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Burschen. »Jetzt kriege ich doch die Bullen?« »Ja, ja, du sollst sie haben!«

      13

      Fürcht dich nicht, lieb Mütterchen,

      Zieh die roten Schühchen an.

      Tritt mit Füßen

      Deine Feinde.

      Wenn die Schuh‹

      Von Eisen klirren,

      werden alle Feinde schweigen.

       Hochzeitslied

      Das liebliche Kinn auf die Hand gestützt saß Paraßka sinnend allein im Zimmer. Mancherlei Träume umschwirrten ihr blondes Köpfchen. Manchmal berührte plötzlich ein leichtes Lächeln ihre rosigen Lippen, und ein freudiges Gefühl ließ sie die dunklen Brauen emporheben, bald aber senkte sich wieder ein Sinnen wie eine Wolke auf ihre grauen klaren Augen.

      »Wie wenn es nun doch nicht so käme, wie er gesagt hat!« flüsterte sie mit einem Ausdruck des Zweifels. »Wenn er mich nun aber doch nicht bekommt? Wenn ... Nein, nein! Das kann nicht sein! Die Stiefmutter tut alles, was sie will! Kann ich nicht auch tun, was ich will? Mein Trotz ist groß genug! Wie schön ist er doch! Wie wunderbar glühen seine schwarzen Augen! Wie lieb kann er sagen: ›Paraßja, mein Täubchen!‹ — Wie gut steht ihm der weiße Kittel! Wenn er noch dazu einen hellen Gürtel ... Ja ich will ihm einen machen, wenn wir zusammen in die neue Wohnung ziehen. O wie ich mich darauf freue!« fuhr sie fort, indem sie ein kleines, mit rotem Papier beklebtes Spiegelchen aus dem Busen zog, das sie auf dem Jahrmarkt gekauft hatte, und in das sie mit geheimem Vergnügen hineinschaute. »Wenn ich ihr später begegne, so grüße ich sie nicht, und wenn sie platzt! Nein, Stiefmütterchen, du hast deine Stieftochter genug geprügelt! Eher wächst Sand auf Steinen, und neigt sich die Eiche wie eine Weide zum Wasser herab, als daß ich mich vor dir neige! Aber ich habe ja ganz vergessen ... ich will doch das Häubchen umbinden; ob es mir wohl gut steht; wenn’s auch der Stiefmutter gehört.«

      Sie stand auf, den Spiegel in der Hand und den Kopf über ihn geneigt, und ging behutsam durch die Stube, als fürchtete sie sich hinzufallen; denn statt des Fußbodens sah sie die Decke mit den Brettern, von denen neulich der Popensohn heruntergefallen war, und die Wandborde mit den Töpfen drauf vor sich.

      »Ich bin doch wirklich wie ein Kind!« rief sie lachend aus, »ich hab Angst, einen Fuß vor den andern zu setzen!«

      Und sie begann laut mit den Füßen aufzustampfen, immer mutiger und mutiger. Endlich sank ihre linke Hand herab und stemmte sich auf die Hüfte, und sie tanzte, mit den Sporen der Stiefelchen klirrend, drauf los, hielt sich den Spiegel vor und sang ihr Lieblingsliedchen:

      Grüne Gräser, grüne Auen,

      Wachset nicht zu sehr!

      Liebster mit den schwarzen Brauen,

      Schmieg dich zu mir her!

      Grüne Gräser, grüne Auen,

      Wachset nimmermehr!

      Liebster mit den schwarzen Brauen,

      Schmieg dich näher her!

      In diesem Augenblicke blickte Tscherewik durch die Türöffnung, und als er seine Tochter vor dem Spiegel tanzen sah, blieb er stehen. Lange sah er ihr zu, über die seltsame Laune des Mädchens lachend, das ganz in Gedanken versunken, nichts um sich herum zu bemerken schien; als er aber die bekannten Laute des Liedes hörte, da wurde es ihm heiß ums Herz; stolz die Hände auf die Hüften gestemmt, sprang er vor und begann so zu hopsen, daß er all seine andern Geschäfte vergaß. Das laute Lachen des Gevatters ließ beide auffahren.

      »Großartig! Vater und Tochter feiern hier selber Hochzeit! Kommt! kommt! der Bräutigam ist da!«

      Bei den letzten Worten glühte Paraßka in einem Rot auf, das tiefer war als das, welches das leuchtende Band auf ihrem Kopfe färbte. Dem sorglosen Vater fiel es erst jetzt ein, warum er eigentlich hierher gekommen war.

