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vor, wie er sie sonst gewöhnlich vorbrachte; dafür, daß sie im Kriege den Sieg davon tragen würden.

      14. Die Athener gaben auch seinem Vorschlage Gehör, und schafften vom Lande ihre Weiber und Kinder in die Stadt, nebst ihrer übrigen Habe, die sie als Hausgeräthe gebrauchten, und sogar das Holzwerk an den Häusern, das sie niederrissen. Ihre Schaafe und ihr Lastvieh schickten sie nach Euböa hinüber und auf die nahe gelegenen Inseln. Jedoch fiel ihnen dieser Wechsel des Aufenthalts schwer, da die Meisten gewohnt waren, auf dem Lande zu leben.

      15. Dieß war bei den Athenern von uralten Zeiten her mehr als bei Andern der Fall gewesen. Denn zur Zeit des Sekrops und der ersten Könige bis auf Theseus herab, war die Bevölkerung von Attika in verschiedene Städtegemeinden vertheilt, und das Land hatte seine einzelnen Gemeindehäuser und Obrigkeiten; und wenn nicht eine Gefahr vorhanden war, so kam man nicht zur Berathung bei dem Könige zusammen, sondern jeder Art berathschlagte für sich und verwaltete seine bürgerlichen Angelegenheiten selbst. Einige derselben führten sogar Kriege mit einander, wie die Eleusinier unter Eumolpus mit dem Erechtheus. Als aber Theseus zur Regierung gelangte, ein Fürst, welcher Macht mit Einsicht in sich vereinigte, so traf er unter andern guten Anstalten für das Land auch die, daß er in den übrigen Städten die Rathsgebäude und Obrigkeiten aufhob, und durch Errichtung Eines Rathsgebäudes und Gemeindehauses alle Einwohner zu Bürgern der jetzigen Hauptstadt machte. Und wiewohl sie, wie zuvor, jeder feine Güter zu besitzen und zu benützen fortfuhren, so nöthigte er sie doch, sich diese einzige Stadt zu halten, welche, da nunmehr Alle insgesammt dorthin ihre Leistungen zu machen hatten, jetzt zu einer bedeutenden Größe heranwuchs, und so von Theseus auf seine Nachfolger sich vererbte. Daher feiern die Athener noch heut zu Tage der Palais zu Ehren das Volksfest der Vereinigung ihrer Wohnungen, Synöcia genannt. Vor jener Zeit bestand die Stadt hauptsächlich nur aus der jetzigen Burg und den Theile, der südlich daran gelegen ist. Zum Beweise dient folgendes: es sind nicht allein die Tempel anderer Götter auf der Burg selbst, sondern auch die ausserhalb gelegenen sind näher bei diesem Theile der Stadter baut, wie der des olympischen Zeus, des pythischen Apollo, der Tempel der Gäa und des Dionysos bei den Teichen, welchem zu Ehren das ältere Bacchusfest am zwölften des Monats Anthesterion (Februar) gefeiert wird, ein Gebrauch, den die von den Athenern abstammenden Ionier noch jetzt beobachten. In jener Gegend stehen auch noch andere alte Heiligthümer. Auch der Quelle, die jetzt seit ihrer Fassung durch die Tyrannen (Pisistratiden) Enneakrunos (Neunbrunnen) heißt, und vormals, wo die Sprudel noch unbedeckt waren, Kallirrhoë genannt wurde, bediente man sich, weil sie dort in der Nähe liegt, zu der feierlichsten Handlungen; und noch jetzt besteht die alte Sitte, dieses Wasser vor der Hochzeitfeier und bei andern heiligen Verrichtungen zu gebrauchen. Wegen dieser alten Bewohnung wird die Burg noch bis auf diesen Tag von den Athenern die Stadt genannt.

      16. Da nun die Athener nicht allein zuvor lange Zeit bei der unabhängigen Wohnungsart auf dem Lande geblieben waren, sondern auch seit ihrer Vereinigung zu Einer Stadtgemeine, gewohnheitshalber meist in ältern und spätern Zeiten bis auf den gegenwärtigen Krieg herab ihren ganzen Haushalt auf dem Lande hatten und sich da aufhielten, so fiel ihnen der Umzug schwer: zumal, da sie seit nicht gar langer Zeit nach dem Persischen Kriege erst ihre Einrichtungen neu gemacht hatten. Ungern und mit Widerwillen verließen sie ihre Wohnungen und Familienheiligthümer, welche sie noch von der uralten Verfassung her stets beibehalten hatten: empfindlich war es ihnen, daß sie nun ihre Lebensart ändern sollten, indem es ihnen gerade so zu Muthe war, wie wenn jeder von seiner Vaterstadt sich trennen sollte.

