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gerne geschlagen. Nicht wirklich natürlich, aber verbal. Er war ihr nicht gewachsen, gestand er sich ein. »Was soll ich jetzt machen? Dir die Füße küssen, dir das Geld für den Kurs zurückzahlen? Mich in die Ecke stellen und mich für den Rest des Tages schämen?«

      Sie lachte plötzlich. »Das mit der Ecke find ich nicht schlecht!«

      »Frieden?«

      Die Küchentür flog auf. Hanjo trug ein Tablett mit Tellern und Besteck. »Heute gibt es für alle Spaghetti Bolognese!«

      Sophie nahm ihm das Tablett ab. »Ich verteil das!« Bevor sie zu den Tischen ging, sah sie noch mal über ihre Schulter. »Ach, Olli! Ja, Frieden!«

      Hanjo sah ihn fragend an. »Hast du dich bei ihr entschuldigt?«

      Olli sah seinen väterlichen Freund an und nickte schuldbewusst. »Hab ich! Mach dir keine Sorgen. Wir haben uns jetzt wieder lieb.« Die Bistrotür öffnete sich und die Kursteilnehmer stürmten hungrig an die Tische.

      Hanjo fummelte nervös an der Tageszeitung herum. »Was ist?«, fragte Olli verwundert.

      »Sie weiß das mit dir und Fenja.« Ohne ihn noch mal anzusehen, verschwand Hanjo in der Küche. Olli rührte sich nicht. Er starrte auf die Schlagzeile. Die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Fenja. Wieso konnte er sie einfach nicht vergessen? Sie war so bildschön gewesen. Sarah war auch hübsch und blond gewesen. Er hatte sich oft gefragt, wie Fenja wohl als erwachsene Frau ausgesehen hätte.

      Sophie räumte die leeren Teller zusammen und brachte sie zu Hanjo in die Küche. »Hanjo? Wo soll ich mit dem dreckigen Geschirr hin?«

      Hanjo drehte sich irritiert um. »Ach, du bist das. Ich hatte schon die Hoffnung, die neue Aushilfskraft wäre da. Stell es doch auf die Spülmaschine, Mädchen. Ist mit Olli denn alles wieder gut?«

      Sophie grinste. »Alles ist wieder bestens! Wir haben uns vertragen und ich mache weiter mit dem gnadenlosen Training.«

      »So schlimm? Ich dachte, die Jungs wären harmlos.«

      Harmlos? Waren sie das wirklich?

      »Deine Jungs sind schwer in Ordnung«, bestätigte sie. »Die Ostsee und der Wind sind meine Feinde. Aber ich bin ehrgeizig! Ich werde jetzt brav weiterüben und mir den Muskelkater von gestern wegdenken.«

      Hanjo öffnete einen Schrank und nahm eine Blechdose heraus.

      »Hier! Das sind die besten Kekse der Welt. Sie haben schon immer kleine Wehwehs geheilt und neue Kraft gegeben. Greif zu!«

      Sophie nahm sich einen Keks und sah Hanjo ehrfürchtig an. »Vielen Dank für das magische Zauberplätzchen!«, sagte sie dann ironisch. Sie biss ab und verdrehte die Augen. »Wow! Superlecker!«

      Lächelnd schloss Hanjo die Dose wieder, streichelte sie liebevoll und stellte sie zurück in den Schrank. »Es waren ihre Lieblingskekse«, flüsterte er gedankenverloren.

      »Die von deiner Frau?«

      »Was?« Hanjo sah sie verwirrt an.

      »Hast du die Kekse selbst gebacken?«, fragte Sophie schnell im Plauderton.

      Er schüttelte den Kopf und schluckte. »Nein, ich kann gerade mal ein bisschen kochen.« Seine Stimme war rau. Er räusperte sich. »Und nun beeil dich. Die anderen werden schon warten.«

      Sophie stopfte sich den Rest in den Mund und stürmte aus der Küche. Sie hätte sich selbst ohrfeigen können. Hanjo verteilte diese besonderen Plätzchen bestimmt nicht im großen Stil. Sie war sich sicher, dass seine Frau sie gebacken hatte. Dass Hanjo ihr einen angeboten hatte, zeigte doch, dass er sie mochte. Was war sie doch für eine unsensible Kuh! Freya Peters war gerade mal vier Wochen tot. Kein Wunder, dass Hanjo traurig war und zwischendurch in Erinnerung versank. Und jetzt waren da auch noch die toten Mädchen. Wie sollte der arme Mann je zur Ruhe kommen? Es drehte sich doch alles nur noch um den Tod.

      Stefan saß mit den Kollegen Feller, Schölzel und Hartwig im Besprechungsraum des Staatsanwalts. Lutz Franck war gerade dabei zu erklären, was er in beiden Fällen herausgefunden hatte. Stefan hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Gleich würde er Ingmar erzählen müssen, dass die Kripo noch keine Ergebnisse hatte.

