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Abs. 1 enthaltenen individuellen Tathandlungen kann also eigentlich nur dann strafrechtlich relevant werden, wenn eine qualifizierte („character, gravity and scale“) staatliche Aggressionshandlung bereits stattgefunden hat. Da außerdem die allgemeinen Regeln zur Strafbarkeit des Versuchs nach Art. 25 Abs. 3 lit. f gelten, fragt sich, ob die Strafbarkeit von Versuchs- und Vorbereitungshandlungen zwar normiert wurde, im Ergebnis aber wohl ohne praktische Relevanz bleiben wird, weil ohne die Durchführung eines Aggressionsaktes die folgenlosen Versuchs- und Vorbereitungshandlungen praktisch gar nicht bestraft werden können, da es insoweit an einem wesentlichen „element of crime“ fehlt.

      Zur Bestimmung möglicher Beteiligungsformen beim Verbrechen der Aggression ist entscheidend, wie weit man die Führungseigenschaft in die in Art. 25 Abs. 3 geregelten Beteiligungsformen hineinreichen lässt. Aus rechtssystematischen Gründen soll zwar der gesamte allgemeine Teil des IStGH-Statuts auch für das Verbrechen der Aggression gelten. Der Effekt dieses Ansatzes wird allerdings durch die Einfügung des neuen Art. 25 Abs. 3 bis praktisch auf Null reduziert, da danach für das Verbrechen der Aggression bestimmt wird, dass die übrigen Bestimmungen des Art. 25 nur auf solche Personen anwendbar sind, die eine effektive Kontrolle oder die Leitung über die politischen oder militärischen Handlungen eines Staates ausüben, so dass alle „extranei“ von der Strafbarkeit ausgenommen werden. Die Konsequenz der umfassenden Straflosigkeit aller, die nicht dem unmittelbaren Führungszirkel eines aggressiven Staates angehören, ist bei Vorliegen eines Aggressionsverbrechens durchaus fragwürdig.

      Hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen gelten die allgemeinen Regeln des Art. 30. Überlegungen zur möglichen Einführung einer besonderen „Aggressionsabsicht“ haben sich nicht durchgesetzt. Der Täter muss also z. B. hinsichtlich des Umstandes „Führungseigenschaft“ das Bewusstsein für seine tatsächliche Position effektiver Kontrolle und Lenkung der aggressiven Handlungen seines Staates besitzen; ferner muss die Person sich über die staatliche Aggressionshandlung und ihren verbrecherischen Charakter im Klaren sein. Hierzu reicht aber wie bei den anderen Völkerrechtsverbrechen das Bewusstsein der tatsächlichen Voraussetzungen der Strafbarkeit – Rechtskenntnisse oder gar eine zutreffende rechtliche Bewertung sind nicht erforderlich.

      Das Verhandlungsergebnis von Kampala kann insofern als Erfolg bewertet werden, als die Autonomie des IStGH gegenüber dem Sicherheitsrat gewahrt wurde. Durch die Abkoppelung der Verbrechensdefinition von den Bedingungen der Ausübung der Gerichtsbarkeit konnte erreicht werden, dass alle schon vorgesehenen Überweisungsmechanismen an den Gerichtshof auch beim Tatbestand der Aggression gelten und entgegen den Bestrebungen der fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder nicht der UN-Sicherheitsrat allein über die Einleitung eines Verfahrens wegen des Verbrechens der Aggression befinden kann. Auch ein Verfahren wegen des Verbrechens der Aggression kann somit i.E. durch Staatenüberweisung („State referral“) oder den Ankläger (proprio motu – Art. 15 bis) bzw. den UN-Sicherheitsrat („Security council referral“ – Art. 15 ter) eingeleitet werden.

