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Eine Pandemie verändert die Welt. Walter Swoboda
Читать онлайн.Название Eine Pandemie verändert die Welt
Год выпуска 0
isbn 9783739805856
Автор произведения Walter Swoboda
Жанр Социология
Издательство Bookwire
Beim Umrunden muss man nicht viel navigieren, denn das Raumschiff kreiste von allein wie ein Satellit um den Mond. Bei Hin- und Rückflug konnte die Position mit Teleskop und Sextant festgestellt werden. Landen ist da schwieriger, denn es sollte schon bekannt sein, wo die Kapsel aufsetzt. Der NASA kam die Tatsache zugute, dass der Mond gegenüber der Erde keine Eigendrehung aufweist. Daher ist es über Funkleitstrahlen machbar, die Abweichung der Landefähre vom festgelegten Kurs genau zu bestimmen. Aber wegen der langen Kommunikationsdauer durch die großen Entfernungen musste es möglich sein, zumindest die wichtigsten Berechnungen vor Ort anstellen zu können, denn eine Steuerung von der Erde aus wäre viel zu träge gewesen. Deshalb wurde eigens ein völlig neuartiger Bordcomputer entworfen und gebaut.
Der AGC (Apollo Guidance ComputerApollo Guidance Computer) ist in zweifacher Hinsicht ein Meilenstein: Er stellt den endgültigen Durchbruch der Digitaltechnik dar, außerdem ist er ein frühes Wunder der Miniaturisierung, wurden doch alle Röhrenbausteine durch die damals brandneuen Transistoren ersetzt. Er wog 32 kg und war nur etwa so groß wie zwei Aktentaschen.
Heute wird oft behauptet, dass ein normaler Taschenrechner mehr Rechenkapazität hätte als der AGC. Aber versuchen sie einmal, mit Hilfe eines Taschenrechners und einigen Funksignalen ihre Position zu bestimmen! Selbstverständlich ist der AGC langsam, wenn er ausschließlich Logarithmen oder Integrale ausrechnen soll. Aber er konnte viel mehr: Er steuerte Navigationsfunktionen des Raumschiffs automatisch, ermittelte dessen Position und sammelte und speicherte wichtige Fluginformationen. Seine Benutzerschnittstelle bestand nur aus 19 Tasten, 14 Kontrolllämpchen und einem sechszeiligen Display, das nur fünf Ziffern pro Zeile darstellte. Alles war da, was benötigt wurde und nicht mehr, er war perfekt eingebettet in seine Aufgabe.
Gibt es einen ‚Einstein der Informatik‘, ein zentrales Genie in den Computerwissenschaften? Wenn jemand diesen Titel verdient, dann ist es Alan TuringTuring, Alan. Er war als junger Mann im Zweiten Weltkrieg Mitarbeiter der britischen militärischen Dienststelle am Bletchley Park, die sich mit der Entzifferung der deutschen Funksprüche befasste. Die Wehrmacht verwendete eine Verschlüsselungsmaschine namens Enigma, die zwar einfach aufgebaut war, aber trotzdem eine große Zahl von Verschlüsselungscodes zuließ. Die Alliierten erbeuteten mehrmals eine solche Maschine, es gelang ihnen aber nicht, die damit verschlüsselten Nachrichten zu entziffern. Die Enigma konnte abhängig vom Geheimcode, der täglich gewechselt wurde, einzelne Buchstaben, Satzzeichen und Ziffern durch andere ersetzen. In ihrem Inneren war ein mechanisches System mit einstellbaren Kodierwalzen installiert, das elektrische Signale verschaltete. Man stellte den Code ein, indem man die Walzen verdrehte, drückte eine Taste der Schreibmaschinentastatur und als Ergebnis leuchtete ein Lämpchen mit dem zugeordneten Buchstaben auf. Das funktionierte in beide Richtungen zum Ver- und Entschlüsseln. Aber es gab ein Problem: Es war unmöglich, ein Zeichen mit sich selbst zu verschlüsseln, weil das bedingt durch die Konstruktion zu einem Kurzschluss geführt hätte. Das war die große Schwachstelle des Systems. Das Team im Bletchley Park konnte zusammen mit der Häufigkeitsverteilung der Buchstaben in der deutschen Sprache eine Maschine entwerfen, die abgehörte Nachrichten innerhalb einiger Stunden entschlüsselte. Jetzt war es möglich, Begleitzüge auf hoher See vor feindlichen U-Booten zu warnen und die U-Boote selbst zu bekämpfen. Um das Geheimnis der neuen Abhörmöglichkeiten zu wahren, schickten die Alliierten einige Male auch eigene Soldaten bewusst ins gegnerische Feuer. Es waren dunkle Zeiten. Die Nazis ahnten aber bis zum Schluss nichts und es ist sehr wahrscheinlich, dass durch das Knacken der Enigma eine atomarer Angriff auf Deutschland verhindert wurde. Man wusste, dass das Land am Ende war und konzentrierte sich auf das unglückliche Japan.
