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BGB-Schuldrecht Besonderer Teil. Volker Emmerich
Читать онлайн.Название BGB-Schuldrecht Besonderer Teil
Год выпуска 0
isbn 9783811495555
Автор произведения Volker Emmerich
Жанр Языкознание
Серия Schwerpunkte Pflichtfach
Издательство Bookwire
5a
Die Kosten der Nacherfüllung muss nach § 439 Abs. 2 der Verkäufer tragen; § 439 Abs. 2 stellt eine eigenständige verschuldensunabhängige Anspruchsgrundlage dar.[9] Als Beispiele für derartige vom Verkäufer zu tragende Kosten der Nacherfüllung nennt das Gesetz in § 439 Abs. 2 neben den Wege-, Arbeits- und Materialkosten insbesondere noch die Transportkosten, die etwa anfallen, wenn der Käufer die mangelhafte Sache zwecks Reparatur zum Sitz des Verkäufers bringen muss.[10] Ein weiteres Beispiel sind Untersuchungskosten des Käufers, wenn der Käufer einen Sachverständigen mit der Ermittlung der Ursachen von Mängelerscheinungen bei der Kaufsache beauftragt hatte[11].
5b
Unberührt bleibt § 320, so dass der Käufer unter Hinweis auf die Mangelhaftigkeit der gelieferten Sache und des Verstoßes des Verkäufers gegen § 433 Abs. 1 S. 2 auch die Bezahlung des Kaufpreises verweigern kann (so genannte allgemeine Mängeleinrede). Das gilt auf jeden Fall nach Ausübung des Wahlrechts des Käufers aus § 439 Abs. 1, solange der Verkäufer noch nicht seiner Nacherfüllungspflicht nachgekommen ist; richtiger Meinung nach aber auch schon vorher, da sich aus den §§ 437 ff keine Einschränkung des § 320 ergibt, wobei man bedenken muss, dass die Einrede des nichterfüllten Vertrages bei allen gegenseitigen Verträgen zu den zentralen Rechtsbehelfen jeder Partei gehört[12].
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Verlangt der Käufer Nachlieferung einer mangelfreien Sache, so ist er Zug um Zug gegen deren Lieferung zur Rückgewähr der bereits empfangenen mangelhaften Sache verpflichtet (§ 439 Abs. 5 iVm §§ 346 bis 348). Aus § 346 Abs. 1 darf jedoch hier – entgegen einer verbreiteten Meinung[13] – nicht der Schluss gezogen werden, dass der Käufer außerdem die aus der zurückzugebenden Sache von ihm bereits gezogenen Nutzungen herauszugeben habe, weil der Käufer von Anfang an Anspruch auf die Nutzung einer mangelfreien Sache hatte, sodass nicht einzusehen ist, warum er auf einmal bei Lieferung einer mangelhaften Sache zum Nutzungsersatz verpflichtet sein sollte[14]. Für den Verbrauchsgüterkauf steht dies mittlerweile aufgrund des § 475 Abs. 2 idF von 2017 fest, der im Jahre 2008 auf Grund der Rechtsprechung des EuGH in das Gesetz eingefügt worden ist[15]. Offen ist jedoch nach wie vor die Rechtslage bei anderen Kaufverträgen, insbesondere also bei Kaufverträgen zwischen Unternehmen (B2B). Die überwiegende Meinung will hier offenbar (zu Unrecht) an einer Nutzungsersatzpflicht des Käufers gemäß § 439 Abs. 5 iVm § 346 Abs. 1 festhalten[16].
