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empört zu.

      Die junge Frau deutete auf Rochford. »D-dieser Mann … er lag auf Cole!« Zitternd holte sie Luft. »Erst dachte ich, er würde ihn angreifen, aber ich glaube eher, sie haben sich geküsst!«

      Ah, endlich passiert hier mal etwas Aufregendes, dachte Henry, als ein Raunen durch die Reihen ging und sich sämtliche Augenpaare auf den Angeklagten richteten.

      »Lord Rochford? Bitte erklären Sie sich.« Lady Trenton starrte ihn eindringlich an, während ihrem Gatten kein Laut über die Lippen kam, denn er war immer noch außer Atem. Izzy stand weiterhin an seiner Seite.

      Die Viscountess musterte Rochfords bestrumpfte Füße und hob arrogant ihre nachgemalten Brauen. Dann warf sie einen verächtlichen Blick auf den jungen Mann namens Cole.

      »Es handelt sich um ein Missverständnis, Lady Trenton«, erklärte Rochford gefasst und wandte sich an Claudette. »Mädchen, wie kommst du überhaupt dazu, in das Zimmer meines Kammerdieners zu platzen?« Seine Stimme klang nun aufgebrachter. »Mitten in der Nacht?«

      Cole stand mit leicht gesenktem Kopf im Türrahmen; sein Gesicht war schneeweiß. Henry sah ihm an, dass ihm die ganze Situation mehr als unangenehm war. Vielleicht hatte er sogar ein Verhältnis mit Claudette? Warum sonst hätte das Mädchen einfach das Zimmer betreten sollen? Aber … hatten sich die Männer wirklich geküsst? Izzy hatte ihm zuvor erzählt, Rochford wäre ein Frauenheld. Der war ein sehr attraktiver Mann, und Henry konnte sich sehr gut vorstellen, dass der Adlige seine Reize beim weiblichen Geschlecht einzusetzen wusste.

      Claudette starrte jeden von ihnen kurz an und stotterte verlegen: »I-ich habe seltsame Geräusche gehört u-und dachte, es sei etwas passiert!«

      Lady Trenton blickte das Mädchen scharf an. »Claudette, hast du gesehen, dass sich Lord Rochford und sein Kammerdiener geküsst haben?«

      Hastig senkte sie den Kopf; ihre Wangen färbten sich rot. »Nein. Aber sie lagen auf dem Bett, Cole unter dem Lord.«

      Rochford straffte sich. »Ich habe mit meinem Kammerdiener trainiert, um mich körperlich fit zu halten. Es tut mir außerordentlich leid, dass dadurch solch große Aufregung entstanden ist.«

      »Trainiert?« Die glatte Stirn der Viscountess legte sich in Falten. »Um diese Zeit? Mit Ihrem … Kammerdiener?«

      Beschwichtigend hob Hastings die Hände. »Jetzt beruhigen sich bitte alle und gehen auf Ihre Zimmer. Es war einfach ein dummes Missverständnis.«

      Rochford nickte ihm zu, während die Viscountess den Mund öffnete, als ob sie noch etwas sagen wollte. Aber nachdem ihr Lord Trenton einen scharfen Blick zugeworfen hatte, schwieg sie.

      Henry atmete auf. Ihm war es völlig egal, was Rochord mit seinem Kammerdiener getrieben hatte, und er war froh, nicht länger gebraucht zu werden. Als sich die meisten auf ihre Zimmer zurückzogen, nickte er Izzy zum Abschied zu und eilte nach unten, bevor Lady Trenton ihn vielleicht erneut in Beschlag nahm. Es war spät, sein Bein schmerzte höllisch und er wollte nur noch raus aus diesem Irrenhaus.

      Kapitel 5 – Das Unwetter

      Wie versprochen, schickte Henry gleich am nächsten Tag Blumen. Da jedoch das Fest noch in vollem Gange war und die anderen Herren Wind davon bekamen, legten sich diese noch mehr ins Zeug, um Izzy zu imponieren. Sir Mortimer trug ein Gedicht vor und Lord Thaunton, der Baron, gab sogar ein Lied zum Besten, während Penny ihn am Klavier begleitete. Selbst der Marquess of Rochford schien noch intensiver mit ihr zu flirten als gestern. Es war der reinste Albtraum.

      Einzig die Geschichten, die Lord Hastings über sich und seinen Freund, den Marquess, zum Besten gab, amüsierten Izzy. Die beiden hatten in London öfter miteinander trainiert, um sich beweglich und gesund zu halten – zumindest bis zu Lord Hastings’ Heirat mit Emily. Danach hatte er ihre Treffen arg vernachlässigt, weshalb nun Rochfords Kammerdiener als Ersatz herhalten musste.