      »Wie bei Sarah Müller habe ich auch bei Sandra Schmidt die Einnahme von Diazepam nachweisen können.« Franck sah sie mit großen Augen an, als erwartete er Applaus. »Die Dosis war aber jeweils zu gering. Das Zeug hat sie nicht getötet. Sie sind beide definitiv ertrunken. Die Lungenflügel sind überbläht und zeigen Paltaufsche Flecken auf der Pleura visceralis.«

      »Was für Flecken?«, fragte Stefan genervt. »Es wäre zauberhaft, wenn du deinen Vortrag auch für Nichtmediziner verständlich halten könntest.« Der Rechtsmediziner warf ihm einen genervten Blick zu. »Ich rede von diesen blassroten am inneren Rippenfell. Sie entstehen, wenn die Lungenbläschen platzen und Wasser eindringt. Franck machte eine kurze Pause und sah in die Runde. »Im Gegensatz zu Sandra Schmidt hatte Sarah Müller kurz vor der Tat ungeschützten Geschlechtsverkehr. Wir haben Sperma, Schamhaar und Haupthaar gefunden. Allerdings wurde Sarah Müller in ihrem Neoprenanzug gefunden, was darauf schließen lässt, dass sie sich selbst wieder angezogen hat. Es ist schwer vorstellbar, dass der Täter ihr das enge Kleidungsstück nach ihrem Tod angezogen hat. Aus diesem Grund gehe ich nicht zwangsläufig davon aus, dass die Spuren zum Täter gehören.«

      Harder räusperte sich. »Dr. Franck. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich auf die rein medizinischen Fakten beschränken und das Analysieren der Mordkommission überlassen würden.«

      Stefan nahm den beleidigten Gesichtsausdruck des Rechtsmediziners zur Kenntnis und freute sich, dass Ingmar ihm diesen Verweis erteilt hatte. Franck blätterte in seinen Notizen. »Der Todeszeitpunkt ist nicht sicher zu bestimmen. Es wurde leider versäumt, beim Leichenfund die Temperatur zu messen.«

      Stefan registrierte den kurzen vorwurfsvollen Blick.

      »Auf jeden Fall haben die Leichen nicht lange im Wasser gelegen. Es gibt keine Waschhautbildung. Und beide Frauen sind definitiv nicht in der Ostsee ertrunken.« Franck sah noch mal in die Runde. »Aufgrund der Menge der gefundenen Kieselalgen und der trockenen Lunge ist es sicher, dass die Frauen in Leitungswasser ertränkt …« Franck atmete durch. »Entschuldigung, ertrunken sind.«

      Es entstand eine Pause. Nur das Klappern der Kaffeetassen war zu hören. Endlich räusperte sich der Staatsanwalt.

      »Gut! Beide Morde tragen die gleiche, durchaus dubiose Handschrift. Stefan, was habt ihr bis jetzt?«

      »Wir haben so gut wie nichts. Wir sind dabei, die Zeugenaussagen alle noch mal durchzugehen. Die meisten wissen nichts und kommen von sonst wo her. Sandra Schmidt war eine Touristin. An Sarah Müller erinnern sich deshalb wesentlich mehr, aber gesehen oder gehört hat keiner was.«

      »Verdammt!«, fluchte Ingmar und haute mit der Faust auf den Tisch. »Ich kann euch jetzt schon versprechen, dass die Presse da keinen Spaß versteht. Und früher oder später müssen wir eine Konferenz geben.«

      Stefan nickte nur.

      »Da läuft ein Irrer rum«, erinnerte der Staatsanwalt wieder sehr ruhig. »Jemand ertränkt anscheinend Frauen und legt sie dann am Strand ab! Auf Fehmarn! Stefan, verdammt noch mal. Ich habe wirklich Angst, dass das noch mal passiert.«

      Stefans Herz klopfte bis zum Hals. Es war nicht unwahrscheinlich, dass der Täter wieder zuschlagen und es noch weitere Opfer geben würde.

      Ben ging von Team zu Team und half die Kites und die Boards ins Wasser zu tragen. Zwischendurch wanderte sein Blick immer wieder zu Ollis Leuten. Sophie war noch immer nicht da, wunderte er sich. Am Vormittag war sie richtig gut gewesen. Sie hatte es sogar schon aufs Board geschafft. Ben konnte sich nicht vorstellen, dass sie aufgegeben hatte. Sie hatte doch wirklich Spaß gehabt. Außerdem schien sie sehr ehrgeizig zu sein. Beim Mittagessen war sie lustig gewesen. Der kleine Streit mit Olli war doch auch beigelegt. Ob sie es mit der Angst gekriegt hatte? Er versuchte mit dem Grübeln aufzuhören und sich auf seine Arbeit zu

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