      17. Als sie nun in die Hauptstadt kamen, so fanden zwar einige Wenige Wohnung und Unterkunft bei einiger Freunden und Verwandten. Die meisten aber ließen sich auf den leeren Plätzen der Stadt nieder, und nahmen ihrer Aufenthalt in allen Tempeln und Kapellen, mit Ausnahme der Burg und des Eleusiniums und anderer Tempel, die fest verschlossen werden konnten. Das sogenannte Pelasgicum unter der Burg, dessen Bewohnung mit Fluch belegt und durch einen Pythischen Orakelspruch untersagt war, dessen Schlußworte also lauten: "Besser verbleibt das Pelasgicum öde: wurde des dringenden Bedürfnisses wegen doch mit Wohnungen ganz angefüllt. Und so scheint mir der Orakelspruch auf eine der erwarteten entgegengesetzte Art in Erfüllung gegangen zu sein: denn nicht wegen der unerlaubten Bewohnung trafen die Stadt jene Unfälle, sondern durch den Krieg erfolgte die Nothwendigkeit der Bewohnung: und ohne diesen zu nennen, sah das Orakel voraus, daß jener Platz nicht unter glücklichen Umständen mit Wohnungen, werde belegt werden. Auch auf den Thürmen der Mauern richteten sich Viele ein, so gut jeder konnte. Denn die zusammenströmende Menge faßte die Stadt nicht mehr; sondern späterhin mußte man noch die Langen Mauren und einen großen Theil des Piräens zu Wohnungen unter sie vertheilen. Zugleich beschäftigte man sich auch mit dem, was zum Kriege nöthig war, sammelte die Truppen der Verbündeten, und rüstete eine Flotte von hundert Schiffen zu einer Landung im Peloponnes. So weit waren hier die Anstalten zum Kriege gediehen.

      18. Indessen war das Peloponnesische Heer bei seinem Vorrücken vor Oenöë in Attika angelangt, von wo es einzubrechen den Plan hatte. Als sie sich nun hier festgelegt hatten, so machten sie Anstalten zum Angriff auf die Mauer mit Sturmzeug und auf andere Weise. Denn Oenöë, das auf den Grenzen von Attika und Böotien liegt, war befestigt, und die Athener hielten dort, so oft ein Krieg ausbrach, eine Besatzung. Sie rüsteten sich nun zur Bestürmung, und hielten sich sonst eine geraume Zeit bei diesem Platzte auf. Dieß war es hauptsächlich, was dem Archidamus großen Tadel zuzog, indem man glaubte, daß er die Herbeischaffung der Kriegsmittel nachlässig betrieben, und wegen seiner Verhältnisse mit den Athenern nicht mit Eifer zum Kriege gerathen habe. Als sodann das Heer beisammen war, so veranlaßte fein Verweilen auf der Landenge von Corinth, und die Langsamkeit des weiteren Zugs, so wie der lange Aufenthalt vor Oenöë ungünstige Urtheile gegen ihn. Denn in der Zwischenzeit konnten die Athener Alles in die Stadt bringen: wären hingegen die Peloponnesier schneller eingefallen, so hätten sie, meinte man, noch Alles ausserhalb der Stadt überrascht, was durch sein Zandern vereitelt worden sei. In solcher gehässigen Stimmung war das Heer während der Belagerung gegen den Archidamus. Allein Archidamus hoffte, die Athener werden, so lange ihr Gebiet noch unbeschädigt sei, zu einiger Nachgiebigkeit sich entschließen, und es nicht über sich gewinnen, dasselbe vor ihren Augen verwüsten zu sehen: daher zögerte er noch immer.

      19. Als sie aber bei der Berennung von Oenöë alle Angriffsmittel ohne Erfolg versucht hatten, und die Athener keine Unterhandlungen anknüpften, so brachen sie von dort auf, ungefähr achtzig Tage nach dem Vorfalle bei Platäa, und dem Einbruche der Thebaner daselbst, mitten im Sommer, während das Getreide in der Blüthe stand, und drangen in Attika vor, unter Anführung des Archidamus, Königs der Lacedämonier, des Sohnes von Zeuridamus. Sie nahmen nun eine feste Stellung, und verheerten zuerst Eleusis und die Thriasische Ebene, und schlugen auch die Athenische Reiterei bei den sogenannten Rheitoi in die Flucht. Sodann rückten sie, den Berg Aegaleon rechts behaltend, durch die Kropeische Markung vor, bis sie nach Acharnä kamen, welches der größte Ort unter den Attischen Bezirksgemeinden, Demoi genannt, ist. Dort setzten sie sich fest, schlagen ein Lager, und behaupteten sich geraume Zeit dort, und matten Vorheerungszüge.

      20. Die Absicht aber, aus welcher Archidamus in schlagfertiger Stellung bei Acharnä verweilte, und bei seinem damaligen Einfalle nicht in die Ebene herabzog, war, wie man sagt, folgende. Er hoffte, die Athener, stark durch zahlreiche junge Mannschaft, und zum Kriege, wie nie zuvor, gerüstet, würden ihm vielleicht entgegen rücken und der Verheerung ihres Landes nicht gleichgültig zusehen. Da sie sich ihm aber bei Elcusis und auf der Thriasischen Ebene nicht entgegenstellten, so versuchte er durch seine feste Stellung bei Acharnä, sie zum Angriff herauszulocken. Zugleich schien ihm jene Gegend zu einem Lagerplatze geeignet: auch dachte er, die Acharner, welche einen bedeutenden Theil der Bürgerschaft ausmachten, da ihrer dreitausend schwerbewaffnete Fußgänger waren, würden die Zerstörung ihres Eigenthums nicht ruhig sich gefallen lassen, sondern die andern Alle zur Schlacht aufrufen. Würden aber die Athener auch diesem feindlichen Einbruch keinen Ausfall entgegensetzen, so würde er in der Folge um so sicherer das platte Land verheeren und gegen die Stadt selbst vorrücken können. Denn die Acharuer würden bei dem Verluste ihrer Habe nicht mehr so geneigt, wie zuvor sein, für die Besitzungen der Uebrigen zu kämpfen, und so würde Zwiespalt unter den Athenern entstehen. Dieß waren die Gründe, warum Archidamus bei Acharnä verweilte.

      21. So lange nun das Heer noch bei Eleusis und in der Gegend der Thriasischen Ebene stand, hatten

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