? Mit Sicherheit. Das erscheint zunächst paradox, weil man Religion zunächst mit Glück, Freude und Ekstase, mit Liebe, Gebet und Gottbezogenheit verbindet. Auf der anderen Seite war jede Religion darauf bedacht, den Menschen Gebote und Verbote aufzuerlegen, die sie als Wort und Willen Gottes bezeichnete, so dass die Menschen nicht selten in Unfreiheit und Zwang aufwachsen und leben.

      Beispiele gibt es zuhauf. Sogar Jesus, als er noch nicht neben dem Vater und dem Heiligen Geist saß, noch kein gleichberechtigter Gott der Dreifaltigkeit war und nicht daran dachte, selbst eine Religion zu gründen, wenn er je daran gedacht hat, warf den damaligen Priestern und Schriftgelehrten vor, sie würden den Menschen Lasten aufbürden, die sie selbst nicht tragen könnten. Das hatten aber nicht erst die Priester und Schriftgelehrten getan, bereits Mose hatte es im Namen Jahwes getan. Später wiederholte es die christliche Kirche im Namen Jesu und der heiligen Dreifaltigkeit, und noch später tat es Mohammed im Koran im Namen Allahs.

      Auch die von den sogenannten Heiden, von den vorchristlichen Religionen übernommenen und christlich getauften magischen Kulte gehören zum Sammelbecken der Religion. Die falschen Überzeugungen, die als Wille Gottes gedeutet wurden und zu Hexenverbrennungen und Tötung von Andersdenkenden führten, sind bekannte religiöse Phänomene. Und nicht zuletzt die Rückführung von Krankheiten auf die Wirkung von Dämonen, von psychischen Erkrankungen auf die Wirkung des Teufels, der durch teilweise grausame Exorzismen aus dem kranken Menschen getrieben werden soll: Das alles und noch viel mehr gehört zur Religion.

      Sogar die sogenannte positive Seite der Religion - das Gebet, der Gottesdienst, die Freude über die Liebe Gottes, die ekstatischen Momente - haben eine negative Seite und eine negative Auswirkung. Der Mensch macht sich gegenüber Gott klein, und dieser Zustand versetzt ihn in eine Art mystische Benebelung, die ihn letztlich unfrei macht. Es ist eine raffinierte, nicht leicht zu durchschauende Art, den Menschen festzubinden und ihn abhängig zu machen: nicht direkt von Gott, sondern von Ritualen, Mythen und magischen Kräften und von Glück versprechenden Gurus, die der kultischen Handlung vorstehen. Der Gläubige fühlt sich gut aufgehoben und glücklich, und dabei merkt er nicht, dass diese Art von Bildung ihn zum einem unsichtbaren und vielleicht sogar nicht existierenden Gott versklavt und unnötigerweise klein macht.

      Beim Kult spielen die Priester, welcher Glaubensrichtung auch immer, eine wesentliche Rolle. Sie stehen in der Mitte des kultischen Geschehens und vermitteln den Eindruck, sie seien eine Brücke zwischen

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