      Die Zuständigkeit des IStGH zur Befassung mit Sachverhalten, die ein Verbrechen der Aggression darstellen, ist vom Zusammenspiel zweier Faktoren abhängig, deren Wirkung derzeit nicht genau vorhergesagt werden kann: Nach Art. 15 bis Abs. 3 und Art. 15 ter Abs. 3 darf der Gerichtshof seine Gerichtsbarkeit über das Verbrechen der Aggression erst dann ausüben, wenn die Versammlung der Vertragsstaaten zu einem Zeitpunkt nach dem 1.1.2017 eine entsprechende Entscheidung getroffen hat. Andererseits darf der Gerichtshof diese neue Zuständigkeit nach Art. 15 bis Abs. 2 und Art. 15 ter Abs. 2 ausüben, nachdem ein Jahr nach der Ratifizierung oder Annahme der Vertragsänderungen von Kampala durch den dreißigsten Vertragsstaat vergangen ist. Welche der beiden Bedingungen früher eintritt und auf der Grundlage welcher Vertragsänderungsvorschriften die fraglichen Entscheidungen getroffen werden müssen, ob also eine Zweidrittelmehrheit nach Art. 121 Abs. 3, eine Siebenachtelmehrheit nach Art. 121 Abs. 4 oder die bloße Hinterlegung der Ratifikationsurkunden nach Art. 121 Abs. 5 ohne besondere Mehrheiten (allerdings mit Wirkung nur für die beitretenden Vertragsstaaten) das maßgebliche Verfahren sein soll, ist bisher nicht abschließend geklärt. Bisher (Stand: Juni 2013) haben sieben Staaten die Vertragsänderungen zum Aggressionsverbrechen ratifiziert, und zwar Botswana, Estland, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Samoa sowie Trinidad und Tobago.

      Anerkannte Rechtfertigungslagen für den Einsatz grenzüberschreitender staatlicher Gewalt wie eine Selbstverteidigungssituation nach Art. 51 UN-Ch. oder eine vom UN-Sicherheitsrat angeordnete Kapitel VII-Zwangsmaßnahme fallen a priori aus dem Tatbestand des Aggressionsverbrechens heraus, ebenso solche Lagen, die offensichtlich die de minimis-Schwelle des Art. 8 bis Abs. 1 nicht erfüllen (vereinzelte Grenzscharmützel, sporadische Gewaltakte). Nur staatliche Aggressionsakte können ein Aggressionsverbrechen sein; Terrorakte, die keinem Staat zugerechnet werden können, sind vom Tatbestand ebenso wenig erfasst wie alle anderen nicht-staatlichen Gewaltakte. Der Kompromiss von Kampala leidet ferner darunter, dass er ohne Berücksichtigung strafrechtlich wichtiger Vorgaben wie der lex certa-Regel aus einer politischen Auslegungsempfehlung der UN-Generalversammlung für den Sicherheitsrat eine materiell-strafrechtliche Bestimmung gemacht hat, deren offenkundige Mängel (nicht geklärte Unstimmigkeiten über den Inhalt der Begriffe „act of aggression“ und „armed attack“, fehlende Auseinandersetzung mit der Rechtfertigung grenzüberschreitender staatlicher Gewalt) Zweifel an ihrer Geeignetheit als Strafbestimmung hervorrufen. Die Interpretationsspielräume, die die de minimis-Regel eröffnet, der zufolge eine offenkundige UN-Charta-Verletzung vorliegen muss, um die mögliche Strafbarkeit eines aggressiven Staatenaktes zu begründen, die jedoch durch den Vortrag von Rechtfertigungsgründen durch eine beachtliche wissenschaftliche Minderheit beseitigt werden kann, führen zu zusätzlichen Unklarheiten. Ungeklärt ist zudem, wann die Vertragsänderungen von Kampala in Kraft treten werden und auf welchem Wege. Dem völkerrechtspolitisch anerkennenswerten und wichtigen Versuch, den Tatbestand des Aggressionsverbrechens ebenso wie die drei anderen Völkerrechtsverbrechen abschließend zu definieren und in Kraft zu setzen, hätte man aus strafrechtlicher Sicht sicherlich ein materiell-rechtlich besseres Ergebnis gewünscht. So wird dem IStGH eine Fülle von Detailfragen verbleiben, die in einem Strafverfahren wegen des Tatverdachts eines Verbrechens der Aggression zu klären sein werden; viele davon dürften schon wegen ihrer baren Existenz eine Steilvorlage für jeden versierten Strafverteidiger sein.

      A › Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) (Gilbert H. Gornig)

       I. Entwicklung

       II. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

       1.Bedeutung

       2.Inhalt

       a)Allgemein

       b)Rechte des Individuums

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