2. Vorrang
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Der Nacherfüllung kommt nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich der Vorrang vor den anderen in § 437 Nrn 2 und 3 genannten Rechtsbehelfen des Käufers (Rücktritt und Minderung sowie Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz) zu, weil der Übergang zu den genannten anderen Rechten des Käufers bei Lieferung einer mangelhaften Sache im Regelfall voraussetzt, dass der Käufer zuvor dem Verkäufer vergeblich eine angemessene Frist für die Nacherfüllung gesetzt hatte (s. § 437 Nrn 2 und 3 in Verb. mit § 281 Abs. 1 S. 1, 284 und 323 Abs. 1), und zwar grundsätzlich erst nach Fälligkeit der Leistung des Verkäufers, nicht schon gleichsam vorbeugend vorher.[17] Durch diesen sog. Vorrang der Nacherfüllung vor den anderen Rechtsbehelfen des Käufers soll dem Verkäufer die Chance einer zweiten Andienung eröffnet werden[18]. Gemeint ist damit die Möglichkeit, durch Nacherfüllung sozusagen „im zweiten Anlauf“ den Vertrag – und damit den daraus resultierenden Gewinn – doch noch zu retten. Die vorrangige Nacherfüllung stellt deshalb auch ein Recht des Verkäufers dar. Daraus folgt insbesondere, dass der Käufer – im Gegensatz zum Mieter und zum Werkbesteller (s. §§ 536a Abs. 2 Nr. 1 und 637) – kein Recht hat, die Mängel selbst zu beseitigen und anschließend Aufwendungsersatz vom Verkäufer zu verlangen[19], entgegen einer verbreiteten Meinung[20] auch nicht analog § 326 Abs. 2 S. 1. Anders verhält es sich nur, wenn der Käufer, und zwar grundsätzlich erst nach fruchtloser Fristsetzung, vom Verkäufer darüber hinaus Schadensersatz verlangen kann (s. §§ 437 Nr 3, 440, 280, 281 und 249).[21]
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Aus dem Gesagten ergibt sich ferner, dass der Käufer, wenn er von dem Verkäufer unter Fristsetzung nach § 439 Nacherfüllung verlangt, zugleich dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der gerügten Mängel zur Verfügung stellen und ihm Gelegenheit zur Untersuchung der Sache und gegebenenfalls zur Nachbesserung geben muss, da der Verkäufer die Möglichkeit zur Überprüfung haben muss, ob die geforderte Nacherfüllung tatsächlich von ihm geschuldet ist, und zwar gerade am Erfüllungsort der Nacherfüllung, widrigenfalls eine etwaige Fristsetzung des Käufers wegen des Verstoßes gegen § 439 unwirksam ist, so dass der Käufer auch nicht nach fruchtlosem Ablauf der von ihm gesetzten Frist zu den anderen Rechtsbehelfen des § 437 übergehen kann.[22] Der Erfüllungs- oder besser: Leistungsort für die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers ist umstritten.[23] Im Betracht kommen der Ort, wo sich die Kaufsache nach dem Vertrag bestimmungsgemäß gerade befindet, der ursprüngliche Erfüllungsort für die Leistungspflicht des Verkäufers sowie eine differenzierende Lösung entsprechend § 269 Abs. 1, so dass in erster Linie auf die Vereinbarungen der Parteien und die Natur des Schuldverhältnisses und hilfsweise auf den Wohnsitz oder den Ort der Niederlassung des Verkäufers abzustellen ist. Trotz der damit verbundenen Rechtsunsicherheit hat der BGH[24] sich für die zuletzt genannte differenzierende Lösung entschieden.[25] Bleibt es infolgedessen bei dem Wohnsitz des Verkäufers als Erfüllungsort, so dass der Käufer die Sache zwecks Untersuchung durch den Verkäufer oder Reparatur gegebenenfalls dorthin transportieren muss, so kann er außerdem vom Verkäufer einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen (§ 439 Abs. 2), den er freilich zurückzahlen muss, wenn sich sein Nacherfüllungsverlangen später mangels Vorliegens eines Mangels als unbegründet erweist (§ 812 Abs. 1 S. 1).[26]
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Verlangt der Käufer schuldhaft zu Unrecht Nacherfüllung vom Verkäufer, so soll darin nach Meinung des BGH eine Pflichtverletzung liegen, die den Käufer bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2) zum Ersatz der vom Verkäufer infolgedessen grundlos aufgewandten Kosten verpflichtet (§§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1)[27]. Dadurch würde indessen das so genannte Diagnoserisiko zu Unrecht und unter Verstoß gegen die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie nahezu vollständig auf den Käufer verschoben, so dass eine Ersatzpflicht des Käufers höchstens bei grober Fahrlässigkeit, richtiger Meinung nach sogar allein bei unredlicher Vorgehensweise des Käufers in Betracht kommt (s. u. § 24 Rn 17).
3. Nachbesserung
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Der Käufer kann zunächst Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels, d. h. durch Reparatur der verkauften mangelhaften Sache verlangen (§ 439 Abs. 1 Fall 1, sogenannte Nachbesserung). Dies bedeutet, dass der Verkäufer die verkaufte Sache auf seine Kosten (§ 439 Abs. 2; s. o. Rn 5) durch vollständige Beseitigung sämtlicher Mängel in einen mangelfreien Zustand versetzen muss, selbst wenn sich der bereits bei Gefahrübergang vorhandene Mangel in der Zwischenzeit verschlimmert hatte, da auch diese Verschlimmerung letztlich von ihm zu vertreten ist (sog Weiterfresserschaden)[28]. Nichts hindert den Käufer freilich auf der anderen Seite, sich mit einer bloßen Ausbesserung der mangelhaften Sache und Minderung wegen des verbleibenden Minderwertes zufrieden zu geben – unter Inkaufnahme der restlichen Mängel.[29] Die Verpflichtung des Verkäufers zum Ersatz sonstiger Schäden des Käufers richtet sich dagegen nach den §§ 437 Nr 3, 280, 281 und 249 (s. u. Rn 23 ff). Die Wahl zwischen mehreren möglichen Verfahren zur Reparatur der Sache