      »Töchterchen, komm schnell! Chiwrja ist vor Freude, daß ich die Stute verkauft habe, fortgelaufen, um sich feine Tücher und allerhand Schmucksachen zu kaufen!« sprach er und sah sich dabei ängstlich nach allen Seiten um. »Bis zu ihrer Rückkehr wollen wir alles erledigt haben!«

      Kaum hatte Paraßka die Schwelle des Hauses überschritten, da fühlte sie sich schon in den Armen des Burschen im weißen Kittel, der sie inmitten einer Menge von Leuten auf der Straße erwartete.

      »Gott segne euch!« sagte Tscherewik, ihre Hände vereinend. »In Glück und Glanz haltet fest wie ein Kranz!«

      Da gab’s plötzlich einen Lärm.

      »Eher will ich zerspringen, als daß ich das zulasse!« schrie Tscherewiks Ehehälfte, die von der lachenden Menge zurückgedrängt wurde.

      »Wüt nicht so, wüte doch nicht!« sprach Tscherewik kaltblütig, als er sah, wie ein paar handfeste Zigeuner sich ihrer Arme bemächtigten. »Geschehen ist geschehen! Ich bin nicht für Änderungen!«

      »Nein, nein, das darf nicht sein!« schrie Chiwrja, aber niemand hörte auf sie; ein paar lustige Leute umringten das junge Paar und bildeten eine undurchdringliche, tanzende Mauer um sie.

      Ein sonderbares unsagbares Gefühl mußte einen Zuschauer ergreifen, der mit ansah, wie beim ersten Bogenstrich des Fiedelmanns in dem groben Rock, mit dem langgeschweiften Schnurrbart, alles unwillkürlich ein einiges Ganzes bildete und zu friedlicher Eintracht überging. Leute, deren mürrische Gesichter offenbar ihr Lebtag niemals ein Lächeln erhellt hatte, stampften mit den Füßen und warfen die Schultern empor. Alles wirbelte im Tanze durcheinander. Aber ein noch sonderbareres, noch unsagbareres Gefühl mußte in der Tiefe der Seele beim Anblick jener Greisinnen erwachen, über deren uralten Gesichtern schon die Gleichgültigkeit des Grabes wehte — und die sich unter die neuen Menschen drängten, die dem Leben angehörten und dem Lachen. Die Sorglosen! Selbst sie, die keine kindliche Freude und keinen Funken des Mitgefühls kannten, die erst der Rausch, wie ein Mechaniker seine leblosen Automaten, zu einer menschlichen Äußerung zwingt, — selbst sie nickten leise mit den berauschten Köpfen und hüpften ein wenig hinter der lustigen Menge her, ohne auf das junge Paar zu achten.

      Das Lärmen, Lachen, Singen verklang zu einem leisen und immer leiseren Summen. Die Fiedel erstarb, ertönte schwächer und schwächer und ließ nur noch ein paar undeutliche Töne durch die leere Luft zittern. Noch hörte man hie und da ein Stampfen, gleich dem Tosen des fernen Meeres, aber bald lag alles wieder öde und stumm da.

      Fliegt uns nicht so auch die Freude davon, die schöne und flatterhafte Freundin? Vergeblich sucht ein einsamer Klang, von Lust und Seligkeit zu singen. Im eignen Echo schon vernimmt er die Laute der Trauer und Einsamkeit, und er lauscht ihnen voller Schrecken. Stieben nicht so auch die ausgelassenen Freunde der freien stürmischen Jugend einer nach dem andern in alle Winde und lassen ihren alten Herzensbruder allein? Bang wird dem Verlassenen! Voller Schwermut und Traurigkeit ist sein Herz, doch für ihn gibt es keine Hilfe!

      Die Johannisnacht

      Eine Sage erzählt vom Küster an der Kirche zu …

      Foma Grigorjewitsch hatte eine merkwürdige Eigentümlichkeit: Er konnte es auf den Tod nicht leiden, ein und dieselbe Geschichte mehrmals erzählen zu müssen. Gab er aber schon einmal den Bitten nach und erzählte etwas zum zweiten Male, dann fügte er entweder hier eine neue Wendung hinzu, oder änderte dort etwas, so daß man die Geschichte kaum wiedererkennen konnte. Einmal hatte einer jener Herren — wir einfachen Leute wissen nicht recht, wie wir sie nennen sollen: Schreiber oder dergleichen, so was ähnliches wie die Makler auf unseren Jahrmärkten; sie kramen, betteln und stehlen sich allerhand Zeug zusammen und senden dann jeden Monat oder gar jede Woche ein Büchelchen so dick wie eine Fibel in die Welt hinaus, — einmal also hatte einer jener Herren unserem Foma Grigorjewitsch die folgende Geschichte hier abgeluchst, und der hatte das ganz vergessen. Aber eines Tages kommt dasselbe Herrchen im erbsengrauen Kaftan aus Poltawa, von dem ich schon einmal sprach, und von dem ihr

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