      Lord Rochford schien sich unwohler zu fühlen als am Tag zuvor und starrte noch öfter zur Tür, während sein Freund alles gab, um die Anschuldigungen von gestern Nacht vergessen zu machen. Ob der Marquess wirklich Männer bevorzugte? Izzy konnte sich das bei seinem Image unmöglich vorstellen. Andererseits wäre genau solch ein Ruf eine hervorragende Tarnung, um sämtlichen Verdacht von sich abzulenken.

      ***

      Am Nachmittag erlaubte es das herrliche Wetter, nach draußen in den Garten zu gehen, um mit den Gästen eine Runde Krocket zu spielen. Penny stützte sich neben Izzy auf ihren Holzschläger und murmelte ungehalten: »Du hast die kleinen Tore mal wieder an den unmöglichsten Stellen platziert.«

      Izzy schmunzelte zufrieden. Sie war die Königin des Krockets und genoss Heimvorteil. Niemand würde ihr den Titel strittig machen. »Was für ein wundervoller Oktobertag, findest du nicht, Penny?«

      Ihre Freundin rollte mit den Augen, während diese den Baron beobachtete, der mit einem gezielten Schuss das nächste Tor traf – das Izzy in einen Maulwurfshügel gesteckt hatte. Seine Brust platzte gleich vor Stolz. Nun war Sir Mortimer an der Reihe, danach Lord Rochford. »Da dein Henry anscheinend schon die Flucht ergriffen hat, solltest du dich an den anderen Marquess halten«, erklärte Penny so leise, dass niemand der Umstehenden ihre Worte mitbekam. »Wenn Lord Rochford schon einmal auf dem Land ist, musst du diese Gelegenheit beim Schopfe packen. Er hält sich für gewöhnlich fast ausschließlich in London auf. Also scheint er echtes Interesse an dir zu haben, wenn er extra hierher gekommen ist.«

      Izzy seufzte. »Penny, bitte versuch mich nicht auch noch zu verkuppeln. Es reicht schon, wenn Rowena das macht.« Tief atmete sie durch und genoss den Duft nach Laub und Pilzen. Sie mochte den Herbst. »Außerdem habe ich dir doch erzählt, was gestern passiert ist. Vielleicht fühlt er sich gar nicht zu Frauen hingezogen.«

      Während ihre Stiefmutter am Vortag ungehemmt mit Lord Rochford geflirtet hatte, strafte sie ihn jetzt mit Nichtachtung. Sie saß neben Papa auf einem bequemen Stuhl am Rande des Spielfeldes und beteiligte sich nicht am Vergnügen, was allerdings nichts mit ihrer Schwangerschaft zu tun hatte. Rowena hasste Krocket. Papa hingegen umklammerte freudig seinen Schläger und konnte es kaum erwarten, gleich nach dem Marquess an der Reihe zu sein.

      Izzy grinste. »Ich könnte Lord Rochford schöne Augen machen, um Rowena zu ärgern. Ich glaube, er ist nicht länger ihr favorisierter Schwiegersohn in spe.«

      Mama hätte ihn gemocht. Izzy wünschte, sie wäre noch hier. Ihre Mutter hätte vor Papa niemals mit einem anderen Mann herumgeschäkert, sondern wäre auf Papas Bedürfnisse eingegangen. Rowena dachte immer nur an sich. Izzy konnte sich beim besten Willen keinen Grund vorstellen, warum Papa sie geheiratet hatte.

      Andersherum war es klar: Rowena war verwitwet und pudelarm gewesen, als sie sich Papa an den Hals geworfen hatte. Sie genoss ihre neue Stellung sehr.

      Izzy wünschte, sie könnte für immer hier bleiben, doch ihr Papa war schon alt. Zwar hatte er mit einer Klausel in seinem Testament dafür gesorgt, dass Izzy abgesichert war, aber wenn Papa nicht mehr wäre und Rowena einen Jungen gebar, würde dieser der neue Viscount werden – und sie wollte sich nicht ausmalen, wie es sein würde, hier unter Rowenas Fuchtel zu leben. Ihre Stiefmutter bestimmte ohnehin schon zu viel über sie.

      Schweren Herzens musste sich Izzy eingestehen, dass sie sich doch besser bald nach einem passenden Gatten umsehen sollte. Vielleicht wäre Lord Rochford gar keine so schlechte Wahl. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass er tatsächlich sein eigenes Geschlecht bevorzugte, hätte sie vor ihm im Bett nichts zu befürchten. Er wäre womöglich der geeignetste Heiratskandidat. Andererseits war er ein Mann von Rang und brauchte einen Erben, deshalb würde er die Ehepflichten bestimmt dennoch vollziehen wollen.

      Himmeldonnerwetter, egal wie sie es drehte und wendete, es schien für sie einfach nicht die passende Lösung zu geben.

      ***

      Izzy machte drei Kreuze, als das ganze Theater um ihre Person vier Tage später endlich ein Ende fand und der letzte Gast abgereist war. Nachdem sie sich von ihrer persönlichsten Seite

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