Turing verdient den Titel des bisher größten Genies der Informatik aber vor allem wegen seiner Verdienste um die Theorie der Berechenbarkeit. Er konstruierte im Gedankenexperiment eine Rechenmaschine, die sehr einfach ist: ein langes Papierband, das von einem Schreib-/Lesekopf beschriftet und gelesen wird, ergänzt von einigen elementaren Rechenoperationen. Das Besondere: Turing bewies mathematisch exakt, dass mit seiner Turing-MaschineTuring-Maschine alle berechenbaren Aufgaben gelöst werden können.5
Das ist beachtlich. Wenn das Band lang genug ist (und genügend Zeit vorhanden), dann genügt die simple Maschine vollkommen für alle Aufgaben, die überhaupt berechnet werden können. Turing schuf damit ein Konstrukt, das die vollständige theoretische Basis aller existierenden Computer darstellt. Wir müssen uns nicht mit Megahertz, Speichertechnologien und Programmiersprachen herumschlagen, wenn wir wissen wollen, ob ein Problem gelöst werden kann oder nicht. Wenn es lösbar ist, dann genügt ebenso die Turing-Maschine (mit genügend Zeit) und umgekehrt. Wenn ein Problem nicht von der Turing-Maschine gelöst werden kann, dann geht das es auch mit keinem anderen Hilfsmittel.
Quintessenz
Zur Mitte des 20. Jahrhunderts standen praktisch alle theoretischen Grundlagen herkömmlicher Computer fest.
Die Welle
Wir schreiben das Jahr 1971 und Transistorrechner lösen die Röhrencomputer ab, die zuvor die (Elektro-)mechanischen EDV-Anlagen ersetzten. Computer füllen immer noch Wandschränke, benötigen tausende Watt an elektrischer Leistung, sind immer noch langsam und vor allem immer noch sehr teuer. Aber in der Firma Intel im kalifornischen Städtchen Mountain View kündigt sich die nächste Revolution an. Dort brüteten die Ingenieure Frederico FagginFaggin, Frederico, Marcian HoffHoff, Marcian, Stanley MazorMazor, Stanley und Masatoshi SbimaSbima, Masatoshi über der jüngsten Herausforderung ihres Jobs. Sie sollen einen Baustein entwerfen, der Rechenmaschinen effektiver und preiswerter macht. Ihr Arbeitgeber ist Zulieferer zweier japanischer Firmen, die solche Geräte bauten.
Es war nicht gerade spannend, den x-ten Baustein für eine Rechenmaschine zu konstruieren und die vier waren nicht gerade motiviert. Aber sie hatten eine Idee. Damals war die Technik des integrierten SchaltkreisesIntegrierte Schaltkreise (ChipChip) bereits bekannt. Hier werden verschiedene Halbleiter in einem gemeinsamen Miniaturgehäuse untergebracht. Es wäre doch einen Versuch wert, einen kompletten Computer in eine solche Form zu bringen?
Unerwarteter Weise hatten sie Erfolg. 4.000 Transistoren im integrierten Schaltkreis reichten aus. Es gab einige Einschränkungen, aber Intel meldete: „Wir verkünden eine neue Ära in der integrierten Elektronik.“ Das war keineswegs übertrieben. Der MikroprozessorMikroprozessor war geboren, ein Computersystem in einem einzigen elektronischen Bauteil.
Der 4004 verhält sich grundsätzlich nicht anders als gewöhnliche Computersysteme. Aber der Baustein war winzig und vor allem sehr preiswert. Buchstäblich über Nacht begannen Leute, Computer in Gebieten einzusetzen, bei denen das vorher aus Kostengründen undenkbar war. Der Homecomputer wurde erfunden und in Elektronikzeitschriften wurden für Hobbybastler Computermodule angeboten. Die sahen schwer nach nackter Elektronik aus und die stolzen Besitzer mussten sich um Netzteil oder Gehäuse selbst kümmern.
Die Zeitschriften für Elektronik mutierten zu Computerzeitschriften, die Programme von Anwendern in Textform veröffentlichten, die mühsam per Hand eingetippt wurden. Kein Mensch kam auf die Idee, für Computerprogramme Geld zu verlangen. Alles Benötigte wurde selbst programmiert und vermeintlich ‚einfache‘ Programmiersprachen wie BasicBasic sollten dabei helfen. So machten sich erst tausende, dann Millionen von Heimanwendern daran, mit den liebevoll Kisten genannten Geräten etwas Vernünftiges anzustellen.
Die Entwicklung des Mikroprozessors ist der eigentliche Startpunkt der DigitalisierungStartpunkt der Digitalisierung, denn erst durch die breite Verfügbarkeit von günstiger Technik konnte sie Fuß fassen. Seither vergingen fast 40 Jahre. Heute gibt es keinen Bereich des täglichen Lebens mehr, in dem Computer nicht eine entscheidende Rolle spielen.
Wissen | Computer und Medizin heute
Auch in der Medizin ist ihr Einsatz nicht mehr wegzudenken. Ein Großteil der Dokumentation findet mittlerweile digital statt.